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Mitten in der Nacht

Mitten in der Nacht

Titel: Mitten in der Nacht
Autoren: Nora Roberts
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schleppender Stimme, fast als würde er Konversation machen. Er wusste genau, dass sie nirgendwohin weglaufen konnte. »Sie hat ihn bereits aus ihrem Testament gestrichen. O ja, das Haus bekommt er, daran kann sie nichts ändern, aber ihr Geld bekomme ich. Und ohne Geld lässt sich das hier nicht unterhalten.«
    »Nimm das Geld, nimm das Haus.« Sie unterstrich ihre Worte mit einer abweisenden Geste, die ihn einschloss. »Nimm alles und fahr damit zur Hölle.«
    »Er ist schwach. Mein Bruder, dieser Heilige. Das sind Heilige immer, bei all ihrer Frömmigkeit.«
    »Er ist ein Mann, viel mehr Mann als du.«
    Sie hatte gehofft, ihn wütend zu machen, ihn so in Rage zu bringen, dass er sie schlug und aus dem Raum stürmte. Doch er lachte nur, tief und leise, und rückte näher.
    Als sie seine Absicht in seinen Augen las, öffnete sie den Mund, um zu schreien. Seine Hand holte aus, und er packte eine Strähne ihres dunklen Haars, das in Locken bis zur Taille fiel. Sein Zerren erstickte ihren Schrei zu einem Keuchen. Seine freie Hand umfing ihre Kehle und drückte zu.
    »Ich nehme mir immer, was Lucian gehört. Sogar seine Huren.«
    Sie trommelte auf ihn ein, schlug nach ihm und biss ihn. Als sie wieder Luft bekam, schrie sie. Er zerrte an ihrem Morgenrock, grapschte nach ihren Brüsten. Das Baby im Kinderbett fing zu wimmern an.
    Angespornt vom Klageruf ihrer Tochter, kratzte Abby sich mit ihren Fingernägeln frei. Sie wirbelte herum, stolperte dabei aber über den zerrissenen Saum ihres Nachthemds. Ihre Hand umschloss den Griff des Schürhakens. Sie schwang ihn wild und ließ ihn dann mit voller Kraft auf Julians Schulter niedersausen.
    Unter Schmerzgeheul fiel er rücklings gegen den Kamin, und sie flüchtete sich zum Bettchen.
    Sie musste das Baby holen. Das Baby nehmen und wegrennen.
    Er erwischte sie am Ärmel und wieder schrie sie, als der Stoff riss. Als sie in das Bett langte, um ihre Tochter herauszuholen, zerrte er sie zurück. Er schlug sie, schnitt mit seinem Handrücken wie mit dem Messer über ihre Wange und stieß sie dann mit dem Rücken gegen einen Tisch. Eine Kerze fiel zu Boden und erlosch flackernd in ihrem eigenen Wachs.
    »Miststück! Hure!«
    Er war wahnsinnig. Das erkannte sie jetzt an dem wilden Glanz seiner Augen, den vom Alkohol geröteten und erhitzten Wangen. In diesem Moment wurde aus der Angst Entsetzen.
    »Dafür wird er dich umbringen. Mein Lucian wird dich töten.« Sie versuchte wieder festen Halt zu bekommen, doch schon schlug er wieder zu, diesmal mit der Faust, so dass der Schmerz vom Gesicht in ihren ganzen Körper ausstrahlte. Benommen wollte sie zum Kinderbett kriechen. Sie hatte Blut im Mund, süß und warm.
    Mein Baby. Lieber Gott, lass nicht zu, dass er meinem Baby etwas antut.
    Sie spürte sein Gewicht auf ihr – und seinen Gestank. Sie sträubte sich, schrie um Hilfe. Die schrillen Schreie des Babys vermischten sich mit den ihren.
    »Tu's nicht! Tu's nicht! Du machst dich unglücklich.«
    Aber als er ihr mit einem Ruck das Nachthemd über die Taille zog, wusste sie, dass sie flehen und kämpfen konnte, so viel sie wollte, es würde ihn nicht aufhalten. Er würde sie erniedrigen und beflecken, weil sie es war. Weil sie Lucian gehörte.
    »Das ist es doch, was du willst.« Er drang brutal in sie ein, und Machtgier durchströmte ihn wie dunkler Wein. Ihr Gesicht war weiß vor Furcht und Grauen und wund von den Schlägen seiner Hände. Hilflos, dachte er, als er seine rasende Eifersucht in ihr austobte. »Das ist es doch, was ihr alle wollt. Ihr Cajunhuren.«
    Stoß um Stoß vergewaltigte er sie. Er schäumte über vor Erregung, sie gewaltsam zu nehmen, bis sein Atem wie kurze Grunzlaute zwischen seinen zusammengebissenen Zähnen austrat.
    Abigail weinte jetzt, ein ersticktes Schluchzen. Aber sie schrie auch. Schrie irgendwie, während er ihr seine Wut, seine Eifersucht und seinen Ekel einbläute.
    Als die große Standuhr Mitternacht schlug, umschloss er ihre Kehle mit seinen Händen. »Sei still. Du verdammtes Weib.« Er rammte ihren Kopf in den Fußboden, drückte fester zu. Und noch immer durchbohrte das Geschrei sein Gehirn.
    Auch Abby hörte es. Die grellen Schreie des Babys hallten gemeinsam mit den langsamen, gesetzten Schlägen der Mitternachtsstunde durch ihren Kopf. Sie schlug um sich, lehnte sich kraftlos auf gegen die Hände, die ihr die Luft abschnitten, versuchte den abscheulichen Eindringling von ihrem Körper fern zu halten.
    Hilf mir. Muttergottes. Hilf mir. Hilf
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