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Mord im Dirnenhaus

Mord im Dirnenhaus

Titel: Mord im Dirnenhaus
Autoren: Petra Schier
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verrichtet manchmal Hebammendienste in der Stadt. Aber man sagt auch, dass sie unheilige Künste anwendet und eine Engelmacherin ist. Ihr wisst schon, sie hilft Frauen, ihre Kinder vor der Zeit loszuwerden.» Bei dieser Bemerkung zuckte es um Adelinas Mundwinkel, doch sie riss sich zusammen.
    Eva hatte den Schatten, der über Adelinas Gesicht gehuscht war, nicht bemerkt und fuhr fort: «Von ihr hat man schon so manches gehört. Wenn eine weiß, wo es Eisenhut zu finden gibt, dann bestimmt die.»
    «So, so, Ludmilla also?» Adelina nickte Eva verbindlich zu. «Das werde ich mir merken. Vielleicht hilft es dem Rat ja weiter. Ich danke dir, Eva.» Sie kramte aus ihrer Gürtelbörse einen kleinen Kupferpfennig heraus und drückte ihn der Sammelfrau in die Hand. «Nun müssen wir aber weiter. Ich kann die Apotheke nicht den ganzen Tag geschlossen halten.»
    Auf dem Heimweg schwieg Adelina nachdenklich. Ludmilla war auch ihrer Ansicht nach eine Person, der zuzutrauen war, die Fundstellen von Eisenhut in dieser Gegend genau zu kennen. Ob sie das Gift vielleicht im Auftrag des Mörders gesammelt hatte? Adelina kam das eher unwahrscheinlich vor, denn Ludmilla hielt sich, wenn möglich, von den Stadtbewohnern fern und bemühte sich, jedem Ärger aus dem Weg zu gehen. Normalerweise kam sie nur in die Stadt, wenn sie aufgrund einer schwierigen Geburt geholt wurde. Wie damals, als Adelinas Bruder Vitus zur Welt gekommen war. Damals war etwas schiefgegangen, und ihre Mutter war bei der Geburt gestorben. Und es war nur Ludmillas Heilkünstenzu verdanken, dass das Kind überlebt hatte. Allerdings hatte Vitus dabei Schaden genommen, war ganz blau angelaufen, und schon bald war klar gewesen, dass er ein Simpel war. Ein inzwischen fünfzehnjähriger Junge mit etwas schiefen Gesichtszügen und dem Verstand eines Dreijährigen.
    Adelina seufzte innerlich. Vitus war zwar schwierig, doch bei weitem nicht das größte Problem in ihrer Familie.
    ***
    Als Adelina und Magda den Alter Markt überquerten, kam ihnen eine aufgeregte Franziska entgegengerannt. Ihre klobigen Holzpantinen polterten auf dem unebenen Pflaster.
    «Herrin, Herrin, kommt schnell!» Außer Atem blieb die junge Magd stehen und brach in verzweifeltes Schluchzen aus. «Es tut mir so leid. Ich dachte, er wäre in seinem Zimmer und schläft. Aber als ich von den Goldgräbern zurückkam … Wir müssen ihn sofort suchen!»
    «Franziska, beruhige dich!» Adelina schüttelte das Mädchen heftig. «Wen müssen wir suchen, was ist passiert?»
    «Euer Vater ist verschwunden.» Tränen quollen Franziska aus den Augen. «Ich kam nach Hause und wollte nach ihm sehen, da war er weg. Einfach weg.»
    «Liebe Zeit!» Adelina fasste sich an die Stirn. Ihr wurde ganz kalt. Albert Merten, ihr Vater, der noch bis vor kurzem die Apotheke geführt hatte, war krank. Er vergaß oft, wo oder wer er war, verwechselte Namen oder redete wirr. An schlechten Tagen durfte man ihn keinenAugenblick aus den Augen lassen. An guten Tagen jedoch war er wieder vollkommen normal und half ihr sogar in der Apotheke.
    Sie hatte gedacht, dass heute ein guter Tag sei. Doch nun war er allein fortgegangen. Einen Moment lang überwältigte sie die Panik. Mit aller Kraft rief sie sich zur Ruhe und atmete tief ein, um sich zu beruhigen.
    «Franziska, such nach Ludowig. Er soll losgehen und die Schänken absuchen. Du fragst die Leute auf dem Marktplatz, ob sie Vater gesehen haben.»
    Das Mädchen nickte und rannte wieder los.
    «Magda.» Adelina wandte sich ihrer Begleiterin zu, die stumm und erschrocken dastand. «Du gehst nach Hause und kümmerst dich um Vitus. Nicht dass er auch noch etwas anstellt. Ich laufe rasch zum Zunfthaus Himmelreich.»
    «Aber Herrin, Ihr könnt doch nicht alleine gehen!», protestierte Magda, doch Adelina hatte sich bereits umgedreht und war losmarschiert. Sie musste ihren Vater finden, und das so schnell wie möglich. Bisher hatte es sich noch nicht herumgesprochen, dass es ihm nicht gutging. Der Zunftmeister wusste es natürlich, und einige Zunftbrüder wie der Schatzmeister Ludolf Beichgard, der einst um ihre Hand angehalten hatte, jedoch aufgrund von Alberts merkwürdiger Erkrankung seinen Antrag zurückgezogen hatte. Adelina fürchtete, der Ruf ihrer Apotheke, ja ihrer Familie könnte unter dem Geschwätz der Leute leiden, sollte sich die Sache allzu sehr verbreiten. Schon Vitus mit seinem zuweilen kleinkindlichen Verhalten gab oft genug Anlass zu Tratsch und gehässigen Bemerkungen.
    Als
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