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Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels

Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels

Titel: Montgomery & Stapleton 05 - Das Labor des Teufels
Autoren: Robin Cook
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als Angestellten einzustellen, war ein weiterer Schlag ins Gesicht gewesen. Er hatte einsehen müssen, dass die Medizin der alten Schule, bei der für eine Dienstleistung bezahlt wurde und ein enges Verhältnis zwischen Arzt und Patient bestand und eine Entscheidung allein entsprechend den Bedürfnissen der Patienten getroffen wurde, sich in Luft auflöste. Aufgrund dieser Erkenntnis hatte er sich dazu entschlossen, sich zum Gerichtsmediziner umschulen zu lassen, und gehofft, sich von der verwalteten Fürsorge befreien zu können, die, wie er dachte, eher ein beschönigender Begriff für »mangelnde« Fürsorge war. Die Ironie des Schicksals wollte es, dass AmeriCare kurz darauf erneut in Jacks Leben trat: Dank niedriger Versicherungsbeiträge hatte das Unternehmen einen Vertrag mit der Stadt abschließen können. So waren jetzt Jack und seine Kollegen gezwungen, ihre Gesundheitsversorgung von AmeriCare decken zu lassen.
    Weil er den Medienauflauf vermeiden wollte, ging er hintenrum zum ID-Raum, wo die Toten von ihren Angehörigen identifiziert wurden und der Arbeitstag im Leichenschauhaus begann. Im rollierenden System musste einer der höherrangigen Gerichtsmediziner früher zur Arbeit kommen, um die Fälle zu prüfen, die in der Nacht reingekommen waren, und entscheiden, bei welchen eine Obduktion notwendig war und wer sie durchführen sollte. Jack hatte es sich aber angewöhnt, auch dann früh zur Arbeit zu erscheinen, wenn er nicht mit der Einteilung dran war. Nur so konnte er vorher schon ein bisschen herumschnüffeln und dafür sorgen, dass ihm die schwierigsten Fälle zugeschoben wurden. Jack hatte sich immer gefragt, warum es die anderen Ärzte nicht genauso machten, bis er merkte, dass seine Kollegen eher die Vermeidungsstrategie verfolgten. Jacks Neugier führte allerdings auch dazu, dass er die meisten Fälle zu bearbeiten hatte. Doch das war ihm egal – Arbeit war seine Droge, mit der er seine Dämonen bezähmte. Seit er und Laurie praktisch zusammenwohnten, hatte er sie dazu gebracht, mit ihm früh zur Arbeit zu kommen, was eine Meisterleistung war, wenn man bedachte, dass sie überhaupt nicht gern früh aufstand. Der Gedanke entlockte ihm ein Lächeln. Ob sie schon eingetroffen war?
    Plötzlich blieb Jack stehen. Bis jetzt hatte er den morgendlichen Streit aus seinem Kopf verdrängt. Gedanken über seine Beziehung mit Laurie sowie die Erinnerungen an die schrecklichen Ereignisse seiner Vergangenheit brachen über ihn herein. Verärgert überlegte er, warum sie unter dem Zwang gestanden hatte, das schöne Wochenende so deprimierend enden zu lassen, besonders, weil die Sache bisher doch so gut lief. Fast war er zufrieden, eine bemerkenswerte Leistung, wo er doch sonst das Gefühl hatte, er hätte es nicht verdient, zu leben, geschweige denn glücklich zu sein.
    Er wurde von Wut gepackt. Das Letzte, was er brauchte, war die Erinnerung an seine schwelende Trauer und das Schuldgefühl über den Tod seiner Frau und seiner Töchter, das mit jedem Gespräch über Hochzeit oder Kinder aufkam. Der Gedanke, eine Verpflichtung einzugehen, und die Verletzlichkeit, die sie mit sich brachte – besonders wenn es darum ging, eine neue Familie zu gründen –, waren furchtbar.
    »Nicht unterkriegen lassen«, flüsterte er leise zu sich selbst. Er schloss die Augen und rieb sich mit beiden Händen das Gesicht. Hinter seinem Ärger und seinem Frust wegen Laurie spürte er die Melancholie, eine unwillkommene Erinnerung an seinen vergangenen Kampf gegen die Depression. Das Problem war, dass ihm Laurie wirklich wichtig war. Es lief alles bestens, bis auf dieses quälende Thema Kinder.
    »Dr. Stapleton, geht’s Ihnen nicht gut?«, fragte eine Frau.
    Jack spähte durch seine Finger hindurch. Janice Jaeger, die in der Abteilung forensische Ermittlung immer nur nachts arbeitete, blickte zu ihm auf, während sie sich den Mantel anzog. Sie wollte gerade nach Hause gehen und war offensichtlich erschöpft. Bei ihren schon berüchtigt dunklen Augenringen fragte sich Jack immer, ob sie jemals schlief.
    »Mir geht’s gut«, antwortete Jack. Er nahm die Hände runter und zuckte unsicher mit den Schultern. »Warum fragen Sie?«
    »Ich glaube, ich habe noch nie gesehen, dass Sie mal still gestanden sind, besonders nicht mitten auf dem Flur.«
    Jack dachte über eine witzige Entgegnung nach, doch ihm fiel nichts ein. Stattdessen wechselte er das Thema und fragte, ob sie eine interessante Nacht hatte.
    »Hier war die Hölle los!«,
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