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Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Titel: Monkeewrench 06 - Todesnaehe
Autoren: P.J. Tracy
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Angst und Schrecken. Der Hass loderte in ihr, verzehrte für immer die Unschuld ihrer fünfzehn Jahre. Sie wollte diese Männer töten.
    Es fiel ihr schwer, den Zorn zu unterdrücken, aber es musste sein; sie musste einen klaren Kopf behalten, bereit sein, denn das war ihre beste Chance. Vielleicht sogar ihre einzige. Sie waren alle nicht mehr gefesselt, auch die Knebel hatte man ihnen abgenommen. Die Schlafmittel machten das unnötig. Und die Männer ahnten ja nicht, dass Aimee ihren Brei seit vier Tagen die Toilette hinunterspülte. Irgendwann musste der Transporter anhalten, dann würde ihr Moment kommen.
    Er kam schneller als erwartet. Der Wagen raste um ein paar scharfe Kurven, dann hielt er an und setzte ein Stück zurück. Sekunden später wurden die Türen zur Ladefläche aufgerissen. Zwei Männer mit langen Messern in der Hand zerrten die benebelten Mädchen nach draußen; sie sagten kein Wort, sorgten aber dafür, dass sie die Messer sahen. Dann drängten sie die Mädchen zur Rückseite eines Hauses, und sie schlurften in blindem Gehorsam in einer Reihe dahin, wie es sich für die Zombies gehörte, zu denen sie geworden waren.
    Aimee stieg als Letzte aus; sie hielt die Lider gesenkt und ging genau so schleppend wie die anderen. Einer der Männer öffnete den Durchgang in einem Maschendrahtzaun, und Aimee war sich sicher: Sobald sie dieses Tor durchquert hatten, gab es keine Hoffnung mehr, für keine von ihnen.
    War es möglich, dass sie nicht hörten, wie ihr Herz hämmerte? Dass sie nicht merkten, wie gespannt, wie bereit jeder einzelne Muskel ihres Körpers war? Zwei Schritte vor dem Tor wirbelte sie herum und rannte die Straße hinunter.
    Sie war schwach vom Hunger und vom Mangel an Bewegung, trotzdem hörte sie die Schritte des Mannes, der ihr nachlief, erst, als sie schon um die nächste Ecke war. Sie sagte sich, dass sie jünger und schneller war als er und eine Zuflucht sicher nicht mehr weit sein konnte. Doch die unbekannten Straßen lagen verlassen und dunkel da, die Hälfte der Straßenlaternen war ausgefallen, und hinter den Fenstern der schattenhaften Häuser ringsum brannte kein Licht.
    Aimee blendete die dumpfen, schweren Schritte hinter sich aus, weil sie ihr einfach zu viel Angst machten. Stattdessen konzentrierte sie sich auf die Sohlen ihrer Turnschuhe, die laut auf den Asphalt schlugen, während sie die Beine immer schneller und schneller bewegte.
    Warum passiert mir das? Ist er noch hinter mir? Kommt er näher? Warum ruft er mir nichts hinterher?
    Dann begriff sie, dass er schwieg, damit hinter den dunklen Fenstern keiner aufmerksam wurde auf diese Jagd um Leben und Tod unten auf der Straße. Vielleicht waren da ja doch Leute. Vielleicht schliefen sie nur.
    Und so fing sie an zu schreien, rannte in die Mitte der Fahrbahn, die Arme so hochgereckt, als wollte sie davonfliegen, und ihre Stimme hallte wider von den stummen Backsteinwänden der umstehenden Gebäude.
    Die Brust tat ihr weh. Jeder Atemzug in der guten, frischen Luft brannte ihr wie Feuer in der Lunge, so als würde sie von innen heraus bei lebendigem Leib versengt. Dann sah sie plötzlich ihren Schatten vor sich auf der Straße; das konnte nur heißen, dass ein Wagen hinter ihr war.
    Der Transporter
, dachte sie und spürte die Scheinwerfer förmlich im Rücken. Sie riskierte einen raschen Blick über die Schulter und sah ein Taxi. Und fing an zu weinen, weil sie endlich gerettet war. Die Tränen flossen ihr in Strömen über die Wangen, trübten ihr die Sicht.
    Sie wusste nicht mehr, wie sie auf den Rücksitz des Taxis gekommen war, doch sie spürte, wie das Auto einen Satz nach vorne machte, als der Fahrer Gas gab. Sie brauchte nichts zu sagen, zum Glück, denn ihr Hals war wund vom Schreien, und sie hatte kaum noch Luft übrig. Aber der Fahrer hatte gemerkt, dass sie in Gefahr war, und brachte sie immer weiter und weiter fort von ihrem Verfolger. Aimee spürte das weiche Polster des kunststoffbezogenen Sitzes und lehnte den Kopf daran, schloss die Augen, roch Zigarettenqualm und würzige Wurst.
    Ich hab’s geschafft, Mama. Ich hab’s geschafft, Papa. Ich komme nach Hause.
    Schließlich beruhigten sich ihr Herzschlag und ihr Atem ein wenig, und sie bekam genug Luft, um verzweifelt zu flüstern: «Polizei.»
    «Klar», sagte der Fahrer, und Aimee schlug die braunen Augen auf. Sie schaute nach vorn in den Rückspiegel und keuchte auf, als sie in das Gesicht des Mannes blickte, der sie im Reservat festgehalten, der ihr das
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