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MoR 04 - Caesars Frauen

Titel: MoR 04 - Caesars Frauen
Autoren: Colleen McCullough
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war.
    »Nun, das alles ist vor dem Tod meiner Tante Julia und meiner Mutter passiert. Ich glaube kaum, daß sich heute noch jemand an der Säule vergreifen wird«, sagte sie.
    »Dein Vater muß bald nach Hause kommen.« Brutus war mit den Gedanken schon wieder beim Heiraten.
    »Wir erwarten ihn jeden Tag.« Julia rutschte freudig erregt auf ihrem Stuhl herum. »Ach, ich vermisse ihn so!«
    »Es heißt, daß er im italischen Gallien Unruhe stiftet, jenseits des Padus«, sagte Brutus, ohne zu ahnen, daß er das Thema aufgriff, das unter den Frauen um Aurelia und Servilia gerade eine heftige Debatte ausgelöst hatte.
    »Warum sollte er das tun?« fragte Aurelia und zog die schnurgeraden, schwarzen Augenbrauen zusammen. Ihre berühmten veilchenblauen Augen funkelten. »Manchmal widern Rom und die römische Aristokratie mich geradezu an! Warum wird ausgerechnet mein Sohn immer zum Gegenstand von Gerüchten und politischem Geschwätz gemacht?«
    »Weil er zu groß ist und zu gut aussieht, weil er Erfolg bei Frauen hat und viel zu arrogant ist.« Terentia, Ciceros Frau, nahm selten ein Blatt vor den Mund. »Und außerdem«, fügte sie, die Frau eines berühmten Gelehrten und Redners, hinzu, »kann er wunderbar mit dem gesprochenen und geschriebenen Wort umgehen.«
    »Das sind angeborene Qualitäten, und nicht eine von ihnen rechtfertigt die Diffamierungen einiger Männer, die ich mit Namen nennen könnte!« fauchte Aurelia.
    »Sprichst du von Lucullus?« fragte Mucia Tertia, die Frau des Pompeius.
    »Nein, ihm mache ich den geringsten Vorwurf«, erwiderte Terentia. »Ich vermute, König Tigranes und Armenien nehmen ihn so in Anspruch, daß er sich um keine römischen Angelegenheiten mehr kümmern kann, abgesehen von den Rittern, die in seinen Provinzen nicht genug Geld mit der Steuerpacht verdienen.«
    »Dann mußt du Bibulus meinen, jetzt, wo er wieder in Rom ist«, sagte eine majestätische Gestalt, die im schönsten Sessel saß. In dieser farbenfrohen Gruppe war sie als einzige von Kopf bis Fuß in weißes Tuch gekleidet, unter dem ihre weiblichen Reize, sofern sie welche besaß, vollständig verborgen bleiben mußten. Auf ihrem königlichen Haupt trug sie eine Krone aus sieben übereinandergelegten, aus Schurwolle geflochtenen Zöpfen; der dünne weiße Schleier, den sie darübergelegt hatte, wehte auf, als sie sich umwandte, um die beiden Frauen auf dem Diwan anzusehen. Perpennia, die Vorsteherin der Vestalinnen, schnaubte vor Lachen. »Ach, der arme Bibulus! Es will ihm nicht gelingen, seine Feindseligkeiten zu kaschieren.«
    »Ich hab’s dir ja gesagt, Aurelia«, meinte Terentia. »Wenn so ein hochgewachsener, gutaussehender Mann wie dein Sohn sich einen Zwerg wie Bibulus zum Feind macht, dann darf er sich nicht wundern, wenn er verleumdet wird. Es ist der Gipfel der Dummheit, einen Mann in Gegenwart Gleichaltriger einen Floh zu nennen. So hat er sich Bibulus zum Feind fürs Leben gemacht.«
    »Lächerlich! Das war vor zehn Jahren, als die beiden noch junge Burschen waren«, erwiderte Aurelia.
    »Du weißt ganz genau, wie sensibel kleine Männer auf Witze über ihre Körpergröße reagieren«, gab Terentia zurück. »Du stammst aus einer Familie von Politikern, Aurelia. In der Politik geht’s vor allem um das öffentliche Ansehen eines Mannes. Dein Sohn hat Bibulus’ öffentliches Ansehen verletzt. Noch heute nennt man ihn den Floh. Das wird er Caesar nie verzeihen!«
    »Ganz abgesehen davon«, gab Servilia zu bedenken, »daß Bibulus in Kreaturen wie Cato aufgeschlossene Zuhörer für seine Verleumdungen findet.«
    »Was hat Bibulus denn eigentlich behauptet?« fragte Aurelia mit schmalen Lippen.
    »Er behauptet, anstatt direkt aus Spanien zurückzukehren, habe dein Sohn es vorgezogen, im italischen Gallien eine Rebellion unter den Menschen zu schüren, die noch nicht die römische Staatsbürgerschaft besitzen«, sagte Terentia.
    »Was für ein Unsinn!« rief Servilia aus.
    »Und warum ist es Unsinn, Gnädigste?« fragte eine tiefe Männerstimme.
    Es wurde still im Raum, bis Julia aufsprang und auf den Ankömmling zustürmte. »Tata! Oh, tata!«
    Caesar hob sie hoch, küßte ihre Lippen und Wangen, drückte sie an sich und strich ihr zärtlich über das helle Haar. »Wie geht es meinem Mädchen?« fragte er, und sein Lächeln galt nur ihr.
    Doch mehr als »Oh, tata!« brachte Julia nicht hervor. Sie preßte das Gesicht gegen die Schulter ihres Vaters.
    »Nun, Gnädigste, warum ist es Unsinn?« wiederholte Caesar
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