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Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Nachtkrieger: Unendliche Sehnsucht: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Autoren: Lisa Hendrix
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Gunnar der Rote, der die Tage als kräftiger Stier unter der Kälte leidend und die Nächte als Mann auf der Suche nach Wärme verbrachte …

    Aus der Dyrrekkr Saga
    von Ari Sturlusson

Kapitel 1
    Richmond Castle, im Norden von Yorkshire, Januar 1408
    I hr sitzt sehr nah am Feuer, Monsire. «
    Die zarte Stimme riss Gunnar, der in die Flammen starrte, aus seinen Gedanken. Er sah auf und erblickte ein junges Mädchen, das neben seinem Schwertarm stand und ihn mit großen grauen Augen, die vor Neugier funkelten, betrachtete. Sie war ihm zuvor bereits aufgefallen, hier und dort in der Großen Halle, aber sie hatten noch kein Wort miteinander gewechselt.
    Wenn es nach ihm ging, sollte das auch so bleiben. Er griff nach dem Krug Ale, der vor seinen Füßen stand, trank einen kräftigen Schluck und antwortete dann kurz: »Ich habe es gern warm.«
    »Ihre Hoheit sagt immer, zu dicht am Feuer zu sitzen führt dazu, dass man krank wird. Es trocknet die Lungen aus, hat sie gesagt.« Die Hände vor der Taille gefaltet, stand sie dort, wippte auf den Zehen und wartete darauf, dass er die Ansichten der Herzogin über Gesundheit kommentierte.
    Stattdessen drehte Gunnar sich zu der Feuerstelle um und streckte die Beine aus, kam mit seinen Füßen den Flammen noch näher. Dann, um es ihr unmissverständlich klarzumachen, dass er nicht gedachte zu antworten, trank er noch einen Schluck Ale und ließ es geräuschvoll im Mund kreisen.
    Er wollte keineswegs unhöflich sein. Er wollte lediglich in Ruhe gelassen werden.
    Es war ihm gelungen, fünf angenehme, warme Nächte hier auf Richmond Castle zu verbringen, ohne dass jemand Notiz von ihm genommen hatte, und er hoffte, dass er noch viele weitere Nächte hier verbringen konnte, bevor er weiterziehen musste. Aber um weiterhin jeden Abend hier vor dem Feuer sitzen zu können, durfte er niemandem auffallen – ebenso wenig wie Jafri bei Tag. Es war schon schwierig genug, ihr ungewöhnliches Kommen und Gehen zu kaschieren, auch wenn niemand sie beachtete. Sobald jemand zu neugierig wurde, würden sie sich wieder in den Wald zurückziehen müssen.
    Und zurück in diesen teuflischen Wind.
    Es war vor allem der Wind gewesen, der sie nach Richmond getrieben hatte. Tosend war er aus dem Norden heruntergekommen wie eine Schneelawine einen Berg, hatte durch das Dach der alten Forsthütte gepfiffen, die sie sich teilten, und sowohl Gunnar als auch das Feuer unter einer Tonnenlast gefrorenen Reets begraben, so dass er gezwungen gewesen war, den Rest der ohnehin bereits elenden Nacht damit zu verbringen, sich im Dunkeln den Hintern abzufrieren, während er die Gerätschaften frei schaufelte und versuchte, das Feuer wieder anzufachen. Am nächsten Morgen – den Göttern sei Dank – hatte Jafri dem Stier ein Seil um den Hals gebunden und sich mit ihm auf den Weg zu der Burg gemacht.
    Es war riskant, sich so dicht heranzuwagen. Der Wolf, dessen Gestalt Jafri jeden Abend annahm, konnte gesehen werden, wenn er am Rand des Waldes lauerte, und da es in diesem Teil Englands nur noch so wenige Wölfe gab, hätte der Anblick eines solchen derart nah am Dorf wohl Jäger auf den Plan gerufen – selbst in einem Winter wie diesem. Aber Jafri brauchte ebenso dringend ein Dach über dem Kopf wie Gunnar, denn die Tage waren ebenso eisig wie die Nächte, und so hatte er offenbar beschlossen, es sei das Risiko wert. Als Gunnar an jenem Abend bei Sonnenuntergang wieder seine Gestalt wechselte, vom Stier zum Menschen wurde, hatte er sich in Sichtweite von Richmond und seiner einladenden Halle wiedergefunden. Seitdem hatten sie bei jedem Sonnenauf- und Sonnenuntergang die Plätze getauscht und darauf gewartet, dass das Wetter besser wurde. Aber bis das geschehen würde, war es von entscheidender Bedeutung, dass ihr seltsames Kommen und Gehen unentdeckt blieb.
    »Ich hätte Angst um die Spitzen meiner Schuhe, wenn ich meine Füße so nah an die Holzkohlen halten würde«, sagte sie. »Habt Ihr Euch noch nie die Füße verbrannt?«
    Eine Bemerkung zu ignorieren, das war eine Sache, aber die Antwort auf eine direkte Frage zu verweigern, das war etwas anderes – es würde den Leuten auffallen, so viel war sicher, selbst wenn die Frage von einem lästigen Mädchen kam. Gunnar ließ den Schluck Ale ein letztes Mal im Mund kreisen und schluckte. »Nein.« Und dann, weil er aus dem Augenwinkel sah, dass sie angesichts seiner Schroffheit die Stirn runzelte: »Meine Stiefel halten mehr aus als Eure Schuhe.«
    Sie
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