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Mitarbeiter sind so verletzlich

Mitarbeiter sind so verletzlich

Titel: Mitarbeiter sind so verletzlich
Autoren: Fred Maro
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können Sie getrost die Begriffe „Rahsegler“ und „Rennjacht“ mit gleichartigen, jedoch unterschiedlich operierenden Unternehmen oder Abteilungen gleichsetzen.
    Warum gibt es so gut wie keine alten Rahsegler mehr? (Anmerkung: „Rah“ steht für die Art ihrer Besegelung, bei der die Segel an „Rahen“, also auf Querstangen, am Mast befestigt wurden und zu denen die Matrosen, auch bei härtestem Wetter, hinaufklettern mussten, um sie zu setzen oder zu bergen.) Diese großen Frachtsegler waren sehr ökologisch unterwegs, verbrauchten weder Öl noch Uran, waren nicht viel langsamer als heutige motorisierte Schiffe und würden ganz gut in die heutige Logistik passen. Es gibt tatsächlich Pläne, sie in moderner Form wieder neu zu bauen. Die meisten der alten Segler gibt es trotz aller Vorteile heute nicht mehr. Sie sind schlicht und ergreifend irgendwann einmal im Sturm untergegangen oder auf ein Riff gelaufen. Wenn man die alten Unglücksprotokolle aufmerksam liest, kommt man rasch zu einer verblüffenden Erkenntnis:
    Abgesehen von vereinzelten technischen Defekten waren oft schlicht Defizite in der Kommunikation und im Umgang miteinander Mitverursacher der Seenotfälle! Da gab es zum Beispiel eine Führungsmannschaft, die ihr Herrschaftswissen weitgehend für sich behielt. Dies wurde auch optisch und mithilfe verschiedener Privilegien jederzeit zum Ausdruck gebracht. Der Kapitän hatte die prächtigste Uniform und das beste Essen. Er machte sich nie die Hände schmutzig und hatte die bequemste Kabine an Bord. Auch die Offiziere sahen sich selten genötigt, persönlich Hand anzulegen. Über Fachwissen – wie die auf offener See damals wie heute komplizierte Navigation – verfügten nur wenige Mitglieder der Führungsmannschaft. Geschah irgendetwas, was diese Person(en) außer Gefecht setzte, so geriet das Schiff nicht selten in Gefahr, auf Riffe aufzulaufen oder von Strömungen an die Küste gedrängt zu werden. Da der Ton hart, die Bezahlung schlecht und der Weitblick der Führenden nicht vorhanden war, reduzierten die einzelnen Mannschaftsmitglieder ihr Engagement auf die Erfüllung von Befehlen und das „Überleben“ innerhalb der Mannschaftshackordnung.

    Foto Rennjacht: Jacht Photo Service, Hamburg
    Die Koordination der unterschiedlichen Mannschaftsgruppen lief prinzipiell über zwei oder drei Stationen. Der Kapitän gab seine Anordnung an einen Offizier. Dieser wiederum rief sie einem weiteren Offizier in der Schiffsmitte zu. Der gab sie schließlich an den Vormann des Teams weiter, welcher dann seinerseits die Anordnung seinen Kollegen mitteilte. Jeder, der einmal im Leben „ stille Post “ gespielt hat, weiß, wie viel Informationsverluste und Missverständnisse dadurch entstehen. Dies war auch der Grund, warum eine Vielzahl von „Kommandos“ eingeführt wurden. Die Besatzung war aber leider meist aus Mitgliedern vieler Nationen zusammengewürfelt. So retteten auch Kommandos nicht vor den Folgen sprachlicher Probleme.
    Die Mannschaft solcher Schiffe (Unternehmen) war in Gruppen mit unterschiedlichen Aufgaben und Anforderungen unterteilt. Ein Großteil der Mannschaft wurde erst kurz vor der Überfahrt angeheuert und oft während der Fahrt (nach dem Grundsatz: „Mach erst mal, dann wirst Du schon sehen“) ausgebildet. Auch dabei wurde gruppenspezifisches Fachwissen an andere Gruppen nur nebenbei oder zufällig weitergegeben. Im Ernstfall hatten Mitglieder der Besatzung aus diesem Grund oft große Mühe, wenn sie plötzlich eine neue Position am Schiff einnehmen sollten, weil ein Kollege ausgefallen war. Sie hatten meist eine ganze Hin- und Rückfahrt lang bestimmte Bereiche des Schiffes nie betreten dürfen und hatten nie die Möglichkeit, bestimmte Geräte einmal selbst auszuprobieren.
    Geriet nun so ein Rahsegler, zum Beispiel in Nähe einer Steilküste, in einen auflandigen Sturm, so waren rasch konkrete Gefahren gegeben. Dann mussten oft kurz hintereinander Kursänderungen vorgenommen, Segel gerefft oder gesetzt, verrutschte Ladungen gesichert und Notreparaturen vorgenommen werden. Wenn dann noch der eine oder der andere aus der Mannschaft wegen einer Verletzung ausfiel, war schnell das Chaos komplett. Erst dann, in der Notsituation, entstand, um zu überleben, so etwas wie eine Zweckgemeinschaft . Gemeinschaften diese Art funktionieren aber meist nur bei konkreten, kurzfristigen Aktionen. Um die Crew aber lernen zu lassen, was ein Team ist, das vorausschauend füreinander permanent
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