Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter

Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter

Titel: Midkemia Saga 06 - Des Königs Freibeuter
Autoren: Raymond Feist
Vom Netzwerk:
Zimmerflucht aus zwei Zimmern, mit beträchtlichen Wandschränken und einem eigenen Ankleidezimmer. Er zog sich rasch die nassen Sachen aus und trocknete sich ab. Dabei drehte er sich um und betrachtete sich in dem großen Spiegel, einem Luxus von kaum ermeßlichem Wert, da er aus versilbertem, aus Kesh eingeführtem, Glas gemacht war. Sein Körper – der eines Jungen auf dem Wege zum erwachsenen Mann – veränderte sich: Brust und Schultern wurden zusehends breiter, die Körperhaare wuchsen wie bei einem Mann, und er mußte sich schon täglich rasieren. Doch sein Gesicht war immer noch das eines Jungen, ihm fehlten jene Züge, die nur die Zeit mit sich bringt.
    Als er sich abgetrocknet hatte, betrachtete er seinen linken Fuß, wie er das bislang an jedem Tag seines Lebens getan hatte. Am Ende seines ansonsten gutgeformten linken Beins saß ein Fleischklumpen mit winzigen Auswüchsen, die eigentlich die Zehen hätten werden sollen. Der Fuß war seit Nicholas’ Geburt immer wieder von Ärzten und Magiern behandelt worden, war jedoch nie geheilt. Obwohl er genauso viel Gefühl in ihm hatte wie in seinem rechten, konnte Nicholas nur schwer mit ihm umgehen; die Muskeln waren falsch mit den verwachsenen Knochen verbunden und konnten die Aufgaben, die ihnen die Natur zugedacht hatte, kaum erledigen. Wie die meisten Menschen mit einem lebenslangen Gebrechen hatte Nicholas die Behinderung weitestgehend verdrängt und war sich ihrer nur selten bewußt. Er hinkte lediglich leicht. Trotzdem war er ein exzellenter Fechter, vielleicht ebensogut wie sein Vater, den man für den besten im Westlichen Reich hielt. Dem Schwertmeister des Palastes zufolge war Nicholas längst ein besserer Fechter, als es seine beiden Brüder in seinem Alter gewesen waren. Genauso konnte er auch tanzen, wie man es in seinem Amt – er war der Sohn des Herrschers des Westlichen Reiches – erwartete, nur eine Sache konnte er nie wirklich verdrängen: dieses nagende Gefühl, weniger wert zu sein, als er eigentlich sollte.
    Nicholas war ein gewinnender, nachdenklicher Junge, der die ruhige Einsamkeit der Bibliothek seines Vaters der Ausgelassenheit der meisten Jungen seines Alters vorzog. Er war ein hervorragender Schwimmer, ein guter Reiter und, zusätzlich zu seinen Fähigkeiten mit dem Schwert, ein ansehnlicher Bogenschütze, doch trotzdem war er sich sein ganzes Leben lang unzulänglich vorgekommen.
    Manchmal fühlte er sich, als wäre er gescheitert, und ein quälendes Schuldgefühl drängte sich ihm auf, und oft verfiel er dann in dumpfes Brüten. In Gesellschaft war er immer fröhlich und konnte wie jeder andere über einen Scherz lachen, doch wenn er allein war, machte sich der Kummer in ihm breit. Und das war der eigentliche Grund, weshalb Harry nach Krondor gekommen war.
    Während er sich ankleidete, schüttelte Nicholas amüsiert den Kopf. Seit einem Jahr war Harry sein Begleiter, und in diesem einen Jahr hatte der Junker sein zurückgezogenes Leben auf den Kopf gestellt, indem er den Prinzen dauernd in irgendwelche dummen Unternehmungen hineinzog. Mit der Ankunft des mittleren Sohnes des Grafen von Ludland war die Welt für Nicholas viel, viel aufregender geworden. Wegen seines Ranges und seiner miteinander wetteifernden Brüder war Harry kampflustig und erwartete Gehorsam, wobei er den Rangunterschied zwischen sich und Nicholas kaum zur Kenntnis nahm. Daran, daß Nicholas nicht sein jüngerer Bruder war, erinnerte er sich nur, wenn dieser deutlich einen Befehl aussprach. Der Hof des Prinzen war vielleicht der einzige Ort, an den sein Vater ihn hatte schicken können, damit Harry nicht zu einem regelrechten Tyrannen wurde.
    Nicholas kämmte sich das nasse, nasenlange Haar, das genauso wie das seines Vater geschnitten war. Indem er es abwechselnd kämmte und mit dem Handtuch trocknete, wurde er langsam wieder ansehnlich. Er beneidete Harry um seine roten Locken. Der brauchte sich nur kurz das Haar abzutrocknen und zu bürsten, dann war er fertig.
    Nicholas fand, er sähe so vorzeigbar aus, wie unter diesen Umständen möglich, und verließ das Zimmer. Er betrat den Gang, wo Harry bereits fertig angezogen wartete und versuchte, das nächste Dienstmädchen von der Arbeit abzuhalten.
    Harry trug die grün-braune Tracht, wie alle Junker des Palasts, die prinzipiell zum Stab des Haushofmeisters gehörten, doch er war schon wenige Wochen nach seiner Ankunft zu Nicholas’ Begleitung abgestellt worden. Die beiden älteren Brüder von Nicholas,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher