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Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Titel: Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)
Autoren: Julia Malchow
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auf dem Arm und auf im sandigen Untergrund versinkenden Absätzen zu seinem ersten öffentlichen Spielplatzbesuch. Ich freute mich auf ein wenig Austausch mit anderen Eltern und vielleicht eine kleine Bekanntschaft für Levi.
    Kaum hatte ich Levi in den Sandkasten gesetzt und die Förmchen, Eimer, Schaufeln und Siebe vor ihm ausgebreitet, waren sie auch schon wieder weg. Entführt von den Dreijährigen. Levi blieb entspannt und buddelte, da niemand sein Spielzeug zurückbrachte, mit den Händen im Sand. Fast liebevoll versuchte ich den obligatorischen Milchfleck von der linken Schulter meines schwarzen Kleides zu wischen, als aus dem Nichts ein Vierjähriger auf uns zugelaufen kam, kurz vor uns abbremste, Levi mit Schwung eine Eimerladung Sand ins Gesicht schüttete und wieder verschwand. Levi fiel um, weinte und blutete aus einer kleinen Wunde an der Stirn. Ich wischte den Sand aus seinen Augen, Ohren und dem zahnlosen Mund heraus, stillte das Blut mit der Innenseite meines rechten Mantelärmels und schaute mich um. Der »Täter« war zu seiner Mutter gelaufen, keine drei Meter von uns entfernt. Und die sagte nichts. Weder zu ihrem Sohn. Noch zu uns. Meinen Vortrag, wie wichtig es sei, unseren Kindern beizubringen, eben nicht wegzusehen und Schwächere zu schützen, hatte ich schnell im Kopf durchstrukturiert. Da ich mich jedoch auf unbekanntem Terrain bewegte – schließlich war ich zum ersten Mal seit dreißig Jahren auf einem Spielplatz –, entschied ich, zunächst zu beobachten und Informationen zu sammeln.
    Mein Forschungsinteresse in Sachen Spielplatzinteraktion war geweckt: Die Mutter vermied weiterhin jeden Augenkontakt zu mir. Wie zu allen anderen Erwachsenen. Dafür sprach sie für alle gut verständlich mit ihrem Sohn: »Toll hast du den Sand in deinen Eimer geschaufelt. Super, Maximilian.« Und: »Komm bitte her zum Händeputzen! Die sind bäh!« Von den anderen Erziehungsberechtigten bemerkte ich den einen oder anderen Seitenblick auf uns verletzte Neuankömmlinge. Meine Versuche, einigen direkt ins Gesicht zu lachen, scheiterten. Sobald der Augenkontakt drohte, drehten die so Bedrängten den Kopf.
    Ein kleines Mädchen baute sich vor uns auf, streichelte Levis Arm und fragte mich, ob ihm sein Kopf jetzt wehtue. Ich lächelte es an und sagte: »Ein bisschen, aber wenn du ihn noch ein paarmal streichelst, vergisst er es bestimmt ganz schnell.« Sie setzte sich neben Levi, und beide buddelten in trauter Zweisamkeit im Sand. Die Mutter setzte sich neben ihre Tochter auf den Sandkastenrand und fragte: »Hast du auch Hallo gesagt?« Ich sagte »Hallo« zu der Mutter, die entgegnete nichts. Levi griff Sand mit seinen Händen, hob die Hände hoch, ließ unter fröhlichem Gequieke den Sand wieder aus seinen Händen rieseln und schaute mich zahnlos strahlend an. Ich strahlte zurück, nahm auch Sand in meine Hände und machte es ihm nach. Fühlte sich ein bisschen an wie am Meer. Schön.
    Das kleine Mädchen griff dann auch mit beiden Händen in den Sand und streute ihn freudestrahlend ihrer Mutter über die Hose. Die sagte: »Ich möchte das nicht, Lara. Bitte lass das!« Lara kicherte, griff erneut in den Sand und schleuderte der Mutter den Sand auf die Jacke. »Wenn du das noch einmal machst, müssen wir nach Hause«, sagte die Mutter in scharfem Ton und mit erhobenem Zeigefinger. Lara maulte leise vor sich hin und begann eine Sandburg zu bauen. Als diese fertig war, griff sie mit beiden Händen in die Burg, schleuderte der Mutter den Sand sowohl auf die Hose als auch auf die Jacke und lachte. Die Mutter packt Lara, klemmte sie unter den Arm wie eine Aktentasche und sagte: »So, Fräulein, wir gehen jetzt.« Levi und ich schauten der strampelnden und heulenden Lara hinterher.
    Mit Levi auf dem Arm drehte ich eine Runde vorbei an einer verwaisten Rutsche. Sobald ich Levi auf den unteren Meter gesetzt hatte und ihn mit beiden Händen festhaltend ein wenig rutschen ließ, wollten auf einmal alle Spielplatzkinder auch rutschen. Um weitere Handgreiflichkeiten zu vermeiden, zogen wir also weiter zur Babyschaukel. Zwei Meter vor der Schaukel – unser Ziel war für alle klar erkennbar – stürmte ein Vierjähriger an uns vorbei, rempelte mich dabei an und quetschte sich in die Babysitzschaukel, statt sich auf die daneben hängende normale Schaukel zu setzen. Auf meine freundliche Bitte, doch die andere Schaukel zu nehmen, er sei doch schon ein Großer und dann könnten wir alle schaukeln, antwortete eine
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