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Monströs (German Edition)

Monströs (German Edition)

Titel: Monströs (German Edition)
Autoren: Chris Karlden
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um Kräfte zu sammeln, und durchzuschnaufen. An der Tür hing ein Schild. Darauf stand, dass das Hotel ab heute bis 15. Dezember geschlossen sei. Zu seiner Rechten hatte er einen freien Blick auf das weltberühmte Matterhorn. Aber in der Ferne tauchten dunkle Wolken auf. Er betrachtete sich das Hotel noch einmal genauer. Aus der Nähe betrachtet, verströmte der aus großen grauen Steinblöcken errichtete Bau eine zeitlose Eleganz. Die unwirkliche Bergkulisse im Hintergrund verstärkte den Eindruck eines Märchenschlosses.
    Erneut kam eine Ansammlung von Hotelgästen aus der Tür. Er spürte eine wohlige, ihm von innen entgegenschlagende Wärme. Diesmal nutzte er die Gelegenheit und huschte, noch bevor die Schiebetür sich wieder schloss, ins Innere.
    Nach einer weiteren Tür, die als Windfang diente, fand er sich in dem geräumigen Eingangsbereich des Hotels wieder. An der Empfangstheke hatte sich eine kleine Schlange auscheckender Gäste gebildet. Er nutzte die Zeit, um sich in der Eingangshalle etwas umzuschauen.
    Von der Decke hingen schwere Kronleuchter und Teile des Mobiliars waren anscheinend so alt, wie das Hotel selbst. Auf dem mit Schiefer belegten Boden lagen feinste handgeknüpfte Teppiche und an den Wänden hingen eigens angestrahlte impressionistische Gemälde. In einer der Sitzgruppen hatten es sich ein paar zur Abreise bereite Gäste bequem gemacht.
    In einem verglasten Vorbau waren kleine Geschäfte untergebracht. Dort gab es vor allem Schweizer Spezialitäten, wie Schokolade und Pralinen, edle Weine, Reisegepäck, Schweizer Messer und Uhren sowie Souvenirs zu kaufen. Die Läden waren gerade dabei zu schließen.
    Als niemand mehr anstand, trat Martin an die Empfangstheke. Ein Hotelangestellter in dunkelblauer Uniform mit goldenen Knöpfen sah ihn freundlich an. An der Brusttasche seines Sakkos war ein Schild mit seinem Namen angebracht. Er hieß Eugen Bumann.
    »Sie wünschen?«
    »Mein Name ist Waller. Ich habe einen Termin mit dem Direktor. Es geht um die Restaurationsarbeiten an dem wertvollen alten Mobiliar.«
    Der Blick Bumanns hellte sich weiter auf.
    »Ja, ja selbstverständlich. Der Direktor erwartet Sie bereits. Wie war Ihre Anreise?«
    »Danke, sehr gut«, log Waller. Das hatte er sich angewöhnt. Alles andere wirkte verstörend auf die Allgemeinheit, die keine anderen Antworten auf die Frage nach dem Wohlbefinden erwartete, als wunderbar, toll, super, ausgezeichnet, könnte nicht besser sein und so weiter. In Wirklichkeit fraßen ihn seine Kopfschmerzen jetzt auf. Er brauchte dringend eine Schmerztablette. Außerdem hatte er viel zu viel an Anna gedacht. Kunststück an ihrem Todestag. Das tat weh und diesen Schmerz hatte er lange Zeit mit Wodka und Tequila betäubt. Jetzt tat er das nicht mehr. Aber das Verlangen danach, sich zu betrinken und nichts mehr zu spüren, war immer noch da. Besonders heute.
    Bumann schien ihm anzusehen, dass er etwas Ruhe gebrauchen konnte, denn er sagte:
    »Wenn Sie wollen, können Sie, bevor Sie mit dem Direktor reden, zuerst Ihr Zimmer beziehen?«
    Martin wollte. Bumann gab ihm das Zimmer mit der Nummer 126 im ersten Stock. Die Tasche mit dem Werkzeug konnte Martin an der Rezeption stehen lassen. Bumann sagte, der Hausmeister würde die Tasche in die Kellerwerkstatt des Hotels bringen. Auch das war Martin recht.
    Als Martin sein Zimmer betrat, bemerkte er sofort den Ausblick aus dem großen Fenster. Er ging näher heran. Es schien, als säße er in einer Felswand, ringsum ein Bergmassiv neben dem anderen. Er blieb noch einen Moment vor dem Panoramafenster stehen. Dann erst schenkte er dem Interieur des Zimmers Beachtung.
    Wenngleich er sich keine Illusionen machte, dass in diesem Hotel gewiss größere Suiten existierten, die luxuriöser eingerichtet waren, so entging ihm doch nicht, mit welcher Detailverliebtheit dieses Zimmer eingerichtet war. Alles war Ton in Ton abgestimmt. Selbst der Teppichboden stimmte mit der Farbe der Bilderrahmen an den Wänden überein.
    Als Martin sich im Bad ein wenig frisch machte, schaute er nur flüchtig in den Spiegel. Früher hatte er jünger ausgesehen, als er wirklich war. Heute war es umgekehrt. Er hatte Ränder unter den Augen, sein dunkles Haar, war von grauen Strähnen durchwandert und seine Haut kam ihm faltig und porös wie ein alter Fahrradschlauch vor. Er warf zwei Schmerztabletten gegen die Kopfschmerzen aus seiner Reiseapotheke ein, legte sich aufs Bett und schloss für einen Moment die
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