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Mörderspiel im Burghotel

Mörderspiel im Burghotel

Titel: Mörderspiel im Burghotel
Autoren: Stefan Wolf
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würde sich zerfleischen
lassen für seine Freundin, aber dazu brauchte es viel.
    TKKG fuhren los. Oskar durfte
mit und lief rechts neben Gabys Rad an der Leine. Das Tempo wurde dem
Vierbeiner angepasst — denn es ist eindeutig Tierquälerei, wenn ein Biker volle
Pulle losprescht und sein Hund mithecheln muss. Manche Hundehalter glauben —
irrtümlich sie täten ihrem vierbeinigen Freund mit der Tempobolzerei einen
Gefallen. Völlig falsch. Windhunde ausgenommen.
    Es ging durch die abendliche
Stadt hinunter zum Fluss, dann auf der Uferstraße entlang Richtung alte Mühle.
    Stille. Der Großstadtlärm blieb
zurück. Wenig Autos. Ab und zu Spaziergänger oder Jogger. Ein großer Hund —
vermutlich ein Sennenhund, der sein Frauchen hinter sich herzerrte — verbellte
Oskar, aber der wandte nicht mal den Kopf.
    „Hier ist es.“ Tim hielt.
    „Ziemlich einsam“, sagte Karl.
„Als obdachloser Anrainer würde ich mich grausein.“
    „Die sind daran gewöhnt“,
meinte Klößchen.
    „Aber nur aus Not“, sagte Gaby
heftig, weil sie glaubte, so was wie Gleichgültigkeit zu hören. „Und deshalb
wird daraus noch keine Tugend.“
    Tim blickte die Uferstraße
entlang. Laternen erhellten sie, sorgten jedenfalls dafür, dass man nicht vom
Wege abkam — selbst bei Nachtblindheit.
    Dort hinten war die Kurve. Ein
parkender Wagen am Rande. Sicherlich ein Pärchen, das die laue Abendluft
genießen wollte.
    Aber sie sollten Standlicht
einschalten, dachte Tim.
    Es gab die Uferstraße, den Geh-
und Radweg sowie dichte Begrünung zu beiden Seiten: Büsche, Sträucher,
nachwachsende Bäume. Es gab abzweigende Wege. Und die alte Mühle war nur noch
eine Ruine, die an romantische Zeiten erinnert, als die Müller das Sagen hatten
und nicht die Brotfabriken.
    Der Fluss rauschte.
    „Hallo!“, rief eine
Männerstimme aus den Büschen auf der Flussseite.
    Er nimmt mir das Wort aus dem
Mund, dachte Tim. Gerade wollte ich ‚Hallo’ rufen.
    „Wir sind’s, Herr Liebert“,
erwiderte Gaby. „Und wir haben die Sachen für Sie und Herrn Wenske.“
    Wer ist welcher?, überlegte
Tim.
    Gaby schien den Gedanken zu
spüren und sagte leise: „Udo Wenske ist natürlich der blaue Udo und der
Höhlensepp heißt Josef Liebert.“
    Es knackte in den Büschen.
Beide krochen hervor. Die Stelle lag im Dunkeln. Wer nicht Bescheid wusste,
konnte meinen, da wären Hunde oder Wildsäue. Aber dann richteten sich die
beiden auf die Hinterbeine auf und wurden zu menschlichen Silhouetten — einer
großen und einer kleinen.
    Höhlensepp hatte einen blonden,
verwilderten Bart und vom Wetter gegerbte Haut. Er roch nach Wein und die
Baseballmütze auf seiner Lockenpracht schien neu zu sein.
    Der blaue Udo trug einen
tarngrünen Militär-Kampfanzug, der ziemlich zerrissen war und ihm außerdem zu
groß. Udo hatte nur Bartstoppeln im Fuchsgesicht. Wahrscheinlich rasierte er
sich einmal pro Woche.
    „Nett, dass ihr kommt“, sagte
Höhlensepp und gab allen die Hand.
    Sie fühlte sich feucht an und
eher kalt. Und Tim dachte einen Moment nach über den Unterschied zwischen
fröhlichem Zelten mit Lagerfeuer und dem Brüder-nun-zur-guten-Nacht-Abendlied
einerseits und der unfreiwilligen Obdachlosigkeit, dem Leben auf der Straße und
unter den Brücken andererseits.
    Auch Udo reichte die Rechte,
aber eher lässig, und sah keinen dabei an.
    Man ging zu der Bank, die nahe
einer Laterne aufgestellt war — gespendet, wie ein Messingschild verkündete,
vom Autohaus Brummert & Felgendreher. Der Inhalt des Kleidersacks
wurde ausgebreitet. Und fand Gefallen bei den beiden. Udo zog eins von Karls
Sweatshirts über die Kampfanzug-Jacke, Tims Kleiderspende wurde von Höhlensepp
vereinnahmt.
    „Starker Kaftan!“, meinte er
und probierte die Windjacke an. Sie passte.
    „Außerdem haben wir für Sie
beide etwas Geld in der Klasse gesammelt“, verkündete Gaby. „Viel ist nicht
zusammengekommen. Aber immerhin 42 Mark. Die übergebe ich Ihnen hiermit zu
gleichen Teilen — verbunden mit der Bitte, gesunde Nahrung dafür zu kaufen.
Oder was zur Körperpflege.“
    Wie sensibel sie das ausdrückt,
bewunderte Tim seine Freundin. Ich hätte gesagt: Aber keinen Pfennig für
Alkohol! Das hätte bevormundet und gekränkt. Ich hätte wohl weniger Erfolg
gehabt als Gaby mit ihrer feinfühligen Formulierung.
    „Alles klar“, sagte Höhlensepp.
Er nahm das Kuvert mit dem Hartgeld entgegen. „Wir werden es nicht versaufen.“
    Gaby lächelte.
    Höhlensepp zauste seinen Bart,
blickte zu
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