Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Milchfieber

Milchfieber

Titel: Milchfieber
Autoren: Thomas B. Morgenstern
Vom Netzwerk:
durch die Reihen der gaffenden Feuerwehrmänner und versuchte Voß von Horst wegzudrängen, aber Voß hielt dagegen und versuchte weiter Winklers klammernde Faust zu lösen.
    „Horst!“, schrie Voß erbost, „Lass sie los, du Idiot!“
    „Sie soll da bleiben!“, sagte Horst mit tonloser Stimme. „Ich will sie behalten.“
    Voß war entgeistert: „Horst!“, sagte er eindringlich und bemühte sich, leise zu sprechen, was ihm bei seiner dröhnenden Stimme schwer fiel, „Horst, das ist eine Stripperin, nicht, was du denkst!“
    „Horst!“, sagte Allmers bestimmt, aber er war trotz seines forschen Auftretens genauso ratlos wie Dietmar Voß. „Horst, du musst sie loslassen, das gibt sonst richtig Ärger!“
    Horsts trauriger Blick, eine Mischung aus Melancholie und Verbitterung ging Allmers sehr nahe. Horst begannen Tränen in die Augen zu schießen. Schließlich ließ er sie los.
    Bevor sie in den Nebenraum verschwand, sagt die Frau noch so leise, dass nur er es hören konnte: „Da musst du schon mehr hinblättern.“
    Horst konnte sich nur schwer beruhigen. Er setzte sich abseits an einen leeren Tisch und als Peter Gerlach sich zu ihm setzte, wollte Horst nicht mit ihm reden. Er atmete schwer und hatte vor Aufregung immer noch einen roten Kopf.
    „Ich mache dir einen Vorschlag“, hörte Allmers Peter Gerlach sagen. Horst Winkler sah ihn an und sagte nichts. Gerlach beugte sich vor und sprach so leise, dass Allmers nichts mehr verstand.
    Irgendwann, Gerlach hatte lange Zeit auf ihn eingeredet, nickte Winkler.
    Gerlach stand zufrieden auf, klopfte ihm jovial auf die Schulter und setzte sich an einen anderen Tisch.
    Allmers rätselte den ganzen Abend erfolglos, was die beiden verabredet haben könnten.

Kapitel 1
    Als Allmers erwachte, fand er sich nicht zurecht. Er liebte sonst dieses langsame Eintauchen in die Wirklichkeit des Tages, die Geräusche, die langsam in sein Bewusstsein drangen und die Gerüche des eigenen Hauses, die das Wachwerden begleiteten. Aber heute war es anders. Es roch säuerlich, das Bett war unbequem und jede Bewegung schmerzte. Fieberhaft überlegte er, wo er sein könnte, erinnerte sich sekundenschnell an die Male, in denen er nicht zu Hause aufgewacht war. Erinnerte sich an Übernachtungen in fremden Betten, fremden Zimmern und an das Erwachen neben Frauen, die er kaum kannte. Nichts davon schien hier zu zutreffen. Es war taghell und die Wand, auf die er mit seinen noch fast geschlossenen Augen blinzelte, war weiß gestrichen, durch kein Bild verschönt, durch kein Möbelstück gegliedert.
    Er öffnete die Augen ganz und erschrak, als er feststellte, dass er sich vermutlich in einem Krankenhaus befand. Allmers drehte den Kopf zum Fenster und stöhnte auf. Der Schmerz in seinem Kopf war fast unerträglich. Er war so stark wie er es selten erlebt hatte. Der Schmerz hämmerte förmlich in seinem Kopf und machte ihn bewegungsunfähig.
    Erst nach einer halben Stunde wagte er es, sich zur anderen Seite zu drehen. Er sah auf ein leeres Bett. Das Zimmer erinnerte ihn an den Raum, auch in einem Krankenhaus, in dem sein Vater gestorben war. Es war ebenso trostlos und öde gewesen, wie dieses: kein Bild an der Wand, nicht das geringste Zeichen einer Unordnung oder von etwas, was darauf hin deuten würde, dass sich in diesem Zimmer ein Mensch befand. Sein Nachtisch war aufgeräumt, es standen keine Blumen, kein Glas Wasser und es lag kein Buch darauf.
    Über ihm hing ein Plastikdreieck, an dem er sich wohl hochziehen sollte, wenn er es gekonnt hätte. Er brach schon den ersten Versuch ab. Die Schmerzen waren zu stark. Er schloss die Augen, weil er das helle Licht nicht mehr ertragen konnte und fiel in einen Dämmerzustand.
    Allmers wartete. Er wusste nicht auf wen oder worauf, er lag einfach nur da und wartete. Schließlich schlief er ein.
    Als er das nächste Mal erwachte, war es Nacht geworden. An seinem Bett brannte ein winziges Licht, das den Raum ein wenig erhellte, sodass Allmers sah, dass sich nichts verändert hatte.
    Von dem Dreieck, das über seinem Kopf hing, baumelte der Schalter, um die Schwester oder den Pfleger zu alarmieren.
    Allmers nahm den weißen Kasten vorsichtig in die Hand und drückte den roten Knopf.
    Ein paar Minuten später öffnete eine ältere Frau in einem weißen Kittel vorsichtig die Tür und schlich, ohne das Licht anzumachen, an sein Bett.
    „Herr Allmers?“ fragte sie leise, „sind Sie wach?“
    Allmers nickte und stellte erleichtert fest, dass die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher