Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nachruf auf eine Rose

Titel: Nachruf auf eine Rose
Autoren: Elizabeth Fenwick
Vom Netzwerk:
das hatte sie wirklich. Wenn sie nicht so eine furchtbare Kindheit gehabt hätte, dann wäre aus ihr ein wunderbarer Mensch geworden, das weiß ich.»
    Alexanders Stimme hörte sich an, als würde er gleich in Tränen ausbrechen, und Fenwick betrachtete ihn mit neuen Augen. Er war bisher nur sehr selten wirklich bösen Menschen begegnet. Nichts war ihm fremd, Dummheit, Gier, Hass, sogar obsessive Liebe mit all ihren schlimmen Folgen, doch ein wirklich böser Mensch war eine Seltenheit.
    «Ich bin sehr müde.»
    «Natürlich, ich werde jetzt gehen.»
    Fenwick legte den Kopf auf das Kissen und sah, wie sein ungebetener Besucher das Zimmer verließ. In spätestens vierundzwanzig Stunden würde Alexanders ganze Welt in Trümmern liegen: seine Konten eingefroren, sein guter Ruf zerstört und all seine Macht und sein Einfluss Vergangenheit. Es hatte den Richtigen getroffen, dachte Fenwick. Er wollte den Mann nie mehr wieder sehen.
     
    Eine halbe Stunde später rauschte die Stationsschwester ins Zimmer, harsch und kühl wie immer.
    «Der Doktor sagt, Sie können jederzeit nach Hause, Chief Inspector. Soll ich Ihnen Ihre Sachen bringen?»
    «Nein, das schaffe ich schon alleine.»
    «Dann komme ich in einer Viertelstunde wieder mit dem Rollstuhl.»
    «Zum letzten Mal, Schwester: Ich brauche keinen Rollstuhl.» Seit dem frühen Morgen hatten sie sich über diesen Punkt gestritten.
    «Sie sollten Ihre Verletzungen nicht auf die leichte Schulter nehmen. Wenn Sie sich jetzt nicht schonen, werden Sie das niemals ganz auskurieren. Sie sind auch nicht mehr der Jüngste!»
    «Sagen Sie, Schwester, ist Constable Nightingale noch hier?»
    «Ja, sie liegt am anderen Ende der Station, doch sie wird auch bald entlassen. Noch ein oder zwei Tage vielleicht. Auf jeden Fall wird sie etwas zugenommen haben, ehe sie austritt!»
    Das bezweifle ich nicht, wenn du hier das Sagen hast, dachte Fenwick. Kaum war sie gegangen, wusch und rasierte er sich, zog sich rasch an, wobei er den Schmerz in seinen Muskeln und in seinem rechten Knie bewusst ignorierte. Er war entschlossen, bei der Rückkehr der Schwester nicht mehr da zu sein. Er nahm die Trauben, steckte sie in seine Tasche und humpelte mühsam den Gang entlang.
    Nightingale lag hochgebettet in ihren Kissen und las in einem Buch. Sie war blass, und der blaue Fleck auf ihrer Wange hatte inzwischen eine lila-gelbe Färbung angenommen.
    «Hallo! Ich habe Ihnen ein paar Trauben mitgebracht.»
    Als sie seine Stimme hörte, blickte sie erschrocken auf, und ihre Hand huschte zu der Prellung in ihrem Gesicht.
    «Das ist sehr nett von Ihnen, danke. Hat man Sie schon entlassen?», fragte sie mit einem leisen Krächzen.
    «Ja, gerade eben.»
    «Und da hatten Sie schon Zeit, um einzukaufen?»
    Sie war wirklich eine hervorragende Polizistin.
    «Nein, eigentlich habe ich sie selbst geschenkt bekommen, aber dann dachte ich, Sie haben sie eher verdient.»
    Sie lächelte, ein entspanntes und zuversichtliches Lächeln.
    «Es ist trotzdem nett, dass Sie an mich denken. Setzen Sie sich doch. Ich muss etwas mit Ihnen besprechen.»
    «Wenn es Sie nicht zu sehr ermüdet.»
    Immer noch lächelnd, schüttelte sie den Kopf. «Mir geht’s gut. Die machen sich zu viele Gedanken.»
    «Trotzdem müssen Sie zu Kräften kommen. Wenn Sie wieder im Dienst sind, dann möchte ich, dass Sie topfit sind!»
    Einen Augenblick lang trat ein unbehagliches Schweigen ein. Seine Worte hatten beide daran erinnert, wer er war und in welchem Verhältnis sie zueinander standen. Das Lächeln schwand von ihrem Gesicht.
    «Keine Sorge, Sir. Ich bin bald wieder dabei.» Sie wandte den Blick ab, dann blinzelte sie und sah ihm direkt in die Augen. «Ich muss mit Ihnen über den Fall Wainwright sprechen.»
    Fenwick musste an sich halten, um nicht laut loszulachen. Diese Frau war einfach unmöglich.
    «Der Fall ist abgeschlossen; damit meine ich, es wird kein Verfahren wegen Mordes geben. Die Ermittlungen in der Geldwaschangelegenheit laufen weiter, aber das ist, Gott sei’s gedankt, nicht mehr unsere Sache.»
    «Nein, ich möchte mit Ihnen über die Morde sprechen. Ich habe nachgedacht. Ich bin mir nicht sicher, ob wir den Fall wirklich auf diese Weise abschließen sollten.»
    «Nicht schon wieder! Ich meine mich zu erinnern, dass das dann das zweite Mal ist, dass Sie mich bitten, einen Fall Wainwright wieder neu aufzurollen. Sally ist tot, James FitzGerald auch. Sie waren Verbrecher, zwei verschlagene und hinterhältige Menschen, die das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher