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Mythor - 084 - Stadt der Amazonen

Mythor - 084 - Stadt der Amazonen

Titel: Mythor - 084 - Stadt der Amazonen
Autoren: Giesa Werner K.
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binden will, von Steinen erschlagen zu werden!
    Man hatte ihr die Kleidung, die einst Kunak und dann Mythor getragen hatte, zurückerstattet - die Kleidung eines Edlen, ungewöhnlich für einen Mann in Vanga! Aber Scida war nicht sicher, ob sie die Kraft haben würde, ein drittes Mal einen Mann zum Kämpfer heranzubilden und ihn und sich damit außerhalb der Gesellschaft zu stellen, die in Vanga herrschte.
    Nicht ein drittes Mal Tod…
    Sie sah in diesen Augenblicken noch viel älter aus, als sie es in Wirklichkeit war. Scida wirkte wie eine Greisin. Sie hatte Mythor-Honga gern gehabt, und es war ihr eine innere Freude gewesen, zu verfolgen, wie er seine Fähigkeiten immer mehr vervollkommnete. Und wie er mit allen Sitten und Gebräuchen gebrochen hatte! Er war der geborene Führer gewesen. Mit ihm war Scida wieder jung geworden.
    Aber jetzt war sie uralt, älter als die Welt, denn Mythor war tot. Schmerzhaft gellend klang der alten Amazone noch der durchdringende Ton des Rysha-Horns in den Ohren. Und dann war das Ende gekommen… für die Schwarze Mutter und auch für Mythor.
    Die Trümmer hatten auch ihn erschlagen. »Zaem«, knurrte Scida und merkte nicht einmal, daß sie die Fäuste geballt hatte und ihr Gesicht von ohnmächtigem Zorn verzerrt war. »Zaem, dein falsches Spiel… Zaem, du Ungeheuer…!«
    Da packte eine harte Faust sie! Nein, zwei! Eine, die aus Fleisch und Blut war und eine aus Eisen, und aus aufgerissenen Augen sah Kalisse sie an, blaß wie der Tod.
    »Scida… wie sprichst du von einer Zaubermutter? Wie hast du sie genannt? Ungeheuer?«
    Da rissen vor Scidas innerem Auge Schleier auseinander.
    Sie hatte eine Zaubermutter Ungeheuer genannt?
    »Nein«, stieß sie hervor und wurde dabei so blaß, wie Kalisse es schon war. Angst flackerte in ihrem Blick, als sie sich umsah, aber auf dem Vorderdeck der Sturmbrecher waren Kalisse, sie und Gerrek allein. Nicht einmal der Wind konnte die Worte ihren Lippen entrissen und an fremde Ohren getragen haben.
    »Ja«, flüsterte sie dann und sank förmlich in sich zusammen. »Ja, Kalisse… Ungeheuer habe ich sie genannt, die Zaem! Und wie ich sie hasse, Kalisse… kannst du es denn nicht verstehen?«
    Kalisse, die Amazone mit der Eisenfaust und den Dornen daran, schüttelte sie heftig.
    »Scida, komm zu dir! Weißt du nicht, wo wir uns befinden? Auf Burras Schiff, Scida, und Burra ist Kriegerin der Zaem! Auch wenn Zaem und Burra fern sind mit dem Luftschiff Zaemora - ihre Amazonen verehren sie, und sie werden dich töten!«
    Immer noch flackerte Scidas Blick.
    Sie befreite sich müde aus Kalisses Griff, die so viele Sommer jünger war als sie. Verstand sie denn wirklich nicht? War sie zu jung, um Scidas Schmerz zu begreifen?
    Mythor war tot!
    »Scida, geh in die Unterkunft. Schlafe!« verlangte Kalisse. »Es ist das beste für uns alle!«
    »Nein«, flüsterte Scida. »Schlafen…? Wie kann ich schlafen, wenn Mythor tot ist? Und da… da ist der Hafen! Da ist die Insel Ganzak! Wie soll ich schlafen? Gleich ist doch alles vorbei… gleich haben wir die Sturmbrecher zu verlassen, wie Hunde vom Schiff gejagt werden…«
    »Nein, Scida!« widersprach Kalisse hart. »Das stimmt doch nicht! Man jagt uns nicht vom Schiff, aber wir haben zu gehen, weil es ein Schiff der Zaem ist, wir aber anderen Zaubermüttern dienen!«
    »Dienen wir nicht alle Fronja, der Ersten Frau und Tochter des Lichtes?« fragte Scida bitter und wandte sich um. Aber nicht schnell genug, und Kalisse sah Tränen in ihren Augen stehen. Müde und gebückt schlich Scida davon.
    Kalisse ballte die Faust und jagte eine Verwünschung in den Wind.
    Schweigend hatte Gerrek dem Disput gelauscht. Er, der sonst bei jeder Gelegenheit das Maul aufriß und seine unpassenden Bemerkungen von sich gab - er schwieg.
    Auch ihm ging es nahe.
    Scidas Schmerz bedrückte ihn kaum weniger als der Tod Mythors, der ihm ein verständnisvoller Freund gewesen war, der ihn zwar immer wieder nachdrücklich in seine Schranken verwies, aber dennoch aus jeder Patsche wieder herausholte.
    Gerrek schniefte nur leise, und eine große Träne kam aus einem seiner beiden Glubschaugen und kullerten über den langen Nasenrücken hinunter, um dann auf die Schiffsplanken zu tropfen.
    Gerrek betrauerte seinen Freund.
    Dem prachtvollen Anblick des Hafens konnte auch er nicht das geringste abgewinnen.
*
    Hoch oben auf der Kommandobrücke stand Tertish und führte das Kommando über die Sturmbrecher. Das Nasse Grab lag hinter ihnen und würde
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