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Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Modesty Blaise 05: Die Goldfalle

Titel: Modesty Blaise 05: Die Goldfalle
Autoren: Peter O'Donnell
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nehmen wollte, drehte sich um und musterte ihn mit plötzlich erwachter Neugier. «Würden Sie es sich eigentlich selbst zutrauen, Giles?»
    Er fuhr sich mit der Hand über sein borstiges Haar und grinste ein bißchen kläglich. «Ich glaube kaum. Es war keine Zeit, darüber nachzudenken, seit Sie hier sind, und außerdem habe ich sowieso nicht viel Übung darin, irgendwelchen Puppen meinen Willen aufzuzwingen. Ich mußte furchtbar büffeln, um die Prüfung zu bestehen, wissen Sie.»
    «Sie werden doch aber die Nase nicht ständig in den Büchern gehabt haben, und ich könnte mir vorstellen, daß Sie bei den Mädchen gar nicht so unbeliebt waren.»
    «Ja, das stimmt schon», sagte er ohne Eitelkeit. «Hin und wieder habe ich es sehr schön gehabt. Aber die meisten Mädchen, die mich mochten, waren keine Betthasen. Sie hatten eine Menge Probleme und brauchten nur einen, der ihnen das Händchen hielt und mit dem sie sprechen konnten. Nach dem Examen war es nicht viel anders.»
    «Das leuchtet ein. Sie hätten ein bißchen draufgängerischer sein sollen, Giles.»
    «Meinen Sie? Ich weiß nicht. Ich war nie besonders scharf darauf, ein Mädchen zu erobern. Genaugenommen bin ich immer nur mit einer gegangen, wenn ich sicher war, daß sie mich mochte. Wahrscheinlich habe ich dadurch ein paar Gelegenheiten verpaßt.»
    «Ja, wahrscheinlich.» Sie schaltete den Kocher ab.
    «Aber ich hatte unrecht, als ich sagte, Sie hätten draufgängerischer sein sollen. Solche Typen gibt’s dutzendweise, und deshalb hat Ihre einfache Art einen gewissen Charme.» Sie goß ihm Kaffee ein. «Und es ist nun mal Ihre Art, Giles, also bleiben Sie dabei. Kann sein, daß Sie auf diese Weise weniger Mädchen bekommen, aber mit diesen wenigen macht es Ihnen viel mehr Spaß.»
    Sie unterdrückte den impulsiven Wunsch, ihm mit der Hand durchs Haar zu fahren, während sie hinter seinem Stuhl vorbeiging, denn sie spürte, daß sie schon nahe daran war, ihm gönnerhafte Ratschläge zu erteilen.
    Und Giles Pennyfeather brauchte solche Ratschläge nicht. Er war ein heiterer, anspruchsloser Mensch, und sie hatte miterlebt, wie er in den letzten zehn Tagen mehr Nützliches geleistet hatte als sie in ihrem ganzen Leben.
    «Hier ist Ihr Kaffee», fuhr sie rasch fort. «Kommen Sie, essen Sie jetzt, und gehen Sie dann ins Bett. Sie sind ja hundemüde. Ich teile mich heute mit Angel in den Nachtdienst.»
    «Müde? Überhaupt nicht, ich bin völlig in Ordnung, Modesty. Wirklich.»
    Sie nahm seinen Rasierspiegel vom Waschbecken und hielt ihn vor sein hohlwangiges Gesicht. «Schauen Sie mal rein. Seit über zwei Wochen muten Sie sich zuviel zu.»
    Er schaute in den Spiegel und murmelte mit überraschter Stimme: «Mein Gott.» Sie war tief gerührt, als sie begriff, daß ihm sein Erschöpfungszustand überhaupt nicht bewußt geworden war, einfach deshalb, weil er keinen Gedanken darauf verschwendet hatte, und sie konnte sich nur mit Mühe zurückhalten, ihre Arme um seine schlaksige Gestalt zu legen und seinen Kopf auf ihre Schulter herabzuziehen. Giles Pennyfeather war wohl der sonderbarste Mann, den sie jemals kennengelernt hatte, linkisch, exzentrisch, bisweilen irritierend, immer hoffnungslos aufrichtig. In mancher Hinsicht ein Narr. Aber sie wußte jetzt, daß sie ihn bewunderte, und es gab nur wenige Männer auf der ganzen Welt, von denen sie das behaupten konnte.
    Er war kaum mit dem Essen fertig, als er schon auf seinem Stuhl einschlief. Es gelang ihr, ihn ins Schlafzimmer zu schaffen, wobei sie ihn stützen mußte, weil ihm seine Beine fast den Dienst versagten; dann zog sie ihm die Schuhe aus und breitete eine Decke über ihn.
    Während sie ihren Rundgang durch das Hospital machte, kam ein Bote mit einer kaum verständlichen Nachricht. Soviel Modesty heraushörte, würden die Mbarrahas erst am nächsten Morgen zurückkommen; sie verhandelten mit zwei Polizisten in dem anderen Dorf. Sein Pidgin-Englisch reichte nicht für genauere Auskünfte, und sie wußte, daß er bei weiteren Fragen alles mögliche erfunden hätte, weil er annahm, sie wolle es hören.
    Sie würde also die ganze Nacht im Hospital bleiben müssen, aber das störte sie nicht. Zwischendurch konnte sie ja ein bißchen schlafen, während Mary Kefoula wachte. Mary war langsam, aber verläßlich, und jetzt, da die Folgen des Busunglücks überstanden waren, war es ohnehin viel ruhiger.
    Sie ließ Mary Kefoula bei den Patienten zurück und ging die Straße entlang am Haus der Mbarrahas vorbei zu
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