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Mord in Oxford

Mord in Oxford

Titel: Mord in Oxford
Autoren: Veronica Stallwood
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aber weil das nun mal nicht ging, wollte sie wenigstens den ganzen Klatsch und Tratsch der Jogging-Gruppe von Fridesley aus erster Hand mitbekommen. Normalerweise hatte Camilla genauso viel Spaß daran, intimen Bekenntnissen aus dem Privatleben der anderen Jogger zu lauschen. Körperliche Anstrengung schien etwas Befreiendes an sich zu haben, das Menschen dazu brachte, während des Rennens über ihre Sorgen und Nöte zu sprechen.
    Der breite reflektierende Streifen, der Camillas dunkelgrün eingehüllten Oberkörper wie ein Rettungsring umgab, bewegte sich gleichmäßig im Rhythmus ihrer Füße auf und ab. Camilla trug kein Wort zur Unterhaltung bei, und Kate musste sich eingestehen, dass Camilla eine Ausnahme bei der allgemeinen Seelenentrümpelung bildete.
    Langsam wurden Kates Muskeln warm. Sauerstoff durchflutete Gehirn und Füße. Sie fühlte sich immer besser. Zwar wünschte sie immer noch, sie könnte in Richtung ihres gemütlichen Hauses abbiegen und das Paket mit den zimtbestäubten Doughnuts anbrechen, das sie eigentlich am Vortag nicht hätte kaufen dürfen und deshalb ganz hinten im Schrank versteckt hatte. Aber sie wollte auch wirklich gern mehr über Rose und Theo erfahren. Das war wohl ihrer schriftstellerischen Neugier zu verdanken, sagte sie sich.
    Die ersten Pendler machten sich auf den Weg in die Innenstadt von Oxford. Ihre Autos wirkten in der trüben Morgendämmerung wie dunkelgraue Schemen, deren Abblendlichter goldene Kegel in den Dunst zauberten.
    »Wir müssen verrückt sein. Da stehen wir zu einer absolut unchristlichen Zeit auf, nur um die anderen nicht hängen zu lassen«, sagte Camilla. »Wenn wir dann draußen sind und laufen, überkommt uns dieses warme, kameradschaftliche Gefühl für Leute, mit denen wir doch eigentlich gar nichts zu tun haben, und plötzlich bekommen wir den Eindruck, sie seien unsere ältesten und besten Freunde.«
    »Wir sind eine tolle Truppe, findet ihr nicht?« Gavins bommelbemützter Kopf tauchte neben Camilla aus der Dämmerung auf. »Ich verdanke meine sämtlichen Rennerfolge dem Lauftreff Fridesley.«
    »Erfolge?«, brummte Camilla. »Was für Erfolge?«
    »Nun, ich plane, dieses Jahr am New-York-Marathon teilzunehmen«, antwortete Gavin. Er klang beleidigt.
    »Ist das nicht erst im November?«, fragte Kate. Sie spürte die Sockennaht, die unangenehm an ihrem kleinen Zeh scheuerte, und war froh, dass sie nicht noch 40 Kilometer vor sich hatte wie bei einem Marathonlauf.
    »Ich brauche Zeit für das Vorbereitungs-Training. Ganz zu schweigen von der Planung.« Und als wäre ihm der Gedanke gerade erst gekommen, fügte er hinzu: »Außerdem muss ich natürlich auch für die Reise sparen.«
    »Mir ist schlecht«, sagte Camilla. »Ich will heim.«
    »Wie viele Biskuits hast du heute Morgen vor dem Laufen wieder gegessen?«, fragte Kate unfreundlich.
    »Nur ein paar. Und einen Haferkeks. Mit Marmelade drauf.«
    »Du weißt doch ganz genau, dass einem übel wird, wenn man vor dem Joggen isst. Warum tust du es also?«
    »Weil ich Hunger habe. Außerdem trinkst du Kaffee«, fügte sie vorwurfsvoll hinzu.
    »Mit entrahmter Milch. Das zählt nicht. Du solltest dir die Biskuits verkneifen und dich auf dein Frühstück nach dem Rennen freuen wie wir anderen auch.«
    Gavin beschleunigte mit großen Schritten, als wolle er demonstrieren, dass er längst fit genug war für einen Marathon. Er überholte Sophie und Yvonne, Rose und Penny und gesellte sich zu Barbara Davies, die an der Spitze der Gruppe trabte.
    Wieder war Roses Stimme zu vernehmen, aber so sehr sich Kate auch anstrengte, sie verstand nicht ein einziges Wort. Sie beschloss, Camilla sich selbst zu überlassen und sich darauf zu konzentrieren, Rose einzuholen. Gleich würden sie die Fridesley Road überqueren und nach links auf den schmalen Treidelpfad abbiegen, auf dem sie nicht mehr nebeneinander laufen konnten. Sie musste sich also eilen, näher an Rose und Penny Dale mit ihrer herrisch kommentierenden Stimme heranzukommen, sonst würde es zu auffällig aussehen. Tapfer ignorierte sie ihre schmerzhaft protestierenden Kniegelenke und zwang ihre Beine in einen schnelleren Takt. Sie zog gleich mit Sophie Baight, deren Schuhe derb auf den Asphalt klatschten. Ihr Schritt ist nicht elastisch genug, dachte sie. Sophie trug dunkelgraue, feste Joggingschuhe mit vielen Polstern und einer soliden Sohle. Sie sahen aus, als würden sie ein Vielfaches der bunten Laufschuhe wiegen, die von den meisten Frauen der Gruppe
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