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Mondspiel: Novelle (German Edition)

Mondspiel: Novelle (German Edition)

Titel: Mondspiel: Novelle (German Edition)
Autoren: Christine Feehan
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strich sich das regennasse Haar aus dem Gesicht und straffte ihre Schultern. »Das tut ihm nicht gut.« Und Dillon Wentworth war verantwortlich für seine Kinder. Er musste sich um sie kümmern und sie beschützen.
    Die Zwillinge hatten ihren Vater nicht so in Erinnerung wie sie. Er war so lebendig gewesen. So attraktiv. Und vieles mehr. Sein Leben war märchenhaft gewesen. Dillon mit seinem guten Aussehen, seinem Talent, seinem ansteckenden Lachen und seinen berühmten blauen Augen
– alle hatten sich um ihn gerissen. Dillon hatte sein Leben im Scheinwerferlicht verbracht, im grellen Licht der Regenbogenpresse und des Fernsehens, der Clubs und der gefüllten Stadien. Es war erstaunlich, geradezu unbeschreiblich, wie viel Energie und Kraft Dillon Wentworth bei seinen Auftritten ausstrahlte. Auf der Bühne glühte er hell und heiß, ein Mann mit dem Herzen eines Poeten und dem Talent eines Teufels, wenn er Gitarre spielte und mit seiner rauen, rauchigen Stimme sang.
    Aber zu Hause … Jessica erinnerte sich auch an Vivian Wentworth mit ihrem spröden Lachen und den Fingern mit den roten Krallen an den Spitzen. An ihre glasigen Augen, wenn sie von Drogen benebelt war, unter dem Einfluss von Alkohol taumelte oder bei einem ihrer Wutausbrüche Gläser zerschmetterte und Fotos aus Bilderrahmen riss. Der langsame, grauenhafte Abstieg in den Wahnsinn des Rauschgifts und des Okkulten. Niemals würde Jessica Vivians Freunde vergessen, die zu Besuch kamen, wenn Dillon nicht da war. Die Kerzen, die Orgien, der Singsang, immer dieser Singsang. Und Männer. Unmengen von Männern im Wentworth’schen Bett.
    Plötzlich schrie Tara laut auf, drehte sich zu Jessica um und warf sich ihr so stürmisch in die Arme, dass sie beinahe von den Stufen gestoßen worden wäre. Jessica packte sie mit festem Griff und drückte sie eng an sich. Beide froren so sehr, dass sie unkontrolliert zitterten. »Was ist los, Schätzchen?«, flüsterte Jessica dem Kind ins Ohr. Dort auf der steilen Treppe beschwichtigte sie das Mädchen und wiegte es in ihren Armen, während der Wind sie beide fortzublasen drohte.
    »Ich habe etwas gesehen, glühende Augen, die uns angestarrt haben. Es waren rote Augen, Jess. Rot, wie die
Augen eines Ungeheuers … oder eines Teufels.« Das Mädchen erschauerte und klammerte sich fester an Jessica.
    »Wo, Tara?« Jessicas Stimme klang ruhig, obwohl sich ihr Magen vor Anspannung verknotet hatte. Rote Augen. Sie selbst hatte diese Augen gesehen.
    »Da.« Tara deutete in die Richtung, ohne hinzusehen. An Jessica geschmiegt, verbarg sie ihr Gesicht. »Etwas hat uns durch die Bäume angestarrt.«
    »Es gibt Tiere auf der Insel, Schätzchen«, sagte Jessica beschwichtigend, doch sie strengte sich an, im Dunkeln zu sehen. Trevor unternahm den löblichen Versuch, den kleinen Lichtkreis der Taschenlampe auf die Stelle zu richten, auf die seine Zwillingsschwester gedeutet hatte, doch der Lichtstrahl konnte den strömenden Regen nicht durchdringen.
    »Das war kein Hund, ganz bestimmt nicht, Jessie, das war eine Art Dämon. Bitte, bring mich nach Hause, ich will nicht hier sein. Ich habe solche Angst vor ihm. Er sieht so schrecklich aus.«
    Jessica holte tief Luft und atmete langsam aus. Sie hoffte, dadurch ruhig zu bleiben, denn plötzlich wollte sie selbst kehrtmachen und weglaufen. Hier gab es zu viele Erinnerungen, die sie bedrängten und mit gierigen Klauen nach ihr griffen. »Er hat sich bei einem Brand fürchterliche Narben zugezogen, Tara, das weißt du doch.« Es kostete sie Mühe, mit fester Stimme zu sprechen.
    »Ich weiß, dass er uns hasst. Er hasst uns so sehr, dass er uns nie wieder sehen will. Und ich will ihn auch nicht sehen. Er hat Leute ermordet .« Tara schleuderte Jessica diese bittere Anklage ins Gesicht. Der heulende Wind griff die Worte auf und trug sie über die Insel.
    Jessica hielt Tara noch fester und schüttelte sie ungehalten. »Ich will nie wieder hören, dass du so etwas Furchtbares sagst. Niemals , hast du mich verstanden? Weißt du, warum dein Vater in jener Nacht in das Haus gelaufen ist? Tara, du bist zu intelligent, um auf dummes Geschwätz und anonyme Anrufer zu hören.«
    »Ich habe die Zeitungen gelesen. Es stand alles in den Zeitungen!«, jammerte Tara.
    Jessie war wütend. Fuchsteufelswild. Weshalb sollte jemand nach sieben Jahren plötzlich alte Zeitungen und Klatschblätter an die Zwillinge schicken? Tara hatte das Päckchen, das in schlichtes braunes Papier eingeschlagen war, in aller
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