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Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman
Autoren: Matt Beynon Rees
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jederzeit verfügte. Die Colonnas gehörten zu den mächtigsten Familien Roms.
    «Ich verstehe.» Scipiones Bewegungen verlangsamten sich, als benötigte er seine gesamte Kraft, um die politischen Vorteile zu ermessen, die ihm durch den Künstler entstünden.
    «Er kam vor mehr als zehn Jahren zu mir», sagte del Monte. «Ich überließ ihm ein Zimmer und ein Studio und einen Platz am Tisch der Musiker und Männer der Wissenschaft, die ich aushalte.»
    «Die toskanische Botschaft hat sich unter Eurer Führung den Ruf eines Orts der Kunst und Vernunft schlechthin erworben. Hat Caravaggio keinen anderen Schirmherrn?»
    Del Monte konnte kaum ein Lächeln unterdrücken.
Er will wissen, wen er sonst noch um die Ecke bringen muss, um über Caravaggio zu verfügen. Dieser Mensch hat es noch eiliger, als ich dachte
. «Die Familie Mattei hat einige Werke in Auftrag gegeben.»
    Scipiones Arithmetik von Rang und Geltung schien sich auf seinen Gesichtszügen abzuzeichnen, als würde er seine Gleichungen als Fresken ausführen. «Kardinal Mattei ist –» Er verdrehte fragend das Handgelenk, als ob es ungehörig sei, die Frage auszusprechen.
    «Kein Kunstliebhaber. Aber seine Brüder sind große Bewunderer Caravaggios und neigen dazu, Geld für Vergnügungen auszugeben, die sich der hochwürdige Kardinal nicht gestattet.» Del Monte wartete, bis Scipione begriff, welche Beziehungen er mit dem Geschenk eines Gemäldes untermauern oder wessen Galerie er durch Beschlagnahme um eins von Caravaggios Werken erleichtern konnte.
    Ich werde ihm gestatten, selbst dahinterzukommen, wie viele andere Verbindungen Caravaggio in den zwölf Jahren seines Aufenthalts hier geknüpft hat
, dachte del Monte. Scipione würde früh genug Kenntnis bekommen von den Aufträgen des Marchese Giustiniani, des Bankiers Don Ottavio Costa und Monsignore Barberinis, von dem viele glaubten, dass er eines Tages Papst werden würde. Und was die Werke in der Sammlung der Dame Olimpia Aldobrandini anbelangte, hielt er es für besser, zu schweigen. Sie war die Nichte des alten Papstes Clemens, dessen Familie Scipione um allen Einfluss und Reichtum zu bringen versuchte, seitdem nun sein Onkel im Vatikan herrschte. «Trotz all seiner Bewunderer steht Maestro Caravaggio immer noch unter meiner ausschließlichen Protektion.»
    Scipione zwirbelte seinen Schnurrbart, als wollte er sich überden Wert solcher Sicherheit, die del Monte dem Künstler bot, lustig machen. «Ich wette, er braucht Euch als Bürgen, wenn er verhaftet und betrunken in den Tor di Nona geworfen wird.»
    «Es ist bekannt, dass er bei solchen Gelegenheiten meinen Schutz in Anspruch genommen hat. Wie Ihr schon sagtet: Diese Künstler sind raue Gesellen. Sein Werk ist allerdings unvergleichlich.»
    Sie erreichten das Treppenende. «Meine eigene Sammlung befindet sich hier», sagte del Monte. «Sie umfasst auch sieben Leinwände unseres Maestros Michelangelo aus Caravaggio. Bitte, Eure Durchlaucht, hier entlang.»
    Er zog Scipione in eine geräumige Galerie. Die Wände waren fast bis zur Decke mit Gemälden bedeckt. Die besten hingen auf Augenhöhe und waren durch grüne Vorhänge vor Sonne und Fliegendreck geschützt. Die Kardinäle gingen durch den Raum. Del Monte griff zu einer gelben Brokatkordel, um einen der Vorhänge aufzuziehen.
    ∗
    Ein junges Dienstmädchen schrubbte Bienenwachs auf die Terrakottafliesen des Palazzos, als ein Mann von Mitte dreißig den Fuß der Treppe erreichte. Sie hockte sich auf die Fersen, wischte sich über die Stirn und schob sich eine rotbraune Haarsträhne hinters Ohr. Auf ihren Zügen brüteten Groll und Schicksalsergebenheit, die der Mann aus all den Jahren, während deren er in den Palästen reicher Mäzene gewohnt hatte, nur allzu gut kannte, obwohl er spürte, dass sich in diesem Fall weder Bitterkeit noch ein Zusammenbruch ankündigten. Aus ihrer olivenfarbenen Haut, den scharf geschwungenen Augenbrauen und der schrägen Nase schloss er, dass sie aus dem Süden kam, wo die Leute von frühen griechischen Kolonisten der italienischen Halbinsel abstammten. Ihre Hände starrten vor Dreck. Jedereinzelne Fingernagel war mit einem schwarzen Schmutzrand bekränzt.
    Eine auf dem Forum Romanum ausgegrabene Herkules-Statue bewachte den Fuß der Treppe. Der Mann warf sich den Schoß seines kurzen, schwarzen Umhangs über die Schulter und lehnte sich gegen die Steinfigur. Für gewöhnlich war sein Gesichtsausdruck abweisend, forsch und stolz, und deshalb begriff er, als er
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