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Mømø im Legøland

Mømø im Legøland

Titel: Mømø im Legøland
Autoren: Arne Piewitz
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plappert, während er denkt: Vati ist immer so sensibel. Er muß schließlich das Allgemeinwohl im Auge haben. Er gibt sich solche Mühe damit. Und dann kommst du und machst alles kaputt.
    Selbst deine Mutter hat mich immer vor dir gewarnt, weil du ihr schon als Kind unheimlich warst. Was geht dich dieser Autobahnzubringer an? Selbstverständlich muß der schäbige Kasten, in dem du wohnst, abgerissen werden. Du kannst doch nicht so blöde sein und daran kleben. Wir waren uns einig, daß wir nach unserer Hochzeit sowieso zu meinen Eltern ziehen. Du hast gesagt, du kannst mir das bei dir nicht zumuten. Und wenn du mir jetzt wieder mit Onkel Kaußner kommst, dann sage ich dir eins: Vati und er sind schließlich Logenbrüder. Und wenn du da irgendwelche Schmiergelder vermutest — in unserem Swimmingpool badest du schließlich sehr gern! Was glaubst du, wo der herkommt?
    Ich kann ja Vati und Mutti überhaupt nicht mehr unter die Augen treten. Erst neulich hat Vati gesagt: »Aus dem Jungen wird mal was, der wird mein Lebenswerk vollenden. Was bist du nur für ein Blödian — den einzigen, der dir alle Türen hätte öffnen können, so vor den Kopf zu stoßen. Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, daß du in dieser Stadt irgend etwas gegen meinen Vater ausrichten kannst. Du kannst diesen Mann nicht davon abhalten, unsere Stadt zu sanieren, du nicht, Mømø Laumann. Und glaubst du etwa, ich kann mich mit einem fristlos gekündigten Angestellten noch im Tennisclub sehen lassen? Meinst du, es ist angenehm, von meiner Friseuse zu hören: »Na, Ihr Verlobter ist ja nun auch arbeitslos?«
    Du weißt ja gar nicht, was du mir da angetan hast. Erst neulich hat die Frau Bürgermeister zu meiner Mutti gesagt, was für ein schönes Paar wir sind. Und Mutti war so glücklich darüber, daß das mit deiner Anstellung bei Vati geklappt hatte. Ich bin auch sehr neugierig, ob mich der Herr Bürgermeister jemals wieder einladen wird, mir Im kleinsten Kreise seine Urlaubsdias anzusehen...
    Es ist aus zwischen uns, alles ist aus. Du hast unsere Zukunft gemein zerstört. Du hast dich wie ein Schwein benommen, jawohl, wie ein Schwein. Ich hasse dich, oh, ich hasse dich so! Du du du — du Sozialdemokrat, du anarchistischer! Du gottverlassener Terrorist, ich trenne mich von dir!

    Mømø Laumann guckt der Tochter des Obstadtbaurats nachsichtig in die zornigen gelben Augen. Als sie ausruft, sie begreife nicht, nein, sie begreife nicht, wie sie sich überhaupt mit so einem Würstchen habe abgeben können, nickt er verständnisvoll, greift sich den Senfspender und quetscht eine deftige Portion auf seine Haare.
    Daraufhin bricht sie in lautes Schluchzen aus, und er geht.
    Mømø Laumanns einjähriger Ausflug in geregelte berufliche Bahnen und ein respektables Ambiente ist beendet. Jetzt wird wieder gelebt...



4.

    Das ist ein neuer Trend: im Winter legen heutzutage viel mehr Leute Hand an sich als früher, in der guten alten zeit ging das im Frühling los, hatte im Sommer Konjunktur, flaute im Herbst wieder ab und kam im Winter auf den Tiefstand. Freitodgedanken sind wetterunabhängig: mieses graues Nebelwetter ist statistisch gesehen nicht freitodfördernd.
    Ja, Krieg müßte sein!
    im Krieg veranstalten die Leute keinen Freitod. Menschen in tödlicher Gefahr finden ihr Leben meistens eher lebenswert. Aber wenn's ihnen gut geht, nur nicht gerade gut genug, geben sie auf.
    1971 gab's einen Engländer, William Hall hieß er, der hat sich selbst getötet, indem er sich mit einem elektrischen Bohrer acht Löcher in seinen Schädel drillte. Der Mann muß einen starken Willen gehabt haben. Deswegen wird sich seine Methode wahrscheinlich nicht durchsetzen, und so bleibt es bei der bewährten Rangfolge:
    Platz 1 gebührt dem vergiften mit festen oder flüssigen Substanzen, sehr beliebt bei Frauen.
    Platz 2 für’s Erhängen, strangulieren, Ersticken. Das war im letzten Jahrhundert noch die absolute Nummer eins.
    Platz 3 geht ans Erschießen und ln-die-LuftMømøSprengen. Bei Frauen nicht so beliebt.
    Platz 4: Sich vergasen. Tendenz abnehmend, weil Erdgas ziemlich ungiftig ist. Aufwärtsentwicklung bei Autoabgasen!
    Platz 5 nimmt ein potpourri ein: Absichtliches verhungern, vorsätzliches Erfrieren, Selbstverbrennung und Schwänzchen in die Steckdose stecken.
    Platz 6: ins Wasser gehen, bis man die Schnauze voll hat. Sich ersäufen ist bei Nichtschwimmerinnen beliebter als bei Bademeistern.
    Platz 7 gehört dem Sprung von Wolkenkratzern oder
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