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Mondspiel: Novelle (German Edition)

Mondspiel: Novelle (German Edition)

Titel: Mondspiel: Novelle (German Edition)
Autoren: Christine Feehan
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überzogen. Auch seine Finger waren vernarbt und gekrümmt. Der Gegensatz zwischen seinem Gesicht und seinem Körper war schockierend.
Das Engelsgesicht und die entstellten, wulstigen Arme und Hände.
    Tara erschauerte und warf sich in Jessicas Arme. Augenblicklich zog sich Dillon in den Schatten zurück, und das herzliche Lächeln, mit dem er sie willkommen geheißen hatte, erlosch. Die glühenden blauen Augen hatten von freudig auf eiskalt umgeschaltet. Sein Blick musterte Jessicas Gesicht eingehend, glitt über die Zwillinge und kehrte zu ihr zurück. Seinen sinnlichen Mund kniff er unheilverkündend zusammen. »Sie sind durchgefroren, Paul. Für Erklärungen ist später noch Zeit genug. Bitte zeig ihnen die Bäder, damit sie diese nassen Sachen ausziehen können. Du wirst zwei weitere Schlafzimmer herrichten müssen.« Er stieg im Halbdunkel die Treppe hinauf und achtete sorgsam darauf, dass kein Licht auf ihn fiel. »Und schick Jess zu mir hinauf, sobald sie sich einigermaßen aufgewärmt hat.« Seine Stimme war immer noch diese perfekte Mischung aus rauchig und rau, eine gefährliche Kombination, die wie die Berührung von Fingern über ihre Haut strich.
    Als Jessica ihm hinterhersah, schlug ihr das Herz bis zum Hals. Sie drehte sich zu Paul um. »Warum hast du mir nichts davon gesagt? Er kann nicht spielen, stimmt’s? Mein Gott, er kann seine Musik nicht mehr spielen.« Sie wusste, wie viel die Musik Dillon bedeutete. Sie war sein Leben. Sein Ein und Alles. »Ich wusste es nicht. Meine Mutter hat mich nie mehr hierher mitgenommen. Als sie dieses eine Mal mit den Zwillingen hier war, bin ich krank gewesen. Als ich ihn allein besuchen wollte, hat er abgelehnt.«
    »Es tut mir leid.« Tara weinte jetzt wieder. »Es war keine Absicht. Ich konnte nicht aufhören, seine Hände anzusehen.
Sie sahen nicht menschlich aus. Es war abstoßend . Ich wollte es nicht tun, wirklich nicht. Es tut mir leid, Jessie.«
    Jessica wusste, dass das Kind dringend Trost brauchte. Tara fühlte sich schuldig. Und sie war müde, verängstigt und fror. Jessica musste selbst gegen die Tränen ankämpfen, so sehr hatte ihre Entdeckung sie erschüttert. »Schon gut, Schätzchen, wir werden eine Möglichkeit finden, es wieder geradezubiegen. Du brauchst eine heiße Dusche und ein Bett. Morgen früh wird alles besser sein.« Sie sah Trevor an. Er starrte wie hypnotisiert seinem Vater hinterher. »Trev? Ist alles in Ordnung mit dir?«
    Er nickte und räusperte sich. »Ja, mit mir schon, aber mit ihm nicht, wenn du mich fragst.«
    »Deshalb sind wir ja hier«, sagte Jessica und sah Paul über Taras gesenkten Kopf hinweg an. Sie glaubte nicht einen Moment lang, dass sich der Schaden, den Tara angerichtet hatte, beheben lassen würde, und ein Blick in Pauls Gesicht ließ sie vermuten, dass sie Recht hatte. Mühsam rang sie sich ein Lächeln ab. »Tara, vielleicht erinnerst du dich nicht mehr an ihn, du warst noch ein kleines Mädchen, aber das ist Paul Ritter. Er war eines der Gründungsmitglieder von HereAfter, und er ist ein sehr guter Freund deiner Familie.«
    Paul strahlte das Mädchen an. »Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, warst du fünf Jahre alt und hattest einen wüsten schwarzen Lockenkopf.« Er hielt Trevor die Hand hin. »Du hattest auch so einen wüsten Lockenkopf. «
    »Den habe ich immer noch«, antwortete Trevor und grinste Paul an.

2

    Dampfwolken wanden sich durch das gekachelte Badezimmer und füllten wie unnatürlicher Nebel jeden Winkel aus. Der Raum war groß und schön mit seiner tiefen Wanne und den Hängepflanzen. Nachdem sie lange und heiß geduscht hatte, fühlte Jessica sich wieder menschlicher, doch der Dampf war so dicht, dass sie kaum etwas sehen konnte. Sie rieb den Spiegel mit einem Handtuch trocken und starrte in ihr blasses Gesicht. Sie war erschöpft und wollte nur noch schlafen.
    Nichts wünschte sie sich weniger, als Dillon Wentworth wie ein verängstigtes Kind gegenüberzutreten. Ihre grünen Augen waren zu groß für ihr Gesicht, ihr Mund zu üppig, ihr Haar zu rot. Sie hatte sich immer ein raffiniertes, elegantes Aussehen gewünscht, doch stattdessen hatte sie das Äußere des Mädchens von nebenan abgekriegt. Sie betrachtete ihr Spiegelbild genauer und hoffte, reifer zu wirken. Ohne Make-up sah sie jünger aus als fünfundzwanzig. Jessica seufzte und schüttelte aufgebracht den Kopf. Sie war kein Kind von achtzehn Jahren mehr, sondern eine erwachsene Frau, die geholfen hatte, Tara und Trevor
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