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Miss Marples letzte Fälle

Miss Marples letzte Fälle

Titel: Miss Marples letzte Fälle
Autoren: Agatha Christie
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Verstandes.
    »Er sagte ›bitte‹ zu mir, ehe er starb«, sagte Bunch. »Er wollte, dass ich etwas für ihn tun sollte. Das Schreckliche ist, ich habe keine Ahnung, was das sein könnte.«
    Miss Marple überlegte ein Weilchen, und dann kam sie auf einen Punkt, der auch Bunch schon so oft durch den Kopf gegangen war. »Aber warum ist er überhaupt nach Chipping Cleghorn gekommen?«, fragte sie.
    »Du meinst, wenn er des Asylrechts bedurfte, hätte er in jede x-beliebige Kirche gehen können. Er hätte es nicht nötig gehabt, einen Bus zu nehmen, der nur viermal am Tage fährt, um in unseren kleinen, verlassenen Ort zu fahren.«
    »Er muss einen Grund dazu gehabt haben«, dachte Miss Marple laut. »Er muss dorthin gefahren sein, um jemand zu treffen. Chipping Cleghorn ist doch keine große Stadt, Bunch. Vielleicht fällt dir jemand ein, den er hätte treffen wollen?«
    Bunch ließ die Einwohner des Ortes an ihrem geistigen Auge vorüberziehen, dann schüttelte sie hoffnungslos den Kopf. »Da ich den Grund nicht weiß, könnte es ja jeder sein«, sagte sie.
    »Hat er nicht einen Namen genannt?«
    »Doch ja, er sagte Julian, oder so ähnlich. Es könnte auch Julia gewesen sein. Aber soweit ich weiß, gibt es keine Julia in Chipping Cleghorn.«
    Sie schloss die Augen, um sich intensiver an die Szene erinnern zu können. Da lag der Mann auf den Altarst u fen, die Sonne schien durch das Fenster, dessen rotes und blaues Glas wie Juwelen leuchtete.
    »Juwel«, sagte Bunch plötzlich. »Vielleicht war es das, was er gesagt hat. Das Licht, das durch das bunte Fenster floss, glänzte wie Juwelen.«
    »Juwel«, sagte Miss Marple nachdenklich.
    »Jetzt komme ich auf das Allerwichtigste überhaupt«, sagte Bunch. »Weißt du, weswegen ich hauptsächlich zu dir gekommen bin? Die Eccles wollten unbedingt den Mantel haben. Wir hatten ihn ihm ausgezogen, als der Arzt ihn untersuchte. Es war ein alter, schäbiger Mantel, und es war unverständlich, warum sie so sehr darauf b e standen. Sie gaben vor, es seien sentimentale Gründe, aber das ist Unsinn.
    Jedenfalls ging ich, um ihn zu holen, und als ich die Treppe hinaufging, fiel mir wieder ein, dass der Mann sterbend Bewegungen machte, als ob er etwas aus dem Mantel herausholen wollte. Als ich dann den Mantel in der Hand hatte, untersuchte ich ihn sehr sorgfältig und bemerkte, dass an einer Stelle die Naht mit einem and e ren Faden genäht worden war. Ich trennte also auf und fand ein kleines Stück Papier. Ich nähte alles wieder sa u ber zu. Ich war vorsichtig und denke nicht, dass die Ec c les etwas bemerkt haben. Aber ich glaube es nur, ich weiß es nicht. Und dann brachte ich ihnen den Mantel mit irgendeiner Entschuldigung für meine Verspätung.«
    »Und das Stück Papier?«, fragte Miss Marple.
    Bunch öffnete ihre Handtasche. »Julian weiß nichts d a von«, sagte sie, »denn er hätte bestimmt gesagt, ich müs s te das den Eccles geben. Aber ich hielt es für besser, es zunächst dir zu zeigen.«
    »Ein Gepäckaufbewahrungsschein«, sagte Miss Marple, und nach genauerem Hinsehen: »Vom Bahnhof Paddin g ton.«
    »Er hatte eine Rückfahrkarte von London nach Pa d dington in der Tasche«, sagte Bunch.
    Die Blicke der beiden Frauen trafen sich.
    »Da muss etwas geschehen«, sagte Miss Marple lebhaft. »Aber es ist wohl ratsam, vorsichtig vorzugehen. Hättest du überhaupt gemerkt, wenn du heute in London verfolgt worden wärest, liebe Bunch?«
    »Verfolgt?«, rief Bunch aus. »Du glaubst doch wohl nicht im Ernst – «
    »Doch, ich halte das durchaus für möglich«, sagte Miss Marple. »Und deshalb sollten wir Vorsichtsmaßnahmen treffen.« Sie stand flink auf. »Angeblich bist du doch hierher gekommen, um Besorgungen zu machen. Darum halte ich es für das beste, dass wir jetzt gemeinsam diese Einkäufe erledigen. Aber bevor wir das Haus verlassen, möchte ich ein, zwei kleine Vorbereitungen treffen. Ich schätze«, fuhr sie geheimnisvoll fort, »dass ich den alten Tweedmantel mit dem Biberkragen vorläufig nicht bra u che.«
    Eineinhalb Stunden danach ließen sich die beiden D a men, völlig erschöpft, bepackt mit Päckchen und Paketen voller mühsam erkämpfter Wäschestücke, in einem kle i nen und abgelegenen Gasthaus mit dem Namen »Apple Bough«, nieder, um ihre Kräfte bei Steak und Nierenpa s tete, gefolgt von Apfeltorte und Eiscreme zu restaurieren.
    »Wirklich eine feine Qualität, diese Handtücher«, japste Miss Marple außer Atem. »Auch noch mit einem J als
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