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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit
Autoren: Thomas A. Barron
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Ranke ruckte heftig und schüttelte mich ab. Ich flog durch die Luft direkt in dieselben Farne, in denen ich gelandet
     war, als Rhia ankam. Mit einem Plumps fiel ich auf den Boden, rollte durch die Farne und schlug wieder gegen den Stein.
    Ich schaffte es gerade noch, den Kopf zu heben, und auch das nur einen Moment lang. Dann fiel ich zurück in die Stängel. Der
     ganze Körper tat mir weh, besonders die empfindliche Stelle zwischen den Schulterblättern. Mit äußerster Anstrengung versuchte
     ich aufzustehen, aber ich bekam einen neuen Schwindelanfall und brach wieder zusammen.
    Hallia und Rhia liefen herbei. Gemeinsam zogen sie mich aus den Farnen und halfen mir mich auf dem weichen Boden des Pfads
     auszustrecken. Ich zog mir eine Hand voll abgerissene Wedel aus dem Mund und konnte nur stottern: »Was . . . ist passiert?«
    Hallia schüttelte lediglich den Kopf. Rhia sagte ausnahmsweise nichts. Selbst der kleine Plagegeist in ihrer Tascheblieb still, vielleicht weil er wusste, dass er in meiner Reichweite war.
    »Ich fürchte, zum Fliegen«, sagte ich erschöpft, »gehört mehr als Mut.«
    Abrupt zuckte die Hemlockstanne. Von hoch oben in den Zweigen fiel ein einzelner Tannenzapfen herunter, direkt auf meine Stirn.
    Ich stöhnte, Rhia aber nickte. »Stimmt. Viel mehr.«

II
SCHÄTZE
    A ls ich schließlich wieder aufstehen konnte, taumelte ich zu einem nahen Bach und tauchte den ganzen Kopf hinein. Das eiskalte
     Wasser klatschte mir ins Gesicht und kühlte mir die Zunge und bald fühlte ich mich neu belebt. Trotzdem dauerte es noch mehrere
     Minuten, bis ich gehen konnte ohne über Wurzeln und Zweige zu stolpern. Und einige weitere, bevor ich meinen Lederbeutel fand,
     der mir bei dem Versuch, die Ranken zu reiten, weggerissen worden war.
    Rhia war es, die ihn entdeckte. Hoch über unseren Köpfen baumelte er in den Zweigen der Hemlockstanne. Sie stieß einen durchdringenden
     quietschenden Laut aus und der Baum regte sich. Der Beutel riss sich los, blieb jedoch an einem tieferen Ast hängen. Diesmal
     kippte er aber und entleerte seinen Inhalt auf den Waldboden. Herunter fiel mein Vorrat an Heilkräutern – vor allem Weidenwurzel,
     Rosmarin, Beinwell und der weiß geränderte Pilz, der Widertat genannt wird – sowie drei wertvollere Gegenstände: ein Samen,
     eine Saite und eine Feder.
    Der Samen, nicht größer als ein abgerundeter Kiesel, schlug zuerst auf, prallte vom elastischen Boden ab und rollte bis knapp
     vor meine Füße. Ich hob ihn auf und legte die kleine Kugel in meine Handfläche. Wie viele Male zuvor spürte ich sein magisches
     Pulsieren, fast wie von einem schlagenden Herzen. Und ich erinnerte mich an die Worte, mit denen er in meine Fürsorge gegeben
     worden war:
Wenn
es dir gelingt, genau die richtige Stelle zu finden, wo du ihn einpflanzt, wird er eines Tages erstaunlichere Früchte tragen,
     als du dir vorstellen kannst.
    Ich runzelte die Stirn.
Genau die richtige Stelle, wo du ihn einpflanzt . . .
Wo könnte das sein? Wie würde ich es wissen?
    Dann sah ich auf einer mit purpurrotem Moos bedeckten Wurzel mein Stück Saite, vom Feuer verkohlt und verdreht. Als ich danach
     griff, begegnete ich Hallias Blick und das Verständnis in ihren rehbraunen Augen munterte mich auf. Denn sie wusste genau
     wie ich, dass diese glanzlose alte Saite alles war, was von einem Musikinstrument übrig geblieben war – dem Psalter, den ich
     selbst unter dem legendären Baum, der klingenden Eberesche, gebaut hatte. Und Hallia wusste auch genau wie ich, dass sie eine
     überraschende Macht besaß.
    Während ich die Saite aufhob, schaute ich mich nach meinem dritten kleinen Schatz um. Weil ich auf dem Boden nichts fand,
     sah ich hinauf, den Lichtstrahlen nach in die wirren Äste der Hemlockstanne. Da war sie! Meine Feder lag leicht auf einem
     Zweig direkt unter meinem Beutel. Silbern und braun gestreift erinnerte sie mich an ihren ursprünglichen Besitzer: den munteren
     Falken Verdruss, der sein Leben gegeben hatte, um meines zu retten.
    Ein sanfter Windhauch wehte sie weg. Anmutig schwebte sie im Spiel mit den Luftströmungen herunter, sich drehend und wendend,
     wie Verdruss es einst so gern getan hatte. Schließlich streifte die Feder zart meine Schulter, bevor sie mir in die offene
     Hand fiel.
    »Hübscher Fangefang, ungeschickter Mann«, schnarrte Scullyrumpus und hob den Kopf aus seinem Versteck an Rhias Ärmel. »Zu
     schade, dass dein Sackesack noch dort oben ist! Vielleicht versuchst du
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