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Mitarbeiter sind so verletzlich

Mitarbeiter sind so verletzlich

Titel: Mitarbeiter sind so verletzlich
Autoren: Fred Maro
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einstehen kann, fehlte den Führenden im Unternehmen Rahsegler ganz einfach das nötige Wissen um Führungskommunikation und Motivation . So wurde befohlen und ausgeführt, ohne dass die Crew viel darüber nachdachte. Denn Nachdenken war weitgehend nicht erwünscht. Es hätte sonst passieren können, dass eine gute Idee nicht ausschließlich von den Offizieren gekommen wäre. Dies wiederum wäre dem Image dieser Privilegierten abträglich gewesen. Die Geschichte der rund um Kap Hoorn gestrandeten Segler ist reich an diesen typischen Unglücken.
    Noch eine letzte, aber wichtige Anmerkung zur Motivation der Mannschaft: Lange Zeit gab es keine zusätzliche Provision, wenn der Zielort schnell erreicht wurde. Und da zugleich oft wegen des extremen Hierarchiedenkens kaum eine Chance bestand, im Rang an Bord aufzusteigen, hielt sich die Mannschaft lieber an die Tagesheuer. Je länger das Schiff unterwegs war, desto mehr Geld gab es. Der Kapitän allerdings erhielt sehr wohl eine Prämie für ein frühzeitiges Ankommen am Zielort.
    Dass das Motivationsproblem auf die Dauer nur mit einer Systemänderung und nicht mit der Peitsche zu lösen war, hat man erst sehr spät begriffen.
    Vergleichen wir nun diesen alten Segler (dieses alteingesessene und nach den „guten alten Regeln“ geführte Unternehmen) mit einer modernen Rennjacht bzw. mit einem modern und erfolgreich geführten Unternehmen. Lassen wir einmal die Tatsache beiseite, dass moderne Rennjachten anders aussehen und eine andere – längst nicht immer bessere oder fehlerfreiere – Technik besitzen. Auch sind natürlich auf Schiffen wie der deutschen Gorch Fock inzwischen moderne Kommunikationsstrukturen übernommen worden. Befassen wir uns stattdessen mit der Besatzung einer modernen Rennjacht und deren Arbeitsweise. Uns wird zu allererst auffallen, dass wir den Kapitän richtiggehend suchen müssen. Er trägt keine Galauniform und residiert auch nicht in einer extra luxuriösen Kabine. Auch seine beiden wichtigsten Kollegen, den Steuermann und den Navigator, werden wir auf den ersten Blick vergeblich suchen. Drei der zehn Mitglieder der Bootsbesatzung müssen es sein. Aber wer? Erst auf Nachfragen geben sich Skipper (der Kapitän), Steuermann und Navigator zu erkennen. Sie haben ihre Position im Team, weil sie große Erfahrung besitzen und die ganze Mannschaft auf ihr Gespür für den richtigen Kurs hofft, welches sie zum Sieg führt.
    Als derartige Hoffnungsträger ist es ihr ganzes Bestreben, dass jeder im Team möglichst viel vom Rennsegeln und von den geplanten Strategien versteht, um mitdenken und mithandeln zu können. Da ihre Erfahrung für alle an Bord sehr wichtig ist, dürfen die drei ruhig etwas mehr verdienen. Nachdem wir der Mannschaft vorgestellt wurden, wird uns auffallen, dass ein sehr lockerer, aber direkter Ton herrscht. Jedes Teammitglied kennt jede Schraube im Boot und wäre imstande, auch navigatorische Aufgaben zu übernehmen. Man würde dann vielleicht nicht mehr gewinnen, aber allemal sicher ans Ziel kommen. Da jeder im Team praktisch jede Position ohne allzu viel Nachdenken einnehmen kann, fährt das Boot auch in kritischen Situationen sicher. Und da sich Skipper, Steuermann und Navigator nicht zu schade sind, aktiv in die Manöver einzugreifen, sind sechs Hände mehr an Bord, wenn's drauf ankommt. Und alle haben ein gemeinsames Ziel: Gewinnen. Übrigens: Alle erhalten weitgehend ähnliche Prämien für eine gute Platzierung.
    Der Tag,
an dem Deine Mitarbeiter
nicht mehr
mit Dir arbeiten wollen,
ist das Ende
Deiner Karriere.
    Ich weiß, dass der Vergleich zwischen den beiden so ungleichen Schiffstypen etwas hinkt. In viel mehr Aspekten jedoch gleichen die Mechanismen denen von schlecht oder gut geführten Unternehmen und lassen sich sehr gut auf diese oder auf Unternehmensbereiche übertragen. Möchten Sie auf einem der alten Rahsegler arbeiten – nicht heute als Teilnehmer einer nostalgischen Urlaubswoche, sondern damals, als normales Mannschaftsmitglied? Natürlich nicht! Aber Sie arbeiten vielleicht in einem Unternehmen, das weitgehend noch nach den Spielregeln der Rahsegler geführt wird …
    Warum ich Ihnen das alles erzähle? Sie sollen erkennen, dass kleine Ursachen oft verheerende Wirkung haben können. Es kommt nur darauf an, dass diese – scheinbar unwichtigen – Ursachen lange genug wirken, ohne aufzufallen oder ohne verändert zu werden. So können sie sich wie Viren rasch vergrößern und verstärken.

Wie zermotiviere ich
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