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Mr. Fire und ich (Band 1)

Mr. Fire und ich (Band 1)

Titel: Mr. Fire und ich (Band 1)
Autoren: Lucy Jones
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Tagtraum gerissen hat. Ich muss endlich wieder einen klaren Gedanken fassen. Wenn Sarah nur hier wäre! Aber zu der Zeit, als ich mein Personalzimmer im letzten Stock des New Yorker Hotels betrete, schläft sie bestimmt tief und fest in ihrem Studio in Paris … Für Saisonmitarbeiter, die nicht aus der Stadt kommen, bietet das Hotel Zimmer zu besonders günstigen Konditionen. In meinem Fall also ein echter Glückstreffer. Mein Zimmer mit den beigefarbenen Wänden und dem weichen, naturfarbenen Teppichboden ist zwar sehr klein, aber dennoch gemütlich. Eine schmale Terrassentür führt auf einen kleinen Balkon hinaus, dessen Sims aus Stein mir beinahe zur Hüfte reicht. Auf der linken Seite erstreckt sich der Balkon über die gesamte Etage. Auf der rechten Seite, an der Ecke des Gebäudes, endet er in einer kleinen Eisentür, die zu einer Feuerleiter führt. Dieses Bild der Metalleitern, die die historischen Gebäude Manhattans zieren, hätte einer Postkarte, einem Film oder einfach nur der puren Fantasie entsprungen sein können. Wenn ich auf dem Balkon stehe, in den Himmel über New York blicke und der Straßenlärm bis zu mir hoch dringt, habe ich wirklich den Eindruck, vor einem Filmset zu stehen. Nur dass ich nicht bloß zusehe, sondern mitspiele. Neben dem Fenster, unter zwei Regalbrettern, die mit Büchern dekoriert sind, steht ein Klubsessel aus rehbraunem Leder, den mit Sicherheit jemand zu abgenutzt gefunden hat, um zu dem prunkvollen Dekor der unteren Etagen zu passen. Er ist leicht beschädigt und ein wenig abgegriffen. Auf der anderen Seite erhält er dadurch etwas Vertrautes, Beruhigendes, wie ein alter Freund, der auf dich wartet. Ein kleiner Schreibtisch, eine Kommode aus dunklem Holz und ein Bett mit weißen Laken, die mit den Initialen des Hotels verziert und mit marineblauem Garn eingefasst sind, runden das Mobiliar des Zimmers ab. In dem angrenzenden, winzigen Badezimmer fehlt es an nichts. Ein Waschbecken mit Standfuß, Metro-Fliesen mit Tulpenmuster und ein WC mit hochhängendem Spülkasten, an dem ein Kettchen baumelt: Der Retrolook gefällt mir besonders gut.
Ich schließe die Tür hinter mir, ziehe mir die Schuhe aus, schnappe mir meinen Laptop und mache es mir auf dem alten Klubsessel bequem. Obwohl ich total erschöpft bin, ist mir nicht nach Schlafen zumute; ich muss Sarah einfach eine E-Mail schreiben.
    ----
    Von: Julia [email protected]
    Gesendet: Donnerstag, 12. Juli 2012 22:16
    An: Sarah [email protected]
    Betreff: Sprachlos
     
    Liebe Sarah,
    wie gerne wäre ich jetzt bei dir. Ich bin mir sicher, du würdest es schaffen, dieses Gefühl der Verwirrtheit, das mich gerade beschäftigt, zu vertreiben, und mich zur Vernunft zu bringen. Ich bin viel zu aufgeregt, um schlafen zu können, und ich hoffe, dass ich nach dieser E-Mail wieder ein klein wenig beruhigter bin…
    Ich muss es dir einfach erzählen. Heute ist ein französischer Gast angekommen. Oh, ich kann mir gut vorstellen, wie du albern grinst und sagst:
„Ich weiß nicht, was daran so verwirrend sein soll, meine Liebe, aber es ist an der Zeit, dass du nach Hause kommst. Dieses Land tut dir nicht gut, oder sehnst du dich wirklich schon so sehr nach einem kleinen Frenchy?“
. Gut, ich stimme dir zu, nicht die Tatsache, dass er Franzose ist, macht ihn so umwerfend – ER ist einfach umwerfend. Schon bei unserer ersten Begegnung hat er mir den Kopf verdreht. Er ist einfach unglaublich schön und sein Lächeln ist umwerfend. Ja, er hat mich angelächelt, aber mit Sicherheit nur, weil er höflich sein wollte. Stell dir vor, unsere Hände habe sich berührt und es war einfach nur … der pure Wahnsinn. Er wollte wahrscheinlich nur freundlich sein. Aber ich brachte kein Wort heraus, bin rot geworden und ich muss sichtlich zerstreut und völlig verdutzt gewirkt haben … Wenigstens hatte er seinen Spaß. Trotzdem muss ich aufhören, ständig an diesen Unbekannten zu denken, von dem mich alles unterscheidet: die Schönheit, der Reichtum, das Alter … Wir standen nicht auf der gleichen Seite der Empfangstheke … Aber genau so ein Mann soll mir eines Tages
„Ich liebe dich“
sagen. Allerdings würde sich so ein Mann niemals für mich interessieren. Und wenn ich wirklich auch nur für einen Moment gedacht habe, ich würde ihm gefallen, dann mit Sicherheit nur, weil ich weit weg von zu Hause bin, mich alleine fühle und meine Fantasie mit mir durchgegangen ist.
    Ich bin zugleich verzweifelt, hoffnungsvoll, ängstlich und
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