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Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Mondberge - Ein Afrika-Thriller

Titel: Mondberge - Ein Afrika-Thriller
Autoren: Stephan Martin Meyer , Andreas Klotz
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Pioniere spricht, ist tatsächlich den regionalen Wetterbedingungen zuzuschreiben.
    Da sich das Gebirge beinahe ständig unter Wolken und Nebel versteckt, ist es selbst aus wenigen Kilometern Entfernung oft nicht zu sehen. Stanley hatte schon vom Ruwenzori gehört, ihn aber während seiner ersten großen Reise – auf der Suche nach dem vermissten Livingstone – nicht zu Gesicht bekommen. Als Stanley zum zweiten Mal Ostafrika bereiste, machte ihn ein einheimischer Junge auf die große Schneefläche eines hohen Berges aufmerksam. So entdeckte Stanley durch Zufall den Ruwenzori, der den Afrikanern selbstverständlich bekannt war.
    1906 wurde das Gebirge von dem italienischen Herzog der Abruzzen, Ludwig Amadeus von Savoyen, zum ersten Mal genauer erforscht; er erstürmte die vielen Gipfel des Gebirges, in dem es an etwa dreihundertzwanzig Tagen im Jahr regnet oder schneit. Daher wundert es nicht, dass »Ruwenzori« in der Sprache der Bayira, der Bewohner des Gebirges, »Regenmacher« und » Wolkenkönig « bedeutet. Das Klima der Berge zeichnet sich darüber hinaus durch eine weitere Besonderheit aus, die für jeden Wanderer zu einer Herausforderung wird: Tagsüber herrschen sommerliche Temperaturen, nachts wird es winterlich kalt.
    Die Spitzen – nur wenige Kilometer vom Äquator entfernt – sind das ganze Jahr über von Schnee bedeckt. Mehr als zwanzig Gipfel erreichen über 4.500 Meter Höhe, und zahlreiche Gletscher bilden zusammen die größte Gletscherfläche Afrikas. Wie alle anderen Gletscher der Erde weichen auch diese im Zeichen der Klimaerwärmung kontinuierlich zurück und machen der Stechmücke Anopheles Platz, die potenziell die »malaria tropica« in sich trägt.
    Der Ruwenzori gilt als das mit Abstand wildeste, ursprünglichste und am schwierigsten zu erreichende Bergmassiv Afrikas – aber auch als das schönste. 1994 versah die UNESCO den Ruwenzori mit dem Ritterschlag des Weltnaturerbes der Vereinten Nationen. Das hielt das ugandische Militär jedoch nicht davon ab, Ende der 1990er Jahre großflächig Brandbomben auf die in den Bergen verschanzten ruandischen Rebellen abzuwerfen. Die Rebellen haben sie damit vorerst vertrieben, genauso wie fast alles andere Leben, das dort existierte. Die Geister der Mondberge haben diese Entwicklung sicherlich mit Unmut zur Kenntnis genommen.
    Andrea ließ die handschriftlichen Notizen ihres Vaters sinken. Sie saß am Ende des Tisches auf der geräumigen Veranda, wo den Teilnehmern der deutschen Reisegruppe in Kürze das Abendessen serviert werden sollte. Die meisten anderen unterhielten sich halblaut in kleinen Grüppchen. Die Veranda schmiegte sich an die Hauswand der Lodge und stellte die Abgrenzung zu einem kleinen Innenhof dar, in dessen Mitte das klare Wasser eines blau gefliesten Pools zum Baden einlud. Üppige Palmen spendeten tagsüber Schatten, der Rasen wurde englischen Ansprüchen gerecht. Der große Holztisch unter der Bedachung war mit einer gestärkten Tischdecke geschmückt, und ein schwarzer Kellner brachte der Gruppe die Getränke. Auf dem Tisch standen Ketchup-Flaschen bereit, traditionelle Holzmasken zierten die Wände im Wechsel mit handgewebten Teppichen. Ein Ficus Benjamini verkümmerte in der Ecke.
    Andrea wandte sich ihren beiden Tischnachbarn zu. Die blonden Haare fielen offen über ihre Schultern, und eine enge Bluse betonte ihren schlanken, geschmeidigen Körper. Sie erzählte ihnen vom Erfolg ihres Berliner Studios, das sie als Personal- und Fitnesstrainerin betrieb. Mit 29 hatte sie sich selbstständig gemacht, und der Laden lief jetzt, sechs Jahre später, fantastisch. Sie verschwieg ihren Gesprächspartnern jedoch, dass der Erfolg vor allem auf dem Geld und den Kontakten ihres Vaters basierte und dass sie nicht zum Spaß in Uganda war. Die dunklen Schatten ihrer Familie waren über sie hereingebrochen, und sie wollte endlich Klarheit schaffen. Sie wippte unaufhörlich mit dem rechten Bein, nippte an ihrem Orangensaft und strich sich die blonden Strähnen aus dem Gesicht.
    Die beiden Männer neben ihr, zwei Münchner Freunde in Andreas Alter, hörten ihr aufmerksam zu. Die Sorglosigkeit, die sie versprühten, tat Andrea gut, und ihre verspannten Schultern lockerten sich allmählich. Michael hatte seine Eventagentur in der Maxvorstadt und seine Familie zu Hause gelassen, um sich mit seinem Jugendfreund Martin, einem erfolgreichen Rechtsanwalt, einen lang gehegten Wunsch zu erfüllen: Afrika pur erleben. In diesem Moment war er jedoch
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