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Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)

Titel: Mut für zwei: Mit der Transsibirischen Eisenbahn in unsere neue Welt (German Edition)
Autoren: Julia Malchow
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Reiseveranstalter, die in stark planwirtschaftlich geprägten Ländern arbeiten, den Gedanken an Kundenorientierung und individuelle Reiseverläufe nur allzu gerne an den Nagel zu hängen. Je höher der Standardisierungsgrad, desto größer die Marge für den Veranstalter. Und desto weniger nervige Kundenextrawünsche. Und desto schneller und einfacher der Reiseverkauf. Desto weniger qualifizierte und somit billigere Mitarbeiter sind notwendig.
    Aber ich wollte meine Wünsche nicht möglichst leicht und billig abwickeln lassen. Ich suchte eine Reise nach meinem Geschmack. Aber hatte ich wirklich eine Wahl? Es war Anfang August. Ich wollte mindestens zwei Monate unterwegs sein. Allerspätestens Anfang Oktober, mit weniger Glück schon Mitte September, fallen die Temperaturen in der Mongolei auf 20 bis 40 Grad minus. Planmäßig würden wir in unserer fünften Reisewoche in der Mongolei ankommen. Drei Wochen wollte ich in der Mongolei verbringen – je eine Woche für die meines Wissens beeindruckendsten mongolischen Landschaften: Grassteppe, Sandsteppe und Wüste. Spätestens um den 20. September herum sollten wir in der Mongolei ankommen, um hoffentlich einen verspäteten Wintereinbruch und somit nachts erträgliche Temperaturen zu erleben. Was wiederum hieß, dass wir spätestens um den 18. August unsere Reise antreten sollten: Mir blieben demnach knapp zwei Wochen für die Vorbereitung unserer Reise. Und das auch nur für den Fall, dass ich bis morgen jemanden finden würde, der willens war, diese Herausforderung anzunehmen.
    Laut Expertenschätzung benötigte man also allein für die Besorgung der Visa für Russland, die Mongolei und China sechs Wochen. Na toll.
    Außerdem wollte ich trotz Zeitnot nicht bei touristischen Massenanbietern buchen. Diese drücken ihre Reisen von der Stange oft viel zu billig in den Markt, um die Auslastung der eigenen Kapazitäten zu gewährleisten. Kleine und mittelständische Unternehmen aus den jeweiligen Regionen, die liebevolle und authentische Leistungen anbieten und wirklich ihr Land zeigen wollen, haben dagegen kaum eine Chance. Auslastung vor Kundenorientierung. Zumindest bei den Reisenden, die zuerst auf den Preis schauen und in fremden Ländern die scheinbare Sicherheit einer größeren Marke genießen wollen. Und das in einem Käufermarkt, in dem die Macht eigentlich bei den Kunden liegt. Unglaublich. Die Reisenden könnten viel intensivere, weil individuellere Erlebnisse haben. Mehr vom Leben. Und selbst die großen Tourismusunternehmen fahren mit dieser Strategie vielfach Verluste ein und gefährden mittelfristig Arbeitsplätze. Für mich ist diese Form der doppelten Wertvernichtung unverständlich. Das wollte ich auf keinen Fall unterstützen.
    Nun holte sie mich ein, die Realität der deutschen Tourismusindustrie. Nie hatte ich mit einem Reiseveranstalter verreisen wollen – außer vielleicht mit meinem eigenen, den ich ursprünglich aus reiner Notwehr gegründet hatte. Doch nun, da ich kurzfristig mit meinem Sohn in die Transsib hüpfen wollte, schien ich keine Wahl zu haben.
    Dabei wollte ich mich nicht ärgern, meinen Job mal vergessen. Und überhaupt: Mein Anliegen, in zwei Wochen mit meinem zehn Monate alten Sohn aufzubrechen und mit der Transsibirischen Eisenbahn auf der transmongolischen Route in zwei Monaten bis nach Peking zu reisen, hatte ich bei jedem Gespräch sehr freundlich vorgetragen.
    Ich brauchte einen Experten, um die Hürden der russischen Bürokratie sicher und schnell zu umschiffen. Ich hatte keine Zeit, mich um die auf den ersten Blick kompliziert wirkende Buchung der Zugticketteilstrecken, Unterkünfte, Einladungen und Transfers selbst zu kümmern. Geschweige denn, bei den Botschaften der drei Länder persönlich vorstellig zu werden. Außerdem wollte ich nicht auf Standardrouten reisen – umso mehr brauchte ich einen Reiseplanungspartner, der mich verstand und der, wie ich für die Regionen Himalaja, Südamerika und Afrika, ein besonderes Reiseerlebnis vor den einfach und schnell gemachten Profit stellt.
    Eigentlich störte mich schon die Tatsache, dass ich nicht einfach zum Bahnhof gehen und in den Zug einsteigen konnte, aussteigen, wo es mir mein Bauchgefühl riet, so lange bleiben, wie es Levi und mir taugte. Einfach schauen, was passierte. Meine Kurzrecherche im Internet und in diversen Transsibreiseführern hatte ergeben, dass ich für Russland eine festgelegte und durchgebuchte Reiseroute sowie Einladungen von den jeweiligen Hotels
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