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Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Nacht über dem Bayou (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Autoren: James Lee Burke
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Fliegengitter sah ich die erleuchtete Veranda und die Fenster meines Hauses, das oben am Hang, hinter den Bäumen, auf der anderen Seite des Fahrwegs stand.
    »Bist du sauer auf Buford?«, fragte sie.
    »Nein.«
    »Er möchte bloß nicht, dass du benutzt wirst, das ist alles.«
    »Besten Dank für die Anteilnahme.«
    »Hätte ich nicht dabei sein sollen?«
    »Ich freue mich, dass ihr vorbeigekommen seid.«
    »Wir waren seinerzeit beide nicht verheiratet, Dave. Wieso ist dir das so peinlich, wenn wir uns sehen?«
    »Ich glaube, dieses Gespräch bringt nichts«, sagte ich.
    »Ich halte nicht viel von Schuldgefühlen. Du offenbar schon, schade drum«, erwiderte sie und legte auf.
    Der Lohn einer samtschwarzen Nacht, dachte ich, dazu ein Himmel voller Sterne, zu viel Champagner, ein grasbewachsener Uferdamm und ein warmer Wind, der vom Wasser wehte. Zu fortgeschrittener Stunde war es schwer, enthaltsam zu bleiben.
    Aber hier ging es gar nicht um Schuldgefühle wegen eines spontanen Schäferstündchens. Karyn LaRose war eine Frau, an die man besser nicht dachte, wenn man verheiratet war.
    Aaron Crown trug ausgewaschene Gefängniskleidung, die ihm zu klein war, als er in Fußeisen und Hüftkette aus dem Zellenblock in den Verhörraum gebracht wurde.
    Er musste mit Trippelschritten gehen, vornübergebeugt, da beide Hände an die knapp unter seinem Brustkorb sitzende Hüftkette angeschlossen waren, sodass er wie ein affenartiges Wesen wirkte, das man in eherne Bande geschlagen hatte.
    »So möchte ich nicht mit Aaron reden. Wie war’s, Cap?«, sagte ich zu dem Aufseher, der seit fünfundfünfzig Jahren Wachmann in Angola war und mit einer doppelläufigen Schrotflinte Sträflinge behütete.
    Der Aufseher sah mich mit verkniffenem Blick an und musterte mich abschätzig, so wie er es seit jeher gewohnt war. Die Augenwinkel waren von tausend kleinen Fältchen zerfurcht, seine Haut war runzlig und dunkel, wie bei einem Mulatten, so als sei sie über offenem Feuer geräuchert worden. Er zog die Bruyrèpfeife aus seinem Hosengürtel, steckte sie in den Mund und kaute mit den Backenzähnen darauf herum. Wortlos schloss er Aarons Ketten auf und ließ sie zu Boden fallen wie ein nutzloses Übergewand. Dann streckte er seinen schwieligen Zeigefinger aus, hielt ihn Aaron vors Gesicht und entriegelte eine Seitentür, die auf einen lehmigen, mit Stacheldraht umzäunten Hof führte, auf dem eine einsame Trauerweide mit gelb verfärbtem Laub stand.
    Ich setzte mich auf die Stemmbank, während Aaron Crown vor dem Zaun in die Hocke ging, einen Lederbeutel mit Pfeifentabak zückte und sich eine Zigarette drehte. Seine Fingernägel waren so dick und fleckig, dass sie wie aus Schildpatt wirkten. Graue Haare wucherten ihm aus Ohren und Nase; Schulter und Brustansatz waren mit Muskeln bepackt, voller dicker Adern und Sehnen. Er riss ein Streichholz an seinem Daumennagel an, schirmte es vor dem Wind ab und inhalierte mit einem Atemzug den ganzen Zunder und Schwefel.
    »Ich bin’s nicht gewesen«, sagte er.
    »Sie haben sich seinerzeit schuldig bekannt, Partner.«
    »Das hat der Sausack gemacht, der mir zugewiesen worden is’.« Er zog an seiner selbst gedrehten Zigarette, tippte die Asche im Wind ab.
    Als ich nichts erwiderte, sagte er: »Die ham mir vierzich Jahre gegeben. Gestern bin ich achtundsechzich geworden.«
    »Sie hätten sich den Bundesbehörden stellen sollen. Dann wären Sie lediglich wegen eines Verstoßes gegen die Bürgerrechte eingefahren«, sagte ich.
    »Wenn du in’ Knast gehst, hockst du mit Farbigen in einer Zelle.« Er blickte zu mir auf. »Die schlitzen dich im Schlaf auf. Ich hab’s erlebt.«
    In der Ferne sah ich den Uferdeich am Mississippi und die vom Wind zerzausten Bäume vor dem zinnoberroten Himmel.
    »Warum haben Sie gerade mich angerufen?«, fragte ich.
    »Weil Sie seinerzeit losgezogen sind, als sich meine Kleine im Henderson-Sumpf verirrt hat.«
    »Aha ... Ich weiß nicht, was ich machen kann, Aaron. Das Gewehr, das man am Tatort gefunden hat, hat Ihnen gehört, stimmt’s? Die Fingerabdrücke, die man darauf gefunden hat, stammen von Ihnen.«
    »Es is mir gestohlen worden, und Fingerabdrücke war’n auch nicht drauf. Bloß ein Daumenabdruck am Kolben. Warum sollte ein Weißer mitten in der Nacht hingehn, ’n Nigger umbringen und sein eignes Gewehr liegen lassen, damit’s der Nächstbeste findet? Warum wischt er bloß den Abzug ab und nicht den Kolben?«
    »Sie sind davon ausgegangen, dass Sie im Staat
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