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Mord Nach Maß

Mord Nach Maß

Titel: Mord Nach Maß
Autoren: Agatha Christie
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aber noch rechtzeitig ausgestiegen. Dieser Job als Chauffeur bei einer erstklassigen Mietwagenfirma war gar nicht so schlecht. Die Trinkgelder brachten allerhand ein, man überarbeitete sich nicht, nur wurde es mit der Zeit ziemlich langweilig.
    Einmal im Sommer war ich auch als Obstpflücker aufs Land gegangen. Das zahlte sich zwar nicht weiter aus, war aber sehr lustig. Ich hatte mich schon in einer Menge Jobs versucht, war Kellner in einem drittklassigen Hotel gewesen, Rettungsschwimmer an einem Badestrand, hatte von Tür zu Tür Lexika oder Staubsauger verkauft und manches mehr. Einmal hatte ich auch in den Hortikulturen eines botanischen Gartens gearbeitet und mir einiges Wissen über Blumen angeeignet.
    Aber ich blieb nie lange bei einer Sache. Warum auch? Fast alles, was ich so trieb, stellte sich als interessant heraus. Manchmal musste ich härter arbeiten, manchmal weniger hart, aber darauf kam es mir nicht an. Im Grunde bin ich nämlich nicht faul. Der Haken bei mir ist wahrscheinlich meine Unrast. Ich will überall hin, will alles sehen, alles einmal versucht haben. Ich bin auf der Suche. Ja, das ist es: Ich bin auf der Suche nach etwas Bestimmtem.
    Schon seit der Schule suche ich so herum, aber ich bin mir nicht einmal klar darüber, was das sein soll, das ich unbedingt finden will. Einfach irgendwas. Irgendwo. Früher oder später würde es mir schon klarwerden. Vielleicht war es ein Mädchen – ich mag Mädchen, aber keines von all denen, die ich bisher kennengelernt hatte, war mir wichtig gewesen. Sicher, man hatte sie gern, aber dann wechselte man doch erleichtert zur nächsten über.
    Eine ganze Menge Leute missbilligten meine Art zu leben. Aber das kam nur davon, dass sie das Wichtigste in mir nicht verstanden. Sie hätten es gern gesehen, dass ich ein festes Verhältnis mit einem anständigen Mädchen anfing, Geld auf die Seite legte, das Mädchen heiratete und mich dann mit einer anständigen festen Arbeit irgendwo niederließ. Tag für Tag, Jahr für Jahr, in alle Ewigkeit. Amen. Nicht für meiner Mutter Sohn! Das Leben musste mehr zu bieten haben als das.
    Ich erinnere mich daran, wie ich eines Tages durch die Bond Street ging. Das war in meiner Kellnerperiode gewesen, und ich war auf dem Weg zum Dienst. Ich bummelte nur so herum, besah mir Schuhe in einem Schaufenster. Waren schon Klasse, diese Schuhe. Wie es immer in den Anzeigen heißt: »Worauf der moderne Erfolgsmensch fußt.«
    Ich wandte mich zum nächsten Schaufenster. Es war eine Gemäldegalerie: nur drei Bilder, gekonnt arrangiert. Zwei davon sagten mir gar nichts, aber das dritte, das war mein Bild. Es war eigentlich gar nicht viel dran, es war – wie soll ich es nur beschreiben? –, es war irgendwie simpel. Viel freier Raum und ein paar mächtige Kreise, einer immer größer als der andere und alle ineinander verschlungen. Und alle in verschiedenen Farben, sehr ausgefallenen Farben, mit denen man nie gerechnet hätte. Dazwischen saßen hier und da ein paar Farbkleckse, nur so angedeutet, und offenbar ganz ohne Sinn. Bloß hatten sie natürlich doch einen Sinn, und wie! Aber Beschreibungen sind meine schwache Seite. Ich kann nur sagen, dass man es unbedingt immerfort betrachten wollte und niemals damit aufhören.
    Ich stand da wie festgefroren, mit einem seltsamen Gefühl, als sei mir etwas Ungewöhnliches zugestoßen. Vorhin, diese schicken Schuhe, die hätte ich gern getragen. Ich achte auf meine Kleidung, weil man schließlich einen guten Eindruck machen will, aber ich hatte nie im Ernst daran gedacht, mir ein Paar Schuhe in der Bond Street zu kaufen. Ich bin doch nicht auf den Kopf gefallen.
    Aber dieses Bild, was das wohl kostete? Mal angenommen, ich würde es kaufen? Du bist verrückt geworden, sagte ich mir, du machst dir doch nichts aus Kunst, jedenfalls nicht im Allgemeinen. Das stimmte ja schließlich. Aber ich wollte dieses Bild haben – es sollte mir gehören. Ich wollte es aufhängen können, davor sitzen und es ansehen, solange es mir behagte, und dabei wissen, dass es mir gehörte, mir. Ich und ein Bild kaufen – was für eine verrückte Idee! Ich sah es mir nochmals genauer an. Dass ich dieses Bild wollte, war absurd, und außerdem konnte ich es mir bestimmt nicht leisten. Zufällig war ich aber gerade gut bei Kasse, dank einer Glückssträhne bei den Pferdewetten. Dieses Bild kostete wahrscheinlich eine ganze Menge. Zwanzig Pfund? Oder fünfundzwanzig? Na, jedenfalls konnte man mal fragen.
    Die Galerie innen
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