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Metro2033

Titel: Metro2033
Autoren: Unbekannt
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Allerheiligstes unter Kontrolle bringen: die Station Ploschtschad Rewoljuzii. Zum einen wegen des Namens, »Platz der Revolution«, zum anderen aber auch, weil sie sich näher als jede andere Station beim Roten Platz und beim Kreml befand, auf dessen Türmen noch immer rubinrote Sterne prangten (zumindest wenn man den wenigen ideologisch gefestigten Draufgängern glauben konnte, die sich nach oben gewagt hatten, um einen Blick darauf zu werfen). Und dann stand dort, an der Oberfläche, neben dem Kreml, in der Mitte des Roten Platzes, natürlich das Mausoleum. Ob sich Lenins Leiche noch darin befand, wusste niemand, und es spielte auch keine Rolle mehr. In den langen Jahren der Sowjetherrschaft hatte sich das Mausoleum verselbstständigt, war von einer pompösen Grabstätte zu einem sakralen Symbol für die Kontinuität der Macht geworden. Von seinem Balkon aus hatten die großen Führer der Vergangenheit die Paraden abgenommen. Kein Wunder also, dass dieser Ort auf die jetzigen Führer die größte Faszination ausübte. Und man erzählte sich, dass von der Ploschtschad Rewoljuzii verborgene Gänge zu den Geheimlabors des Mausoleums und von dort zur Grabkammer Lenins führten.
    Die Roten hielten die Ploschtschad Swerdlowa, vormals Teatralnaja. Sie war befestigt worden und diente nun als Aufmarschplatz für Sturmangriffe und Attacken auf die Ploschtschad Rewoljuzii. Mit dem religiösen Eifer von Kreuzrittern riefen die Anführer der Revolution ihre Gefolgsleute immer wieder zum Sturm auf diese Station und zur Befreiung des Mausoleums. Doch die Verteidiger begriffen nur zu gut, welche Bedeutung die Station für die Roten hatte, und standen bis zum letzten Mann. Die Ploschtschad Rewoljuzii verwandelte sich in eine uneinnehmbare Festung. Die grausamsten und blutigsten Kämpfe des gesamten Krieges wurden im Umkreis dieser Station ausgefochten, dort fielen die meisten Soldaten. Diese Schlachten brachten Helden hervor, die sich, wie einst der junge Alexander Matrossow, ins offene Feuer der Maschinengewehre warfen oder mit Granaten behängten, um sich mit den feindlichen Feuerstellungen in die Luft zu sprengen. Sogar Flammenwerfer wurden damals, obwohl verboten, gegen Menschen eingesetzt - ohne nennenswerten Erfolg. Hatten die Roten die Station an einem Tag erkämpft, so gelang es ihnen nicht, sich darin festzusetzen - schon am nächsten Tag erlitten sie beim Gegenangriff der Koalition herbe Verluste und zogen sich wieder zurück.
    Exakt das Gleiche, nur mit umgekehrtem Vorzeichen, galt für die Biblioteka imeni Lenina. Diese hatten die Roten besetzt, während die Streitkräfte der Koalition sie wieder und wieder zu vertreiben versuchten. Für die Koalition war die Station von enormer Bedeutung, da sie im Falle der erfolgreichen Erstürmung die Rote Linie in zwei Teile trennen würde. Außerdem gab es von dort Übergänge zu drei weiteren Linien, mit denen sich die Rote Linie sonst nirgends traf. Nur dort. Diese Station war also wie eine Art Lymphknoten: Hatte ihn die rote Pest einmal befallen, so konnte sie sich auf weitere lebenswichtige Organe ausbreiten. Um dies zu verhindern, musste die Koalition sie einnehmen, und zwar um jeden Preis.
    Doch so vergeblich die Roten versuchten, die Ploschtschad Rewoljuzii in ihre Gewalt zu bringen, so fruchtlos blieben die Bemühungen der Koalition um die Bibliotheks-Station.
    Die Menschen aber hatten allmählich genug davon. Schon gab es die ersten Deserteure, und immer häufiger kam es zu Fällen von Verbrüderung, wenn Soldaten auf beiden Seiten der Front die Waffen fortwarfen. Im Unterschied zum Ersten Weltkrieg kam dies den Roten aber nicht zugute. Der revolutionäre Eifer ebbte allmählich ab. Und der Koalition erging es nicht besser: Zermürbt von der ständigen Sorge um das eigene Leben, zogen ganze Familien von den Stationen im Zentrum in die Peripherie. Die Hanse leerte sich und verlor zusehends an Kraft. Der Krieg wirkte sich zudem auf das Geschäft aus, die Kaufleute mieden die Hanse, ehemals wichtige Handelswege lagen still und verlassen da.
    Die Politiker begriffen, dass sie von ihren Soldaten immer weniger unterstützt wurden und schnell einen Weg zur Beendigung des Krieges finden mussten, bevor sich die Waffen gegen sie richteten. Und so trafen sich unter strengster Geheimhaltung und, wie in solchen Fällen üblich, an einer neutralen Station die Führer der verfeindeten Seiten: Genosse Moskwin von sowjetischer Seite sowie der Präsident der Hanse Loginow und das Oberhaupt
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