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Miss Pettigrews grosser Tag

Titel: Miss Pettigrews grosser Tag
Autoren: Winifred Watson
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Kinder versteckt hielt, aber es beschlichen sie ernsthafte Zweifel, ob ihre willige Mithilfe bei Lug und Trug für eine Mutter eine Empfehlung darstellen mochte. Mütter waren äußerst eigen, wenn es um ihre Kinder ging. Was im einen Fall recht war, musste im anderen durchaus nicht billig sein.
    »Wegen …«, setzte Miss Pettigrew zaghaft an.
    Miss LaFosse sah gespannt auf.
    »Ist alles in Ordnung?«
    »Absolut«, sagte Miss Pettigrew. »Seien Sie unbesorgt.«
    »Ach, Sie Engel!« Miss LaFosse beugte sich impulsiv vor und gab ihr einen weiteren Kuss, woraufhin zwei Tröpfchen auf Miss Pettigrews ineinandergekrampfte Hände fielen und zwei weitere ihr über die Wangen rannen. Miss Pettigrew errötete zart.
    »Ich -«, brachte sie zu ihrer Entschuldigung vor, »ich habe in meinem Leben nicht allzu viel Zuneigung erfahren.«
    »Oh, Sie armes Ding«, sagte Miss LaFosse freundlich. »Mich hat man immer damit überschüttet.«
    »Das freut mich«, sagte Miss Pettigrew.
    Damit waren sie Freundinnen, und Miss LaFosse sah taktvoll über die Tränen hinweg.
    »Wegen …«, versuchte Miss Pettigrew es erneut.
    »Sie sind so wunderbar verständnisvoll«, unterbrach Miss LaFosse sie voller Begeisterung. »Das habe ich sofort gespürt. Auf meinen ersten Eindruck kann ich mich immer verlassen. Das ist eine Frau, dachte ich mir, die eine andere Frau niemals im Stich lassen würde.«
    »Nein. Das würde ich nicht tun«, sagte Miss Pettigrew.
    »Ich wusste es. Ich habe Ihre Liebenswürdigkeit schon weit über Gebühr in Anspruch genommen, ich weiß, aber meinen Sie, Sie könnten vielleicht noch ein Weilchen dableiben?
Weil doch Nick jede Minute hier sein kann. Ich wäre Ihnen so dankbar.«
    »Dableiben«, wiederholte Miss Pettigrew.
    »Ja.« Miss LaFosses Stimme nahm einen flehentlichen Unterton an.
    »Wenn... wenn ich denn irgendwie behilflich sein könnte«, sagte Miss Pettigrew.
    »Verstehen Sie, Nick ist ein sehr gefährlicher Mensch. Deswegen soll er ja auch nichts von Phil erfahren. Er hat mehr Geld als Phil. Er hat mehr Einfluss als Phil. Er könnte Phil mit Leichtigkeit Schaden zufügen. Das kann ich nicht zulassen. Das wäre nicht fair. Schließlich habe ich mit Phil angebandelt. Phil will mich protegieren. Nick nicht. Dafür ist er zu eifersüchtig. Er rührt keinen Finger für meine Karriere, und wenn man einen Mann auch noch so mag, man will doch auch Karriere machen. Deshalb kann ich nicht zulassen, dass Nick versucht, Phil Schaden zuzufügen.«
    »Nein«, stimmt Miss Pettigrew resolut zu. »Das wäre nicht fair.«
    »Ich weiß alles, was es über Nicks schlechte Seiten zu wissen gibt, aber es nützt nichts. Wenn er da ist, kann ich ihm nicht widerstehen. Dabei versuche ich es schon so lange. Er war drei Wochen fort, und ich habe es glänzend überstanden, darum dachte ich, jetzt oder nie ist der Zeitpunkt gekommen, ihm den Laufpass zu geben. Und deshalb möchte ich so gern, dass Sie dableiben. Stehe ich ihm allein gegenüber, bin ich verloren. Ich merke ja schon jetzt, wie es in mir zu kribbeln anfängt. Und wenn ich schwankend werde, und das werde ich, dann sollen Sie statt meiner stark bleiben.«
    Mit einem Schlag war Miss Pettigrew alles entfallen, was sie ursprünglich hergeführt hatte. Zum ersten Mal seit zwanzig Jahren legte man Wert auf ihre Person und nicht
allein auf ihre dürftigen erzieherischen Fähigkeiten. Zum ersten Mal in zwanzig Jahren war sie sie selbst, eine Frau und kein bezahlter Automat. Der Stolz stieg ihr derart zu Kopf, dass sie Miss LaFosse noch weit ärgere Sünden verziehen hätte als die, sich von zwei jungen Männern den Hof machen zu lassen (so formulierte sie es im Stillen).
    »Für gewöhnlich denke ich nicht im Traum daran, Ratschläge zu erteilen«, sagte Miss Pettigrew, »aber ich bin um ein gutes Stück älter als Sie und werde darum die Mutterrolle übernehmen. Wenn Sie sich vor diesem zweiten jungen Mann fürchten, wäre es dann nicht ein Leichtes, die Verbindung zu ihm abzubrechen? Er kann Ihnen ja doch nichts tun . Halten Sie sich das fest vor Augen.«
    »Ich weiß«, sagte Miss LaFosse trübselig, »aber Sie verstehen es immer noch nicht ganz.«
    »Bisher war ich stets der Ansicht, über eine rasche Auffassungsgabe zu verfügen«, behauptete Miss Pettigrew wider bessere Überzeugung.
    »Die haben Sie auch«, pflichtete Miss LaFosse ihr bei. »Ich werde es Ihnen schon noch begreiflich machen.«
    Sie beugte sich vor und blickte Miss Pettigrew ernst an.
    »War Ihnen jemals flau
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