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Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen

Titel: Modesty Blaise 09: Die Lady fliegt auf Drachen
Autoren: Peter O'Donnell
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sein des Zornes und des Gerichtes. Denn der lebendige Gott wird Blitz und Donner, Pech und Schwefel auf den Sünder herabsenden. Unauslöschliche Flammen werden die Spreu verzehren. Beginne dein Gericht, Allmächtiger
!» Wieder stieg die harte, durchdringende Stimme zu wilder Raserei an, bevor sie schmerzerfüllt und leise wurde. «
So sollen ihn die Leiden des Todes umfangen
…»
    Mit Mühe riß sich Barboza von der beinahe hypnotischen Wirkung der geifernden Stimme los und machte die Bewegung, die er während einer langen, schlaflosen Nacht geplant hatte.
    Langsam nahm er mit der Linken seine Baumwollkappe ab.
    Und mit einer plötzlichen Bewegung des Handgelenkes ließ er sie durch die Luft und auf das Gesicht von Reverend Uriah Crisp zufliegen. Im gleichen Augenblick fuhr seine Hand zum Revolver an seiner Hüfte.
    «…
so sollen die Qualen der Hölle über ihn kommen
…»
    Der schwarzgekleidete Mann machte keine Bewegung, bis Barboza den Kolben des Revolvers berührte. Dann fiel der flache runde Hut, den seine Rechte gehalten hatte, zu Boden. Die Hand war nicht mehr deutlich zu sehen. Eine Kugel pfiff durch den Schirm der durch die Luft fliegenden Mütze und setzte ihren Weg fort in Barbozas Gehirn und weiter durch seinen Hinterkopf, bis sie schließlich dort in den Boden schlug, wo das Terrain zum Meer abfiel. Barbozas halb gezogener Revolver glitt in das Halfter zurück, und er sackte zusammen. Seine Schultern krachten auf die weißen Steinplatten des Patios.
    «…
denn der Herr wird Hagel und glühende Kohlen schicken
», fuhr Reverend Uriah Crisp fort. «
Er wird seine Pfeile schicken, um sie zu zerstreuen, und seine Blitze, um sie zu vernichten

    Ohne zu stocken hatte er während des kurzen Augenblicks des Handelns die Tirade fortgesetzt. Das geöffnete Gebetbuch hielt er immer noch in der Höhe seines Kinns. Darunter umklammerte seine Rechte jetzt eine Automatik, einen
Colt Commander
mit einem Gehäuse aus einer leichten Stahllegierung und mit einem Griff aus gemasertem Nußholz.
    «Amen», sagte Reverend Uriah Crisp. Er schloß das Gebetbuch und ließ es in seiner Jackentasche verschwinden, sicherte die Automatik und steckte sie in das Halfter in der Achselhöhle zurück – ein modifiziertes Berns-Martin-Halfter mit einer Friktionsschraube –, das unter der linken Jackenhälfte hing. Er bückte sich nach seinem Hut, wischte mit einer großen, merkwürdig eleganten Hand den Staub davon ab und setzte ihn sorgfältig auf den Kopf.
    «Ich bin das Schwert des Herrn», sagte er demütig, «ein unwürdiges Instrument in Seiner Hand. Nach Seinem Willen ist der Sünder gestorben, und durch Seine Gnade wurde ich verschont.» Er wandte sich um und stieg die Treppe hinauf.
    Die Wächter erwachten aus ihrer Bewegungslosigkeit. Chater sagte ärgerlich: «Ich hätte niemals gedacht, daß Barboza genug Grips hatte, einen Trick zu versuchen. Gut, dafür zahl ich das Dreifache, und für den halbgezogenen Revolver zahl ich den Einsatz zurück. Alle anderen Wetten verlieren.»
    Condori blickte auf den toten Mann hinunter, zündete eine dünne Zigarre an, dann folgten seine Augen dem Schwert Gottes. Condori konnte sich nicht erinnern, jemals vor einem Mann Angst gehabt zu haben, aber dieser da flößte ihm ein unangenehmes Gefühl ein. Sollte er den verrückten Priester jemals umbringen müssen, so würde er es heimlich bei Nacht tun und eine Konfrontation vermeiden. Er blies den Rauch aus und rief: «Ihr zwei dort. Riza und Fuzuli. Legt ihn auf Regans Anhänger.» Er berührte die Leiche mit dem Fuß. «Gebt seinen Revolver in der Waffenkammer ab und bringt seine persönlichen Habseligkeiten in mein Büro.»
    Auf dem langen Balkon des weißen Hauses beobachteten zwei Männer und ein Mädchen die spinnenartige schwarze Gestalt, die die Treppe heraufkam.
    Beauregard Browne schüttelte seine goldenen Locken und lachte. «Ist er nicht hinreißend? Ich meine wirklich. Ist er nicht köstlich?»
    Dr. Feng Hsi-shan überlegte die Frage. Er war ein auf Gehirnwäsche spezialisierter Psychiater, der die Volksbefreiungsarmee der Volksrepublik China verlassen hatte, weil er dort eine politische Situation diagnostizierte, die es wahrscheinlich machte, daß man auch ihn selbst einer drastischen Gehirnwäsche unterziehen würde. Bei seinen neuen Arbeitgebern auf
Dragon’s Claw
, der Drachenkrallen-Insel, war er erst seit vier Wochen, und sie wären ihm so unbegreiflich erschienen wie Wesen von einem anderen Stern, hätte er nicht
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