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Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Titel: Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell
Autoren: Rebecca Hunt
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unaussprechlich: »Jemand, der gebissen wird.«
    Mr. Chartwells Stimme bekam einen unangenehmen Beiklang. »Und warum nehmen Sie an, dass jemand gebissen werden könnte?«
    »Vielleicht weil … «
    Mr. Chartwell seufzte wie ein alter Mann, der das Spiel leid ist. »Unser Verhältnis wäre genauso, wie es zwischen Vermieterin und Mieter üblich ist: Ich zahle Geld für das Zimmer, das Sie zur Verfügung stellen. Unsere gegenseitigen Pflichten sind strikt auf dieses geschäftliche Übereinkommen beschränkt. Darüber hinaus werden wir nichts miteinander zu tun haben.«
    »Gewiss«, sagte Esther beschämt. »Selbstverständlich.« Sie wechselte das Thema. »Haben Sie früher schon irgendwo zur Miete gewohnt?«
    »Häufig«, erwiderte Mr. Chartwell. »Das bringt meine Arbeit so mit sich.«
    »Sie arbeiten?« Esther war von der Vorstellung überwältigt. »Was machen Sie beruflich?«
    Mr. Chartwell ignorierte die Frage. »Ich brauche sporadisch eine Bleibe in dieser Gegend, sonst wird mir die Pendelei zu viel.« Er machte ein paar leutselige Bemerkungen über die Gräuel langer Pendelfahrten. Esther kam nicht über die Vorstellung hinweg, dass der Hund arbeiten sollte. Sie fragte: »Sie haben beruflich hier zu tun?«
    »Ja … hin und wieder. Aber das wechselt. Ich bin freiberuflich tätig und muss daher herumreisen, um meine Kunden zu besuchen.«
    »Ihre Kunden?« In Esther flammte die Neugier auf.
    Mr. Chartwell ging nicht darauf ein. »Wie sieht jetzt Ihre Entscheidung hinsichtlich des Zimmers aus?«
    Esther presste die Lippen zusammen, als wollte sie Lippenstift verreiben. Sie hatte keine Entscheidung getroffen. Die Morgensonne war bereits so stark, dass man eine Sonnenbrille aufsetzen konnte. Die Bäume im Garten standen vor einem feiertagsblauen Himmel. Vogelrufe ertönten. Am Nachmittag war es bestimmt angenehm, sich mit einem Gin Tonic hinauszusetzen. Bei dem Gedanken an Gin sang die Flasche im Schrank wie eine Sirene.
    Mr. Chartwell sah, dass sie unentschlossen war. Er gehörte zu den Entschlussfreudigen, die lieber handelten als abwarteten. »Na schön, Mrs. Hammerhans, hören Sie, wie wär’s, wenn Sie noch mal darüber nachdenken? Sie werden es wahrscheinlich mit Ihrem Mann besprechen wollen.« Der Satz hing in der Luft wie eine Giftgaswolke.
    Esther wurde von Gefühlen überschwemmt und fing sich wieder. »Mein Mann ist zurzeit nicht da. Ich werde die Entscheidung allein treffen.«
    »Wann wird er wieder da sein?«
    Nie mehr, dachte Esther. »Später«, sagte sie.
    »Schön«, sagte Mr. Chartwell. Sie bemerkte ein Zucken in seinem Gesicht.
    »Er wird später wieder da sein«, bekräftigte Esther und schaute, ob er es glaubte.
    Mr. Chartwell musterte sie mit dem gleichen bohrenden Blick seiner hässlichen Augen wie vorher, als sie ihm das mit dem Wagen gesagthatte.SiefühltedendringendenWunschzufragen,waserüberdieSituationwusste;erschienetwaszuwissen.Aberwaskonnte er wissen? Stattdessen sagte sie: »Ich muss jetzt leider zur Arbeit … Viel zu tun momentan. Wir haben großen Termindruck, und alle … « Sie hörte auf, von ihrer Arbeit zu sprechen. Einem Hund war das doch einerlei.
    »Nun gut«, sagte Mr. Chartwell. »Auf mich wartet auch Arbeit.«
    Was arbeitest du bloß?, dachte Esther. Sie brannte vor Neugier.
    Mr. Chartwell sprach weiter: »Haben Sie heute Abend etwas vor?«
    »Warum?«
    »Wenn nicht, könnte ich am Abend kurz vorbeikommen. Wir könnten noch mal darüber reden.«
    »Ich habe etwas vor.« Hatte sie nicht.
    Er fragte schonungslos nach. »Haben Sie wirklich etwas vor?«
    »Nein.« Esther sagte es steif. »Aber es könnte sein, dass ich – «
    Mr. Chartwell wartete das Ende des Satzes nicht ab. »Gut, abgemacht. Dann sehen wir uns heute Abend.«
    »Oh. Ähm … « Sie brachte nicht den Mut auf zu widersprechen. »Na schön, aber das ist nicht als Zusage zu verstehen.« In kläglichem Ton fügte sie hinzu: »Machen Sie sich keine großen Hoffnungen.«
    »Bestimmt nicht«, sagte Mr. Chartwell.
    Ein peinliches Zögern entstand an der Haustür, als Mr. Chartwell ihr die Pfote hinhielt. Esther griff widerstrebend zu, als müsste sie eine Granate in die Hand nehmen. Sie machten eine linkische Schüttelbewegung.
    »Also … «, sagten sie und Mr. Chartwell gleichzeitig. Verlegen traten beide von einem Fuß auf den anderen, von jeder normalen Gesprächssicherheit gänzlich verlassen. »Schön«, sagte Mr. Chartwell, und Esther sagte: »In Ord-«
    »Schön«, wiederholte er.
    Dann schüttelte Mr.
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