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Mordwoche (German Edition)

Mordwoche (German Edition)

Titel: Mordwoche (German Edition)
Autoren: Sabine Wierlemann
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die ganze Familie zusammen ist. Es geht ihm gerade nicht so gut, er hatte wieder einen Krankheitsschub und ist wohl sehr schwach. Scheiß Krebs!“ „Sag mal, wenn es deinem Dad nicht so gut geht, sollen wir dann nicht lieber ins Hotel gehen?“ „Kommt gar nicht in Frage, würde mein Vater sagen und so wie ich meine Mutter kenne, hat sie die Betten schon eine Woche im Voraus gemacht. Sie freuen sich so, dass wir kommen. Weißt du, wenn du einmal in den Fängen der Familie Merz bist, dann kommst du nicht mehr raus. Das ist dir schon klar, oder?“ „Mit dir freue ich mich auf lebenslänglich.“ Alex Hände wanderten unter der Decke in eindeutiger Absicht in Richtung Susanne, die allerdings gar nicht auf morgendliche Liebesbezeugungen eingestellt war. „Hey, aufhören, ich muss mit dir reden. Hirn an Körper: Fummeln einstellen und Ohren auf!“ Alex merkte, dass Susanne heute früh nicht für Zärtlichkeiten zu haben war und fügte sich klaglos in einen sexfreien Start in den Tag.
     
    „Letzte Woche hatte ich meinen Vater auf dem AB, er bat mich um einen Rückruf. Seine Stimme klang so müde, da habe ich mir wirklich Sorgen gemacht. Er hat jetzt schon seit drei Jahren Leukämie und alle möglichen Behandlungen über sich ergehen lassen müssen. Dabei ging es ihm mal besser und mal schlechter, aber er hat sich immer wieder so weit erholt, dass er zu Hause sein und wenigstens ansatzweise ein normales Leben führen konnte. So schwach wie auf dem AB habe ich meinen Vater allerdings noch nie gehört und...“, Susanne brach die Stimme weg und die Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie wollte gegen den Kloß an Traurigkeit in ihrem Hals ankämpfen, den Schmerz weglächeln, aber die Sorge um ihren Vater brach wie eine große Welle über sie herein.
    „Ach Maus, ist es so schlimm? Komm her zu mir, ganz nah.“ Susanne kuschelte sich an Alex und ließ sich die Haare kraulen und beruhigende Worte ins Ohr flüstern. Sie trocknete sich die letzten Tränen ab: „Ich bin wohl gerade besonders empfindlich. Die Sache mit meinem Vater geht mir immer so nah und ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es mal sein wird, wenn er nicht mehr da ist.“ „Noch ist er jedenfalls da und offensichtlich fit genug, um den Stress auszuhalten, mich kennenzulernen.“ Susanne konnte schon wieder ein bisschen lachen. Alex konnte es schwer ertragen, Susanne so verzweifelt zu sehen und hoffte, dass ein kleiner Scherz den Rest an Traurigkeit vertreiben würde. Mit theatralischer Geste wandte sich Alex an die imaginären Eltern: „Gestatten, mein Name ist Bergmann, Alex Bergmann. Ich liebe ihre Tochter und in größter Bescheidenheit darf ich auch von mir behaupten, dass ich sie glücklich mache. Gnädige Frau, wie gut, dass Sie dieses Thema gleich ansprechen. Ja, auch im Bett klappt es hervorragend mit uns beiden. Und ja, Herr Merz, selbstverständlich habe ich ehrenwerte Absichten und kann das Fräulein Tochter durchaus auch ernähren.“ Susanne kicherte, Alex schaffte es einfach immer, den richtigen Ton bei ihr zu finden. „Genau so machen wir’s dann heute Nachmittag bei meinen Eltern, gute Idee.“
     
    Susanne strich Alex eine Locke aus der Stirn. „Warum habe ich dich nicht schon viel früher kennengelernt? Dann wären mir einige peinliche Auftritte erspart geblieben.“ „Ja, das frage ich mich auch“, frotzelte Alex, „dann müssten wir jetzt auch nicht permanent daran arbeiten, dein in jahrelanger Enthaltsamkeit angespartes Sex-Defizit abzubauen.“ „Ha ha, sehr witzig. Ich hab’ mir das Single-Leben schließlich nicht freiwillig ausgesucht. Oder denkst du vielleicht, es war ein Spaß, jahrelang allein zu den Familientreffen zu gehen? Die meisten haben sich wohl ihren Teil gedacht und hinter vorgehaltener Hand gelästert. Aber das war ich gewohnt. Dann gab es aber Tante Elsa und Tante Fanny, die mich jedes Mal gefragt haben, ob bei mir denn gar kein Freund in Sicht sei. Ob ihr Lächeln dabei mitleidig oder schadenfroh war, habe ich nie herausfinden können. Mich hat diese Tanten-Inquisition jedenfalls so genervt, dass ich irgendwann beschlossen habe, nie wieder allein zu so einem Rudeltreffen zu gehen.“ „Und wer durfte dann mit in die Höhle des Löwen?“ „Beim ersten Mal habe ich einen Studienfreund überreden können. Der war aber nach dem Wochenende so geschafft, dass er im Jahr darauf dankend abgelehnt hat. Der Tanten-Stress war einfach zu viel für ihn. Er wurde von den beiden richtig in die Mangel genommen und
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