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Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser

Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser

Titel: Miss Daisy und der Tote auf dem Wasser
Autoren: Carola Dunn
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daß er eines Tages Bott zu-sammenschlägt.«
    »Ach, Bott! Meinetwegen kann er Rührei aus Botts Hirn machen. Hauptsache, er wartet damit, bis die Regatta vorbei ist.«
    »Aber Cherry, der ist doppelt so groß wie Bott«, protestierte Dottie.
    »Das wird ihn wohl kaum bremsen«, sagte Rollo. »Da kann sein alter Herr ein Earl sein, solange er will: so wie der Filius Damen links und rechts beleidigt, dürfte doch wohl offensichtlich sein, daß er kein Gentleman ist. Und auf Bott hat er es ja richtiggehend abgesehen.«
    »Bott ist auch kein Gentleman«, murmelte Cherry, »selbst wenn er ein vermaledeites Genie ist.«
    »Ach, Liebling!« Dottie stellte sich auf die Zehenspitzen und küßte ihn auf die Wange. »Botts Intelligenz ist doch das einzige, was ich an ihm bewundere. Den würde ich nicht für eine Million Pfund in bar heiraten. Man stelle sich doch nur vor: ich als Mrs. Dottie Bott!«
    Alles lachte, und man ging ins Haus.
    20

    2

    Als der Tee auf der Terrasse serviert wurde, war die ganze Mannschaft versammelt. In Flanellhosen und Blazern wirkten die jungen Männer auf Daisy wesentlich handlicher, als hätten sich ihre Proportionen verschoben. Dennoch war sie sich auch nach der Vorstellungsrunde nicht sicher, ob sie alle voneinander würde unterscheiden können, wenn sie ihnen andernorts begegnete.
    Cherry und Rollo nahm sie nicht nur wegen der besonderen Beziehung zu ihrer Cousine deutlicher als die anderen wahr, wurde ihr bewußt. Sie waren älter, ungefähr so alt wie sie selbst, und hatten im Großen Krieg gedient, bevor sie zum Studium nach Oxford gingen. Jetzt studierten sie im dritten Jahr, genau wie Horace Bott und Basil DeLancey. Alle anderen waren Erstsemester oder im zweiten Studienjahr.
    Man machte es sich allgemein auf der Terrasse gemütlich, manche saßen auf Gartenstühlen und Bänken, andere hatten sich auf die Kissen gelagert, die auf die bunten Fliesen der Terrasse gelegt worden waren. Tish hatte die Rolle der Gastgeberin an der Teekanne übernommen, da ihre Mutter nicht erschienen war.
    »Soll ich mal Tante Cynthia suchen?« bot Daisy an. Sie machte sich plötzlich Sorgen beim Gedanken an die Flecken auf Lady Cheringhams Bluse.
    Tabakwasser klang nicht sehr gefährlich, so giftig der Gestank billiger Zigaretten auch sein mochte. Aber das Mittel mußte Nikotin enthalten, und das wiederum war unter bestimmten Umständen ein tödliches Gift. Seit der Geschichte in der Albert Hall war ihr das nur zu deutlich bewußt, und nach dem Mord dort hatte sie ein Buch über Gifte gelesen.
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    Obwohl sie sich an die Einzelheiten nicht mehr erinnern konnte, war ihr das immerhin noch im Gedächtnis geblieben.
    »Ich hab vorhin Lady Cheringham vorne im Garten gesehen, als ich herunterkam«, sagte Rollo. »Sie attackierte gerade einen der Buchsbaum-Schwäne mit der Gartenschere.«
    »Mutter ist unendlich begeistert, jetzt einen richtigen eng-lischen Garten zu haben. Man kann sie nur mit Mühe davon loseisen«, erklärte Tish.
    Cherry grinste. »Und Onkel Rupert kriegt man von seinem Manuskript nicht weg. Wußten Sie schon, daß er seine Me-moiren schreibt, Daisy? Das scheint geradezu Pflicht für pen-sionierte Verwaltungsbeamte aus den Kolonien zu sein. Ist wohl so ein Tick wie die Angewohnheit, ihren Häusern gräß-
    liche Namen wie ›Bulawayo‹ zu geben. Ich bring ihm mal eine Tasse. Bei dieser Invasion wäre ja alles Personal der Welt überfordert.« Er machte eine nachlässige Handbewegung zu seinen Mannschaftskameraden hin, die Tee, Kuchen und Sandwiches eifrig zusprachen.
    »Ich geh mal«, sagte Daisy. »Onkel Rupert habe ich noch gar nicht guten Tag gesagt. Gurkensandwiches schmecken ihm doch besonders, erinnere ich mich richtig?«
    Sie fing gerade an, auf einem Teller die dünn geschnittenen, krustenlosen Weißbrot-Dreiecke anzuhäufen, als Tish, die Teekanne noch in der Hand, sie bremste.
    »Ich fürchte, Daddy ist geflüchtet«, sagte sie mit einem solchen Schuldbewußtsein in der Stimme, als sei sie persönlich verantwortlich dafür, daß ihr Vater seinen Pflichten als Gastgeber nicht nachkam. »Er meinte, wenn Dutzende von Sportlern in seinem Haus herumtrampeln, käme er nicht zum Schreiben.
    Also hat er sein Opus magnum gepackt und ist zu seinem Club aufgebrochen. Bister hat ihn zum Bahnhof gebracht, als er dich abgeholt hat. Du hast ihn wahrscheinlich knapp verpaßt.«
    Cherry lachte, nur Rollo wirkte betrübt.
    »Verflixt, das tut mir aber wirklich leid, Tish«, sagte er. »Du hättest nur
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