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Mit 13 hat man täglich Ärger

Mit 13 hat man täglich Ärger

Titel: Mit 13 hat man täglich Ärger
Autoren: Tina Caspari
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Puppenaugen auf, dann wirbelte das Geschöpf an ihr
vorbei zu dem in der Mitte noch unbesetzten Platz.
    Ihr Auftritt hatte wie eine
Explosion gewirkt. Aus allen Ecken tönte es „Petra!“ — „Hallo Petra, wie
geht’s?“ — „Petra, ich hab schon Angst gehabt, du schaffst es nicht mehr!“ Die
Mädchen sprangen von ihren Sitzen, umringten die offensichtlich Angebetete,
versuchten, ihre Aufmerksamkeit zu erringen, eine Antwort, wenigstens ein
Lächeln zu erhaschen.
    Ich hab noch nie im Leben so
was Idiotisches gesehen, dachte Katja. Sie starrte mit offenem Mund auf den
Tumult, bis ihr „Klemmentine“ einfiel und sie erschrocken die Lippen
zusammenpreßte.
    Was war an dieser Petra so
Besonderes?
    Auf den ersten Blick
unterschied sie sich in nichts von den anderen. Sie war hübsch, ja, aber das
waren viele der anderen Mädchen auch. Sie mußte sehr großzügige Eltern haben,
denn daß der himbeerfarbene Jeansanzug aus einem teuren Laden stammte, war
nicht zu übersehen. Und dann die anderen Kinkerlitzchen: die modische
Schultasche, der Gürtel, die klirrenden Armreifen. Diese Petra mußte ihr ganzes
Taschengeld in Modeboutiquen verpulvern. Na, wenn schon. Wenn’s ihr Spaß
machte.
    Aber das war es gar nicht, was
Petra so auffallend machte. Es lag wohl an ihrer Art zu sprechen, sich zu
bewegen. Katja hatte noch nie einen Filmstar aus der Nähe gesehen, aber
ungefähr so stellte sie sich Sophia Loren vor, wenn sie aus dem Flugzeug stieg
und von Reportern umringt wurde. Jede Bewegung dieser Petra war einstudiert,
jedes Lächeln bewußt gesetzt, nichts war zufällig. Sie mußte ein Wunder an
Selbstsicherheit sein.
    Na ja, wer angibt, hat mehr vom
Leben, dachte Katja. Sie interessierte sich nicht im geringsten für Petra.
    Der Aufruhr wurde durch das
Erscheinen des Klassenlehrers unterbrochen.
    „Guten Morgen, meine Damen!“
    Herrn Seiferts Stimme hatte den
Klang einer sehr hellen Fanfare, und Katja, die der Tür den Rücken zugedreht
hatte, erschrak heftig, als sie plötzlich so dicht neben ihr erscholl.
    „Guten Morgen! Grüß Gott, Herr
Seifert!“ kam die Antwort von den Mädchen, und jede beeilte sich, auf ihren
Platz zu kommen.
    Katja musterte den Lehrer
vorsichtig von der Seite. Ein schmaler, blasser Mann, noch jung, mit Spitzbart
und Halbglatze. Er trug eine randlose Brille, und seine Augenfarbe erinnerte an
frisches Badewasser. Sein Anzug strömte einen so starken Tabakgeruch aus, daß
Katja unwillkürlich von ihm abrückte.
    Schön bist du nicht gerade,
dachte sie, da haben wir wenigstens was gemeinsam. Hauptsache ist schließlich,
du hast Humor.
    Herr Seifert begrüßte Katja,
nahm sie beim Arm und führte sie zum Katheder.
    „So — da haben wir ja unseren
Zuwachs. Sei so nett und stell dich deinen Kameradinnen vor, sie beißen nicht.“

    Auch das noch! Katja schluckte.
    „Ich bin Ka ...“, sie mußte
sich räuspern.
    Im Hintergrund wurde gekichert
und getuschelt.
    „Sie scheinen doch zu beißen“,
sagte Herr Seifert leise. „Moment mal. Ingrid, würdest du uns bitte erzählen,
was euch so erheitert?“
    Ingrid erhob sich mit rotem
Kopf und schwieg beharrlich.
    „Also noch mal von vorn. Dies
ist eure neue Klassenkameradin Katharina Steinebach, die ...“
    Johlendes Gelächter unterbrach
ihn.
    „Ihr seid äußerst unhöflich,
meine Lieben, das ist wirklich kein schöner Empfang für Katharina. Ich finde,
ihr seid ihr eine Erklärung schuldig. Na?“
    Das Kichern und Glucksen wollte
kein Ende nehmen. Schließlich erhob sich in der letzten Reihe ein pummeliges
Geschöpf mit einem dunklen Wuschelkopf und blitzenden braunen Augen. Unter
Lachen stieß sie hervor: „Ja, entschuldigen S’, Herr Seifert, aber wir ham
g’meint, des is a Bub!“
    Diesmal wieherte die ganze
Klasse.
    Herr Seifert stöhnte. Dann
reichte er Katja noch einmal herzlich die Hand.
    „Mach dir nichts draus,
Mädchen. Willkommen in unserem Kindergarten. Du wirst sehen, sie sind gar nicht
so schlimm. Wie wirst du genannt — Katharina?“
    „Katja!“
    „Also Katja, ich hoffe, du
wirst dich bei uns wohl fühlen. Setz dich da drüben ans Fenster.“
    Katja stakste mit steifen
Beinen zu dem freien Platz. Der Unterricht begann. Hausaufsätze wurden
eingesammelt, dann ließ Herr Seifert die Englischbücher aufschlagen.
    Katja saß wie betäubt, zu viel
ging ihr durch den Kopf. Sollte sie wütend oder stolz sein, daß man sie für
einen Jungen gehalten hatte? Das häßliche Lachen kränkte und verwirrte sie,
auch jetzt noch
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