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Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)

Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)

Titel: Mord in Mombasa: Thriller (German Edition)
Autoren: Nick Brownlee
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das durchschnittliche Monatseinkommen unter zehn Dollar lag. Mit fünfhundert Dollar würde er endlich jemand sein . Dann musste er sich nicht mehr auf den Straßen von Mombasa mühsam seinen Lebensunterhalt zusammenkratzen, musste nicht mehr die weißen Touristen bestehlen, um Essen für Agnes und den kleinen Benjamin auf den Tisch zu bekommen. Mit fünfhundert Dollar konnte er sein eigenes Geschäft gründen und einer der schnittig gekleideten Tausi werden, wie Mr. Kili, der in teuren Autos durch die Gegend fuhr und nur mit den Fingern zu schnippen brauchte, um zu bekommen, was er wollte.
    »Ja, der ist tatsächlich mausetot«, bestätigte der Boss, und in seiner Stimme lag ein Hauch von Enttäuschung. »Schneid die Schnur durch, George.«
    Fünfhundert Dollar.
    Den weißen Mann auszunehmen war gar nicht so schwer gewesen, wie George befürchtet hatte. Nachdem der Boss ihm die Metallklaue des Enterhakens über den Schädel gezogen hatte, war der Rest relativ unkompliziert verlaufen. Es hatte ihm sogar gefallen. Auf jeden Fall war es cooler als Brieftaschen, Kameras und Handys zu klauen. Natürlich hatte George überlegt, wer dieser Weiße wohl war und was er angestellt hatte, dass er so ein Schicksal verdiente. Doch der Boss schien ihn zu kennen, also war das schon okay.
    Stell keine Fragen.

    Als er das letzte Stück Angelschnur vom Handgelenk des Toten geschnitten hatte, blickte George in sein Gesicht und schauderte.
    »Gut. Und jetzt bring ihn ins Bootsheck.«
    Der Boss war jetzt wieder auf der Brücke und erteilte seine Befehle unter dem immer erregteren Schreien der Möwen, die bereits über ihnen kreisten.
    George hievte die Leiche aus dem Kampfstuhl und schleifte sie zur Achterreling.
    »Okay. Und jetzt lass die Leiche verschwinden.«
    Der Tote fiel klatschend ins Meer. Einen Moment schwamm er noch an der Oberfläche, aber dann lief die leere Bauchhöhle mit Wasser voll, und die Leiche versank.
    »Gut«, sagte der Boss. »Und jetzt putz diesen Dreck hier weg.«
    Als er sich mit Wasserschlauch und Wurzelbürste an die Arbeit machte, dachte George, dass in diesen Gewässern bald nicht mehr allzu viel von der Leiche übrig sein würde. Das Blut und die Eingeweide, die durch die Speigatts ins Wasser gespült wurden, würden binnen kürzester Zeit einen Hammerhai oder einen Bullenhai anziehen, und Thunfische und Fächerfische würden sich der Überreste annehmen.
    Beim Arbeiten summte er »Wana Baraka«, ein Spiritual, das er als kleiner Junge immer mit seiner Mutter bei den Gottesdiensten in einer Wellblechhütte in Likoni gesungen hatte. Es ging darum, dass der Betende immer gesegnet sein würde, weil Jesus selbst das versprochen hatte. Mittlerweile sang George dieses Lied seinem eigenen Sohn vor, und allein der Gedanke an Benjamin zauberte ihm ein breites Lächeln ins Gesicht. Es gab nicht allzu viele Dinge in seinem erbärmlichen Leben, auf die George stolz war, aber Benjamin gehörte dazu. Heute war sein dritter Geburtstag, und von den fünfhundert Dollar konnte sein Vater ihm ein Geschenk kaufen, das er nie wieder vergessen würde.
    Doch auf einen Schlag verschwand Georges glücklicher Gesichtsausdruck. Verblüfft runzelte er die Stirn, legte seine Hand auf seine Kappe und starrte über das graue Wasser auf den westlichen Horizont. Dort näherte sich ein Boot, das ziemlich tief im Wasser lag, und die Gischtfontänen, die jedes Mal hochspritzten, wenn das Boot auf die Wellen klatschte, verrieten seine hohe Geschwindigkeit.
    George warf einen Blick zur Brücke, aber der Boss kauerte gerade vor der Steuerkonsole und fummelte an irgendetwas herum.
    »Boss!«
    »Was gibt’s, George?«
    »Da kommt ein Boot.«
    Der Boss erschien an der Reling und blinzelte durch seine Sonnenbrille auf das rasch näher kommende Wasserfahrzeug. Er grinste. »Goldrichtig«, bemerkte er und drehte sich wieder zum Steuerrad. »Sieh zu, dass du mit deiner Arbeit fertig wirst.«
    Während George das Deck schrubbte, beobachtete er aus dem Augenwinkel das andere Boot, bis es so nah war, dass er es als eines der PS-starken Schnellboote identifizieren konnte, wie er sie manchmal an den Anlegestellen der teuren Ferienanlagen in Kikambala, Bamburi und Watamu sah. Am Steuer stand ein Weißer, der sich hinter die Windschutzscheibe aus Plexiglas duckte. Als das Boot längsseits neben die Martha B gekommen war, warf der Mann ihm ein Tau zu. George fing es auf und sicherte es an einer der Klampen im Deck.
    »Gut so, Georgie Boy«, lobte der Boss.
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