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Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell

Titel: Mr. Chartwell - Hunt, R: Mr. Chartwell
Autoren: Rebecca Hunt
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Gespenst?«
    Mr. Chartwell sagte: »Es ist kaum zu übersehen, dass ich ein Hund bin. Darauf hatten wir uns vor zwei Sekunden schon geeinigt.«
    Esther wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihr war gar nicht danach, etwas zu sagen. Ihre Augen wanderten in stetigen Sprüngen von seinem Kopf zu den Füßen. An den Füßen angekommen, sprangen die Augen zum Kopf zurück und traten dann ihre Bahn aufs Neue an.
    Mr. Chartwell war unverkennbar ein Hund, ein etwa zwei Meter großer Schrank von einem Hund. Auf allen vieren hätte er kleiner gewirkt, aber er balancierte gekonnt auf den Hinterbeinen, deren umgekehrte Knie nach hinten zeigten. Mit dem mächtigen Brustkasten und den stämmigen Beinen, geeignet für das Laufen über raues und schwieriges Gelände, sah er tatsächlich einem Labrador ähnlich, aber einem kräftiger gebauten und bemerkenswert hässlichen Labrador. Nichts an ihm war schön zu nennen: Sein schwarzes Fell war dicht und wasserabweisend, sein breites Gesicht gespalten von einem vulgären Mund. Von der monströsen grauen Zunge, die ihm weit heraushing, tropfte Speichel auf den Boden.
    Gebannt von dem Grauensbild, nahm Esther es langsam wahr. Ihre Furcht zerrann nach und nach. Je länger sie schaute, umso mehr verebbte die Furcht. Sie floss in einen passiven Zustand der Alarmbereitschaft über. Mr. Chartwell ließ sie schauen, obwohl es ihm unangenehm war. Er wischte sich einen weißen Speichelfaden von einer Schlabberlippe. Unmöglich, dabei die Etikette zu wahren.
    Irgendwann traute sich Esther zu, das Tier wieder anzusprechen. »Werden Sie mich angreifen?«
    »Kaum.« Mr. Chartwell sagte das recht geringschätzig.
    Schweigen.
    Esther flüsterte: »Sie sind wegen dem Zimmer gekommen?«
    »Allerdings«, sagte Mr. Chartwell. Endlich waren sie beim richtigen Thema angelangt.
    Wenn sie sich nicht krampfhaft am Stuhl festhielt, würde sie, schien es Esther, herunterfallen und mit der leisen Ergebung abbrechender Zigarettenasche am Boden zerkrümeln. »Sie wollen mein Zimmer mieten?«
    Mr. Chartwell nickte. »Ich würde gern hier in die Gegend ziehen.«
    »Für wie lange?«, fragte Esther und fügte sofort hinzu: »Warum?«
    »Weiß nicht genau. Ein paar Tage«, antwortete Mr. Chartwell, ohne auf das Warum einzugehen.
    Esther sagte wahrheitsgemäß: »Ich möchte das Zimmer eigentlich ein wenig länger vermieten. Ein paar Tage wären mir nicht so angenehm.«
    »Es könnte länger werden, vielleicht zwei Wochen, vielleicht eine Woche.« Er verstummte. Er ließ den Blick über sie wandern. »Wir werden sehen, wie es läuft«, sagte er leise. »Aber unabhängig davon«, seine Stimme wurde wieder laut und eindringlich, »kann ich Ihnen ein einmaliges Kurzzeitangebot machen, das die Sache außerordentlich angenehm gestalten würde.«
    WiedertratSchweigenein.Esthersahihnan.Aberwitzig,soetwaszu sagen, es gab nichts, was die Sache angenehm gestalten konnte.
    Mr. Chartwell fuhr fort: »Für die Dauer meines Aufenthalts, Mrs. Hammerhans, könnte ich Sie für die Unannehmlichkeit einer so kurzen Vermietung mit einem Pauschalbetrag entschädigen.«
    Sie fragte, wie viel. Sie musste fragen. Er wartete darauf.
    Mr. Chartwell, ganz der charismatische Talkmaster, zog ein Los aus der Trommel. »Eintausend Pfund«, sagte er. War das zu viel? Jetzt war es zu spät.
    Die Fassungslosigkeit kroch über ihr Gesicht. Eintausend Pfund war ein Riesenbetrag, eine umwerfende Menge Geld. Esthers Jahresgehalt als Bibliotheksangestellte im Westminster Palace betrug nur fünfhundert Pfund. Um die Zugkraft seines Angebots wissend, nickte das Tier selbstsicher mit halb geschlossenen Augen und beobachtete, wie sie die finanziellen Möglichkeiten durchspielte.
    Dann aber stach der Zweifel zu. Wo war dieses Geld?
    »Haben Sie es bei sich?«, fragte Esther. Höchst unwahrscheinlich. Ausgesprochen verdächtig.
    Eine Pfote auf sie gerichtet wie zum Befehl, sich zu trauen, wiederholte er: » Eintausend Pfund .«
    Esther sah ihn ungläubig an und hätte am liebsten gefragt, wie ein Hund zu so viel Geld kommen konnte. Sie tat es nicht, um den brüchigen Frieden zwischen ihnen nicht zu gefährden. »Entschuldigung, sind Sie sicher? Ich frage nur, weil – «
    Er unterbrach sie. »Ich bin sicher. Eintausend Pfund, jawohl.« Fast überdeutlich seine Barthaare, als er sich dabei vorbeugte. Und noch ein Stück näher. Esther meldete keinen weiteren Zweifel an.
    Er räusperte sich. »Das wäre also das Angebot. Könnte ich jetzt das Zimmer sehen?«
    Esther
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