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Mr. Fire und ich (Band 1)

Mr. Fire und ich (Band 1)

Titel: Mr. Fire und ich (Band 1)
Autoren: Lucy Jones
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antwortet er gelassen.
Reservierung prüfen, Ausweise verlangen, Schlüssel finden … Mir scheint, als hätte ich all diese Dinge schlagartig vergessen, obwohl sie mir so vertraut geworden sind, und ich habe das Gefühl, als würde ich zum ersten Mal an der Rezeption stehen. Mit aller Kraft versuche ich meinen Blick von diesem Mann abzuwenden, vor allem, um nicht vollends den Kopf zu verlieren. Aber meine Stimme ist zittrig und meine Gesten sind vollkommen unsicher: Ich fühle mich von meinem eigenen Körper betrogen.
    „Dürfte ich bitte Ihren Ausweis und die Ausweise Ihrer Begleitpersonen haben?“
    „Bitteschön“, sagt er und legt vier Pässe auf die Empfangstheke.
    „Danke. Wenn Sie zudem bitte dieses Formular ausfüllen würden …“
    „Natürlich. Wenn ich Ihnen sonst keinen Gefallen tun kann …“
Merkt er eigentlich, dass er mich völlig verwirrt, neckt er mich, um mich zu beruhigen oder macht er sich über mein Unvermögen lustig? Wir werden sehen … Immer noch mustert er mich mit einem umwerfenden Lächeln auf den Lippen und ich bin regelrecht wie erstarrt. Nachdem die Formalitäten erledigt sind, nehme ich die Schlüssel vom Schlüsselbrett. Als ich sie ihm hinhalte, legt er seine Hand auf meine und hält einen Moment inne, bevor er die Schlüssel auf sinnliche Art und Weise entgegennimmt. Diese Berührung hat sofort eine betörende Wirkung auf mich: Eine unglaubliche Wärme und ein leichtes Prickeln breiten sich in meinem Körper aus und nisten sich in meinem Bauch ein. Ich versuche, meine Aufregung trotz meiner immer schneller werdenden Atmung zu verstecken.
    „Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt, Mister Wietermann.“
    „Den werde ich bestimmt haben, Fräulein Belmont“, entgegnet er, während er sich entfernt.
    Meine Verblüffung macht einer ungemeinen Erregtheit Platz. Er ist kaum im Aufzug verschwunden, da stürze ich mich auch schon auf sein Gästeblatt
„Französischer Staatsbürger“
,
„33 Jahre alt“
,
„Reservierung für 10 Tage“
. Das ist alles. Ich weiß nichts über diesen Mann. Ich habe ihn nur wenige Minuten gesehen. Doch diese wenigen Minuten waren ausreichend, um mich in Ekstase zu versetzen, ein mir völlig unbekanntes Gefühl, das umso verwirrender ist, je länger es andauert. Seine letzten Worte, von einem mysteriösen, amüsierten und verschmitzten Lächeln begleitet, waren mit Sicherheit nicht an mich gerichtet, aber sie klangen für mich wie eine Einladung. Auch wenn es sich möglicherweise verrückt anhört, aber ich denke, dass ich diesem Mann in diesem Moment überall hin gefolgt wäre. Wenn schon diese sanfte Berührung unserer Hände solche Gefühle in mir auslöst, was wäre dann erst, wenn er über meinen Hals, meine Schultern, meinen Bauch, meinen Rücken streicheln würde? Ich sage mir, dass diese zärtliche Hand nur ein köstlicher Vorgeschmack ist. Ich schließe die Augen. Die wohlige Wärme und das Kribbeln kehren zurück.
    „Julia? Julia!“
Es ist Tom. Normalerweise arbeiten wir zusammen, aber heute Abend springt er ausnahmsweise für einen Nachtportier ein. Seit meiner Ankunft verhält sich Tom mir gegenüber äußerst zuvorkommend und freundschaftlich. Er ist ein großer und schlaksiger junger Mann, ein wenig unbeholfen und mit ein paar Kilos zu viel auf den Rippen, aber er strahlt eine beruhigende Sanftmut aus. In seiner Nähe habe ich mich sofort wohlgefühlt. Seine diskrete und verlässlich reservierte Art macht ihn zu einem guten Zuhörer und einem starken und eloquenten Redner, wenn es um Dinge geht, für die sein Herz schlägt. Ich bin jedes Mal von Neuem überrascht, wie hingebungsvoll er doch ist, wenn er Klavier spielt, malt oder einfach nur davon spricht. Dann ist er beinahe schon göttlich und ich verfalle seinem unsagbaren Talent. Tom möchte Architekt werden und arbeitet im Hotel, um sein Studium zu finanzieren. Wie froh ich doch bin, jemanden getroffen zu haben, der die gleichen Vorlieben für Künste hat wie ich! Auch wenn unser Zeitplan uns nur selten die Gelegenheit lässt, davon zu profitieren.
    „Julia,
are you ok? You look bizarre
.“
    „
I'm ok
Tom. Ich bin nur müde, …
tired. I need a rest
“, antworte ich, während ich bereits davongehe. Ich sehe, dass Tom sich noch gerne fünf Minuten mit mir unterhalten hätte, aber ich bin unglaublich durcheinander und möchte auf keinen Fall, dass er etwas merkt.
    „
Ok, have a good night
, Julia.“
    „Danke, Tom.“
    Ich bin erleichtert, dass Tom mich aus meinem
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