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Monströs (German Edition)

Monströs (German Edition)

Titel: Monströs (German Edition)
Autoren: Chris Karlden
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Tür. Beiläufig nahm er jetzt wahr, dass zwei Einschusslöcher darin klafften. Ein schaler Geruch von Schweiß und Blut strömte ihm entgegen. Vorsichtig betrat er die Wohnung. Er warf im Vorübergehen einen Blick durch die angelehnte Schlafzimmertür zu seiner Rechten und blieb abrupt stehen. Er sah die Beine eines Mannes, der neben dem Bett lag. Mehr war durch den Spalt nicht zu erkennen. Er ließ die Tür aufschwingen und sah, wer da lag. Es war nicht sein Bruder. Es war Johnny.
    Johnny war so etwas wie der Leibwächter seines Bruders, fast schon ein Freund. Mehr als zwanzig Jahre hatte er für Udo gearbeitet. Er lag auf dem Rücken neben dem Bett. Sein für ihn obligatorischer Trainingsanzug war in Brusthöhe rot verfärbt. Seine Augen und sein Mund standen offen. Aber sein Brustkorb bewegte sich nicht. Johnny mit den roten Haaren, dem Backenbart und der Brille, deren Gläser so dick waren, dass sie an Glasbausteine erinnerten und derentwegen er den Spitznamen Maulwurf trug, war tot. Jemand hatte ihn durch die Tür hindurch erschossen und ihn dann hierher geschleift.
    Seine böse Vorahnung verstärkte sich. Was zum Teufel wurde hier gespielt? Er spürte, dass sein Schutzwall kurz davor stand, sich in Nichts aufzulösen. Trotz der Tablette am Morgen.
    Er schaute wieder nach vorne und folgte wie hypnotisiert dem schmalen Flur bis zu der offen stehenden Wohnzimmertür. Was ihn dort erwartete, traf ihn wie ein Frontalzusammenstoß mit einem Bulldozer.
    In einer Ecke, in der Nähe des Fensters, sah er seinen Bruder. Er saß auf einem Stuhl und war mit einem langen Seil gefesselt, das mehrfach um seinen Oberkörper und die Rückenlehne des Stuhles geschlungen war. Seine Beine waren an den Stuhlbeinen festgebunden. Beim Anblick seines Bruders weiteten sich kurz seine Augen. Es war lange her, dass er mit so einer Sauerei und so viel Blut konfrontiert gewesen war. Wenn es nicht sein Bruder gewesen wäre, der vor ihm saß, hätte er vielleicht noch wie früher seine Freude daran gehabt. Damals, als er noch die Drecksarbeit für seinen Bruder erledigt hatte, war er derjenige gewesen, der solche Grausamkeiten verübte. Jetzt hatte ein anderer seinen Bruder erwischt und es diesem mit gleicher Münze heimgezahlt.
    Das Gesicht seines Bruders war fast bis zur Unkenntlichkeit angeschwollen. Blutergüsse und Platzwunden zeichneten sich auf Wangen, Kinn und über den Augen ab. Aus seiner Nase, die in schrägem Winkel zur Seite stand, troff Blut auf das weiße Unterhemd und bildete dort einen roten Fleck. Seine Lippen waren aufgeplatzt. Der Knebel in seinem Mund war voll Blut gesaugt.
    Regungslos stand er da und starrte seinen Bruder an. Dessen Kopf, der bisher leblos nach vorne gehangen hatte, hob sich. Die Augen seines Bruders blickten ihn dunkel und kalt an.
    Er spürte, wie sein Bewusstsein sich trübte und sein Arm, mit dem er noch immer das Handy an sein rechtes Ohr presste, schwer wurde. Er kannte dieses seltsame Gefühl. Das letzte Mal war sieben Jahre her. Im nächsten Moment wollte er losstürmen und seinem Bruder helfen, doch dann erinnerte er sich daran, was die Stimme gesagt hatte.
    Wenn er das Telefonat beendete oder versuchte, seinen Bruder zu befreien, stirbt dieser. Hastig suchten seine Augen den Raum ab. Es war niemand zu sehen, der dieses Versprechen hätte einlösen können. Er überlegte noch, ob er die Ankündigung der Stimme einfach ignorieren sollte, als sie erneut zu ihm sprach.
    »Auf dem Tisch, steht ein Notebook, drücken Sie die Enter-Taste.«
    Er drehte sich um. Erst jetzt bemerkte er das Chaos. In dem Raum musste ein Kampf stattgefunden haben. Ein grüner Fensterschal lag abgerissen auf dem Boden, ebenso die antike Stehleuchte und die Stühle. Die Glasfront der Vitrine war zertrümmert. Die Scherben verteilten sich auf dem davor liegenden handgeknüpften Perserteppich. Etliche in der Vitrine befindliche Gläser waren zerbrochen. Das Bücherregal lag quer über der Couch. Die Bücher lagen überall verstreut herum. Nur der Esstisch stand aufgeräumt und unverändert wie ein Fels in der Brandung. Der einzige darauf befindliche Gegenstand war ein aufgeklapptes Notebook. Das Display war schwarz. Mit drei Schritten war er dort. Als er die Enter-Taste drückte, erschien eine Internetseite. Es war die Seite von YouTube.com. Ein paar Sekunden später ging ein kleines Bildschirmfenster auf. Was er dort sah, ließ das Hämmern in seinem Kopf zu einem unerträglichen Dröhnen anschwellen.
    Er sah auf dem
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