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Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Titel: Monkeewrench 06 - Todesnaehe
Autoren: P.J. Tracy
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du auch gleich einen Aushang machen, dass du noch am Leben bist.» Grace machte das Schlauchboot, mit dem die Männer gekommen waren, von der Reling los und sah zu, wie es auf den Wellen davonschaukelte, um anderswo neue Rätsel aufzugeben.

KAPITEL 2
    D ie Mädchen drängten sich auf der Ladefläche des Transporters aneinander wie ein Wurf verängstigter Kätzchen. Aimee saß in der Mitte, die langen Arme weit ausgestreckt, um die anderen zu umfassen, sie zu wärmen und gleichzeitig zu trösten.
    Die überstürzte Fahrt mitten in der Nacht in diesem kalten Metallgehäuse machte Aimee Angst. Wo brachte man sie hin? Was erwartete sie dort? Die anderen waren so mit Drogen vollgepumpt, dass es ihnen egal war, und zum ersten Mal war Aimee fast froh darüber.
    Eine Woche lang waren sie in einem Zimmer eingesperrt gewesen, ohne Fenster, ohne Licht. Man gewöhnte sich an den Raum, an die Dunkelheit, daran, sich über den dreckigen Boden zur Toilette hinzutasten, deren Spülung manchmal funktionierte und manchmal nicht. Nach den ersten paar Tagen fühlte man sich allmählich sicher dort, trotz des ekligen Geruchs und der undurchdringlichen Dunkelheit. Es fasste einen zumindest keiner an.
    Einer hatte es versucht, hatte sich zu ihnen hereingeschlichen und Little Mouse an den Haaren gepackt, aber dann fiel plötzlich Licht durch den Türspalt, und die anderen zerrten ihn wieder nach draußen und stellten irgendwas mit ihm an, bis er schrie.
    An dem Abend hatte Aimee lange gebraucht, um die anderen vier zu beruhigen. Sie hatte sie alle in den Arm genommen und ihnen sinnlose Trostworte zugeflüstert, an die sie selbst nicht glaubte. Mit fünfzehn war sie schließlich die Älteste und für die Jüngeren verantwortlich.
    Sie hatte am dritten Tag aufgehört zu essen. Zwei Mal täglich bekamen sie eine Schüssel mit einer Art Haferschleim. Die anderen stürzten sich alle auf den scheußlichen Brei, sobald er durch die Klappe unten an der Tür hereingeschoben wurde, weil sie halb verhungert waren und vielleicht auch weil er sie in einen gnädigen Schlaf versetzte und die Angst vertrieb. Nur Aimee hatte den Verdacht, dass irgendwelche Mittel darin waren, um sie ruhigzustellen, aber sie konnte die anderen nicht abhalten, davon zu essen. Sie waren doch noch so klein und hatten solche Angst. Besser, ihr Bewusstsein wurde von künstlichem Schlaf vernebelt, als dass sie sich mit der neuen Realität auseinandersetzen mussten.
    Aimee wusste, warum sie entführt worden waren. Immer wieder hatten die Stammesältesten sie vor den freundlichen Männern gewarnt, die labile Indianermädchen mit großartigen Versprechungen aus den Reservaten lockten, um sie dann auf den Straßen von Minneapolis oder in der Hafenstadt Duluth zu verkaufen. Aber keiner hatte davor gewarnt, keiner hatte je vermutet, dass sie an einem blauen Oktobertag ins Reservat kommen und kleine Mädchen auf dem Weg von der Schule nach Hause von der Straße rauben würden: die zwölfjährige Elizabeth, Taka und Winnie, beide elf Jahre alt, und die süße kleine Little Mouse, die gerade zehn geworden war.
    Jeder Moment dieses Tages war Aimee ins Gedächtnis eingebrannt. Noch immer hörte sie die schrillen Angstschreie, sah, wie die magere Taka wild um sich schlug, bis es dem Mann, der sie festhielt, endlich gelang, ihr das Tuch auf Mund und Nase zu pressen, spürte die Welle grimmiger Genugtuung, als sie selbst die Fingernägel tief in den muskelbepackten Arm ihres Entführers schlug, bis er blutete. Einer der Männer war Indianer, die anderen nicht, aber an ihre Gesichter würde sie sich bis an ihr Lebensende erinnern.
    Aimee hatte keine Ahnung, ob man sie an ein bestimmtes Ziel brachte oder einfach nur in ein anderes Haus, um die Polizei und alle, die sonst noch nach ihnen suchten, in die Irre zu führen: das FBI und natürlich ihre Eltern, vielleicht sogar der ganze Stamm.
    Arme Mama. Armer Papa.
Sie sah die beiden ständig vor sich, halb verrückt vor Sorge, das Herz zerfressen von Schmerz.
    Sie stellte sich vor, wie sie mit der Stammespolizei redeten und mit dem FBI , vielleicht sogar im Fernsehen unter Tränen flehentliche Bitten hervorstießen, die die Entführer nicht erreichen und mit Sicherheit auch nicht rühren würden.
    Aimee hasste diese Männer. Wer sie auch waren, welcher Nationalität sie auch angehörten, was immer ihre Motive sein mochten: Sie brachen liebenden Eltern das Herz, versetzten die unschuldigen Kinder, die Aimee auf dem Schulweg an der Hand hielt, in
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