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Mrs Murphy 03: Mord in Monticello

Mrs Murphy 03: Mord in Monticello

Titel: Mrs Murphy 03: Mord in Monticello
Autoren: Rita Mae Brown
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Bedürfnis nach Kontinuität, nach Fortbestand der Familienbande. Als Züchter von Vollblutpferden war dies für ihn vermutlich ein natürlicher Wunsch. Obwohl der Krebs im Augenblick vorübergehend zum Stillstand gekommen war, wusste der alte Herr, dass seine Uhr bald abgelaufen sein würde. Er wollte die Vergangenheit seines Volkes, Jeffersons Vergangenheit, bewahrt wissen. Vielleicht war dies Wesleys bescheidener Griff nach Unsterblichkeit.
    Nach der Feier gingen Harry und Mrs Hogendobber noch mit zu Oliver Zeve nach Hause, wo Harrys Tigerkatze Mrs Murphy und ihr Welsh Corgi Tee Tucker auf sie warteten. Oliver besaß einen wuscheligen weißen Perserkater, Erzherzog Ferdinand, der ihn eine Zeit lang nach Monticello zur Arbeit begleitet hatte. Aber Kinder, die das Heiligtum besichtigten, hatten Erzherzog Ferdinand zuweilen dermaßen gepiesackt, dass er sie angefaucht und gekratzt hatte. Obwohl der Erzherzog als Katze im Recht war, hielt Oliver es für besser, ihn zu Hause zu lassen. Das war sehr bedauerlich, denn eine Katze sieht ein Nationalheiligtum mit schärferen Augen als ein Mensch.
    Erzherzog Ferdinand glaubte zudem an erblichen Adel, was in krassem Gegensatz zu Jeffersons Ansichten stand.
    In diesem Augenblick beobachtete der Erzherzog von einem Aussichtspunkt auf dem hohen Feigenbaum in Olivers Wohnzimmer Mrs Murphy.
    Kimball, der mitgekommen war, rief aus: »Weibchen verfolgt Männchen. Also, das gefällt mir.«
    Mrs Murphy wandte sich ab. »Aber ich muss doch sehr bitten, Erzherzog Ferdinand ist nicht mein Typ.«
    Der Erzherzog murrte: »Ach, aber Paddy ist dein Typ? Der ist so nutzlos wie Zitzen an ’nem Eber.«
    Mrs Murphy, mit den Fehlern ihres Exgatten wohlvertraut, verteidigte ihn trotzdem: »Wir waren damals sehr jung. Er ist ein anderer geworden.«
    »Ha!«, stieß der Erzherzog hervor.
    »Jetzt ist es genug, Mrs Murphy. Du übertreibst es mit deiner Begrüßung.« Harry bückte sich und hob die widerstrebende Tigerkatze auf, die sich am Unbehagen des Erzherzogs weidete.
    Oliver klopfte Harry auf den Rücken. »Hat mich gefreut, dass Sie an der Feier teilnehmen konnten.«
    »Mich aber nicht. Wir haben überhaupt nichts gesehen«, knurrte Harrys kleiner Hund.
    Mrs Hogendobber hängte sich ihre voluminöse Handtasche über den linken Unterarm und war schon aus der Tür.
    »Mims Scheck wird wohl eine Menge Gutes bewirken.«
    Kimball lächelte, als Harry in Mrs Hogendobbers Ford Falcon stieg, der erstklassig in Schuss war.
    Kimball würde noch Gelegenheit haben, diese Bemerkung zu bereuen.

 
2
     
    Eines von den Dingen, die Harry am Wechsel der Jahreszeiten in Mittel-Virginia so faszinierten, war das unterschiedliche Licht. Wenn es Frühling wurde, leuchtete die Welt, doch noch behielt sie etwas von dem außergewöhnlichen Winterlicht zurück. Mit der Tagundnachtgleiche des Frühjahrs verschwand das diffuse Licht und wich strahlender Helligkeit.
    Harry ging oft zu Fuß von ihrer an der Yellow Mountain Road gelegenen Farm zum Postamt. Ihr in die Jahre gekommener supermannblauer Transporter musste geschont werden. Der frühmorgendliche Spaziergang erfrischte sie nicht nur für den Tag, sondern weckte ihre Sinne für die Wunder des alltäglichen Lebens, von denen Autofahrer im Vorbeirasen nur einen Blick erhaschen, sofern sie sie überhaupt wahrnehmen. Eine schwellende Ahornknospe, ein verlassenes graues Wespennest von der Größe eines Fußballs, die frechen Schreie der Raben, der süße Geruch der Erde, wenn die Sonne sie wärmte, diese auf die Sinne einstürmenden Herrlichkeiten hielten Harry geistig gesund. Sie konnte nicht verstehen, wie Menschen auf Straßenpflaster spazieren gehen konnten, während ihnen der Smog in die Augen stieg, Hupen tuteten, Gettoblaster plärrten. Ihre täglichen Begegnungen mit anderen Menschen waren von Rücksichtslosigkeit geprägt, wenn nicht gar regelrecht gefährlich.
    Harry, die bei ihren Mitschülerinnen auf dem Smith College als Versagerin gegolten hatte, lag es fern, sich oder andere aufgrund von Äußerlichkeiten zu beurteilen. Sie hatte mit siebenundzwanzig eine Krise durchgemacht, als sie Gleichaltrige unaufhörlich von beruflichem Aufstieg, Fremdfinanzierung und, sofern sie verheiratet waren, der Geburt des ersten Kindes reden hörte. Sie selbst war damals mit dem Tierarzt Pharamond Haristeen verheiratet gewesen, ihrer alten Liebe aus der Schulzeit, und eine Weile war es gut gegangen. Sie war nie dahintergekommen, ob die Versuchungen durch die reichen,
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