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Mitternachtsmorde

Mitternachtsmorde

Titel: Mitternachtsmorde
Autoren: Linda Howard
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aufgewühlte Erde verstreut worden war, hätte man irgendwo wenigstens einen teilweisen Fußabdruck finden müssen. Aber die Erde sah aus, als wäre sie aus eigenem Antrieb aus dem Boden geplatzt und nicht ausgehoben und mit einer Schaufel verteilt worden. Der Flaggenmast war keine drei Meter von seiner Bank entfernt, sodass er alles sehr gut erkennen konnte; auf keinen Fall hatte er irgendwelche Abdrücke übersehen. Es gab schlichtweg keine.
    MacFarland kletterte neben ihm auf die Bank. »Das schlägt doch alles«, sagte er, nachdem er mindestens dreißig Sekunden lang auf den Rasen gestarrt hatte. »Wie haben sie das geschafft? Das würde mich brennend interessieren.«
    »Das weiß Gott allein.« Aber er würde es herausfinden. Weil im Gerichtsgebäude auch das Gefängnis untergebracht war, gab es an jeder Ecke eine Überwachungskamera, die hoch unter dem Dachgesims montiert und im gleichen Farbton wie das Gebäude lackiert war. Wer nicht wusste, dass dort Kameras waren, konnte sie nur mit Mühe ausmachen.
    Eigentlich musste er immer noch einen Bericht fertig schreiben, aber die fehlenden Fußabdrücke rund um das Loch weckten seine Neugier. Er würde keine Ruhe finden, bis er wusste, wie es die kleinen Stinker geschafft hatten, im Schein der Straßenlaterne an der Hausecke die Zeitkapsel auszubuddeln, ohne dass sie jemand gesehen hatte und ohne dass sie Abdrücke in der frischen Erde hinterlassen hatten. Zugegeben, auf der First Avenue, der Straße vor dem Gericht, herrschte während der
     
    Nachtstunden nicht allzu viel Verkehr, aber trotzdem fuhren ständig Streifenwagen vorbei. Irgendjemand hätte etwas beobachten und melden müssen.
    Er sah über die Straße auf das Haushaltswarengeschäft, über dem er mit seinem Vater gewohnt hatte; nachdem er aufs College gegangen war, war sein Vater endlich wieder eine feste Beziehung eingegangen und hatte vor zehn Jahren zum zweiten Mal geheiratet. Knox mochte Lynnette, und er war froh, dass Kelvin nicht mehr allein war. Lynnette hatte nicht über einem Laden wohnen wollen, und so hatten sich die beiden ein Haus auf dem Land gekauft. Hätte Kelvin noch dort gewohnt, dachte Knox, dann hätte kein Teenager etwas anstellen können, ohne dass Kelvin es mitbekam, denn dessen Schlafzimmer hatte direkt auf den Platz gezeigt.
    »Sperr die Stelle ab, damit niemand hier rumtrampelt«, wies er MacFarland an.
    MacFarland hätte einwenden können, dass es hier nichts als ein Loch gab und dass eine gestohlene Zeitkapsel keinen allzu großen Wert darstellte – eindeutig nicht genug, als dass es eine nähere Untersuchung gerechtfertigt hätte –, aber er nickte nur. Es war die Aufgabe des Sheriffs, nicht seine, Knox zu erklären, wann er die Finger von einem Fall lassen sollte; außerdem hatte Knox’ Hartnäckigkeit durchaus Unterhaltungswert für die Deputys, die oft Wetten darauf abschlossen, wie weit er gehen würde, um ein Rätsel zu lösen.
    Er und MacFarland gingen zum Sheriff’s Department zurück, wo sich ihre Wege trennten: MacFarland ging, um Knox’ Anweisungen auszuführen, und Knox eilte ins Gefängnis, wo die Mannschaft für die Monitore der Überwachungskameras ihre Zentrale hatte.
    »Mannschaft« war in diesem Fall ein irreführender Begriff, da es sich korrekt gesagt um eine »Frauschaft« handelte, und zwar in Gestalt einer einen Meter achtzig großen, streng blickenden Dame namens Tarana Wilson, die eifersüchtig über ihr Reich wachte. Ihre Züge waren energisch und kräftig, die Haut glänzte wie dunkle Bronze, und sie hatte einen braunen Gürtel in asiatischen Kampftechniken. Knox hatte den starken Verdacht, dass sie ihn jederzeit aufs Kreuz legen konnte.
    Weil sich ein kluger Mann einer Königin nie ohne ein Geschenk nähern sollte, klaute Knox einen cremegefüllten Donut aus dem Pausenraum und holte zwei Becher mit frischem Kaffee. Bewaffnet mit diesen Gaben, erklomm er die Treppe.
    Er musste stehen bleiben und sich namentlich melden; dann ertönte der Summer, und er wurde in die Gemächer der Wachmannschaft eingelassen.
    Die eigentlichen Zellen befanden sich in den Stockwerken darüber, und der Zugang zu diesen Stockwerken wurde streng überwacht. Seit mindestens fünfzehn Jahren war hier niemand mehr ausgebrochen. Nicht dass im Knast von Peke County wirklich schwere Jungs eingesessen hätten; die schweren Fälle kamen ins Staatsgefängnis.
    Die Tür zu Taranas Büro stand offen, und sie patrouillierte vor einer Front von zehn Schwarzweiß-Monitoren auf und
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