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Metro2033

Titel: Metro2033
Autoren: Unbekannt
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später für ihre Heldentat auf der gesamten Linie gerühmt wurden, kam die Draisine zum Stehen, bereit für einen weiteren Sprung. Auf ihr befanden sich die fünf Flüchtlinge von der Timirjasewskaja - und das Kind, das sie gerettet hatten. Ein Junge. Artjom.
    Die Ratten zogen sich zurück. Eine der letzten Erfindungen menschlicher Kriegskunst hatte ihren blinden Willen gebrochen. Der Mensch war schon immer ein besserer Mörder gewesen als jedes andere Lebewesen.
    Die Ratten wogten davon und kehrten in ihr Riesenreich zurück, dessen wahre Ausmaße niemand kannte. All diese Labyrinthe in unvorstellbarer Tiefe waren geheimnisvoll und, wie es schien, völlig bedeutungslos für das Funktionieren der Metro. Trotz der Beteuerungen ehemaliger Metro-Angestellten war es kaum vorstellbar, dass diese Gebilde von ganz gewöhnlichen Bauarbeitern errichtet worden waren.
    Von diesen Leuten, die früher in der Metro gearbeitet hatten und als echte Autoritäten galten, war kaum noch jemand übrig, weshalb sie umso höher geschätzt wurden. Sie waren als Einzige nicht in Panik ausgebrochen, damals, als die Menschen plötzlich die sichere Kapsel des Zuges verlassen mussten und sich in den dunklen Tunneln der Moskauer Untergrundbahn, dem felsigen Schoß der Metropole, wiederfanden. Alle Bewohner der Station brachten diesen Autoritäten größten Respekt entgegen und erzogen ihre Kinder in diesem Sinne. Vielleicht blieb der einzige Mann dieser Art, den Artjom je kennengelernt hatte, ein ehemaliger Hilfszugführer, ihm gerade deshalb für immer im Gedächtnis: ein ausgemergelter, hagerer Mann, verkümmert durch die jahrelange Arbeit unter der Erde, in der abgewetzten und ausgeblichenen Uniform eines Metro-Angestellten, die schon lange ihren Schick verloren hatte, aber immer noch mit demselben Stolz getragen wurde, mit dem ein Admiral a. D. sich seinen Paraderock anlegt.
    Artjom, damals noch ein junger Bengel, glaubte in der gebrechlichen Figur des Hilfszugführers eine unaussprechliche Größe und Kraft zu erkennen ...
    Kein Wunder: Die ehemaligen Mitarbeiter der Metro waren für die anderen Bewohner das, was eingeborene Führer für Teilnehmer wissenschaftlicher Dschungelexpeditionen waren. Man glaubte ihnen aufs Wort, verließ sich vollkommen auf sie, denn von ihrem Wissen und Können hing das Überleben der anderen ab. Als die einheitliche Führung der Metro zerfiel, sich dieses umfassende Zivilschutzobjekt, dieser riesige atombombensichere Luftschutzbunker, in eine Vielzahl einzelner Stationen aufsplitterte und mangels gemeinsamer Machtstrukturen in Chaos und Anarchie versank, übernahmen viele von ihnen die Leitung einer Station. Die Stationen wurden unabhängig und selbstständig. Es entstanden seltsame Zwergstaaten mit eigenen Ideologien, Regimen, Führern und Armeen. Sie bekriegten einander, schlossen sich zu Föderationen und Konföderationen zusammen. Heute noch aufstrebende Reiche, wurden sie schon am nächsten Tag von den ehemaligen Freunden oder Sklaven unterworfen und kolonisiert. Kurzfristig schlossen sie Bündnisse gegen gemeinsame Gefahren, doch sobald diese vorüber waren, fielen sie mit gleicher Heftigkeit wieder übereinander her. Blindwütig stritten sie sich um alles: Lebensraum, Lebensmittel - also Eiweißhefekulturen, lichtlose Pilzplantagen, Hühnerhöfe und Schweinefarmen, wo blasse, unterirdisch gezüchtete Schweine und schwindsüchtige Küken mit farblosen Pilzen gemästet wurden. Und natürlich um Wasser - das heißt, um die Filter. Die Barbaren unter ihnen, die ihre untauglich gewordenen Filteranlagen nicht reparieren konnten und an ihrem radioaktiv kontaminierten Wasser zugrunde gingen, rannten mit animalischer Wut gegen die Bollwerke der Zivilisation an - jene Stationen, wo Dynamomaschinen und kleine selbstgebaute Wasserkraftwerke ordnungsgemäß funktionierten, wo die Filter regelmäßig repariert und gereinigt wurden, wo sich, von sorgsamen Frauenhänden gezüchtet, weiße Champignonhüte durch feuchten Grund bohrten und die Schweine satt in ihren Koppeln grunzten.
    Getrieben wurden die Menschen in diesem endlosen, verzweifelten Kampf von ihrem Selbsterhaltungsinstinkt und dem ewig revolutionären Prinzip: »Nimm und teile!« Die Verteidiger der wohlhabenden Stationen, von ehemaligen Berufssoldaten zu schlagkräftigen Verbänden ausgebildet, hielten den Angriffen der Vandalen bis zum letzten Blutstropfen stand, gingen zum Gegenangriff über, kämpften um jeden Meter Tunnel zwischen den Stationen. Sie
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