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Mord im Dirnenhaus

Mord im Dirnenhaus

Titel: Mord im Dirnenhaus
Autoren: Petra Schier
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daneben aber auch Getreide.
    Der würzige Duft des getrockneten Grases kitzelte angenehm in der Nase. Adelina sog die Gerüche tief ein und sah sich um. Auch andere Dinge des täglichen Lebens gab es hier zu kaufen. Vor allem Zwiebeln, Kohlen und Salz. Die Händler dieser Waren hatten ihre angestammten Plätze an der Nordseite des Marktes. Im Ostteil fand man einige Stände mit Gewürzen, Käse und Gemüse. An der Westseite stand eine Fleischbank, desgleichen in der Mitte des Platzes, direkt neben dem Kax, wie hier in Köln die Pranger genannt wurden. Heute hatte sich eine Gruppe keifender Weiber um den Schandpfahl geschart. Sie bewarfen einen kahlköpfigen Mann in Metzgerkleidung mit faulenden Gemüseabfällen. Was er wohl angestellt haben mochte, dass die Marktbüttel ihn den öffentlichen Schmähungen seiner Mitbürger ausgesetzt hatten?
    Doch Adelina verfolgte den Gedanken nicht weiter, denn Magda zupfte sie am Ärmel und deutete auf die Fleischbank am Marktplatzrand. Dort stand vor dem Ladeneingang eines Gewandschneiders die Kräuterfrau Eva mit einem Korb voller Pilze, wahrscheinlich den ersten in diesem Jahr. Sie war eine kleine stämmigeFrau mit abgearbeiteten Händen und ausgemergelten Gesichtszügen. Ihr grauschwarzes Kleid wirkte schon etwas fadenscheinig, und sie trug eine gleichfarbige Haube, die an den Rändern leicht ausgefranst war.
    Adelina nickte ihrer Magd zu und bedeutete ihr, mitzukommen.
    Die Sammelfrau lächelte erfreut, als sie die Apothekerin erkannte.
    «Frau Adelina, was führt Euch zu mir? Braucht Ihr noch einmal Kräuter? Ich kann erst morgen wieder losziehen. Oder möchtet Ihr Pilze?»
    «O nein, Eva», wehrte Adelina ab. «Bei uns werden kaum Pilze gegessen. Du weißt doch, Vitus ist da sehr mäkelig, und mein Vater verträgt sie nicht. Und was meinen Mann angeht, so hat auch er andere Vorlieben.»
    «Dann ist er endlich wieder zurück? Wie schön für Euch!», freute sich Eva.
    Adelinas Miene verdüsterte sich kurz. «Leider noch nicht, Eva, aber ich erwarte ihn täglich. Heute möchte ich nichts von dir kaufen. Ich habe nur eine Frage, die du vielleicht auch an deine Schwester Hilka weitergeben kannst.»
    «Aber natürlich.» Eva nickte eifrig. «Sagt mir, wie ich Euch helfen kann.»
    «Ein befreundeter Ratsherr, ein sehr wichtiger Mann, hat mich gebeten herauszufinden, wo es hier in der Gegend Eisenhut zu finden gibt.»
    «Eisenhut?» Eva kratzte sich am Kinn. «Den findet man um diese Jahreszeit manchmal auf den Wiesen und Weiden vor den Stadttoren. Aber richtig häufig kommt er im Bergland vor. Soweit ich weiß, gibt es Vorkommen in der Eifel oder im Westerwald. Und im Siebengebirge soll er auch zu finden sein.»
    «So weit von hier?»
    Eva nickte und zuckte gleichzeitig mit den Schultern. «Na ja, kann sein, wie gesagt, dass er hin und wieder auch hier in der Nähe wächst. Aber was wollt Ihr denn mit der Giftpflanze? Oder geht es etwa um den ermordeten Ratsherrn?»
    Adelina hob bei Evas neugierigem Gesichtsausdruck amüsiert die Brauen. «Hast du also auch schon davon gehört? Es geht in der Tat um diese Angelegenheit. Aber ich bitte dich, darüber Stillschweigen zu bewahren. Ich habe meinem Bekannten lediglich versprochen, mich bezüglich des Eisenhuts zu erkundigen.»
    «Natürlich, ich sage nichts», beteuerte Eva und senkte dann ihre Stimme. «Dann ist es also wahr, dass man den Goldschmied vergiftet hat? Man munkelt, er sei in diesem Dirnenhaus am Berlich gewesen.»
    «Darüber weiß ich nichts», wehrte Adelina rasch ab und warf Magda einen raschen Blick zu. Doch die tat so, als ob sie dem Treiben am Kax zusehen würde. Adelina ahnte jedoch, dass ihr bestimmt kein Wort der Unterhaltung entgangen war. Dazu waren die Neuigkeiten zu interessant. Sie wandte sich wieder an Eva. «Also wäre es möglich, dass sich jemand das Kraut vor den Stadttoren geholt hat?»
    Eva runzelte die Stirn und schnalzte. «Glaub ich nicht. Oder es müsste schon ein Kräuterkundiger sein. Eisenhut findet man nicht so leicht. Dazu ist er hier wirklich zu selten. Man muss schon genau wissen, wo man suchen muss. Ich selbst wüsste es nicht.»
    «Und wer könnte deiner Meinung nach Eisenhut finden?», hakte Adelina nach.
    Eva hob wieder die Schultern. «Da fragt Ihr mich was. Ich kenne niemand … halt, doch. Einer würde ich eszutrauen. Sie heißt Ludmilla. Vielleicht habt Ihr schon von ihr gehört. Sie lebt in den Wäldern, die an der Straße Richtung Aachen liegen. Sie nennt sich Weise Frau,
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