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Merlin und die Fluegel der Freiheit

Merlin und die Fluegel der Freiheit

Titel: Merlin und die Fluegel der Freiheit
Autoren: Thomas A. Barron
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oder zwei
     Arm voll größere und mindestens einer etwa so dick wie sein Bein. Trockenes Anzündmaterial war schwieriger zu finden, besonders
     um diese Jahreszeit, deshalb hatte er immer etwas bei sich. Sonst müsste er einen Stoffstreifen von seiner Tunika benutzen.
     Und seine Tunika zu verbrennen bedeutete seine Decke zu verbrennen.
    Hinter den Büschen erspähte er den größten Ast, den er brauchte, ein kräftiger Wind hatte ihn von einem Weißdornbaum gerissen.
     Er lief hinüber. Aber der Ast wog mehr, als er gedacht hatte – zu schwer zum Tragen, selbst zum Ziehen. Dennoch versuchte
     er es, zerrte daran mit aller Kraft. Doch er brachte den Ast nicht von der Stelle.
    »Na schön«, murmelte er vor sich hin, »ich hau dich kaputt! Es reicht auf jeden Fall für ein gutes Feuer.«
    Er stemmte den Fuß gegen eine zersplitterte Stelle und griff nach dem oberen Ende. Dann zog er, so fest er konnte. Der Ast
     wackelte, knarrte ein wenig, brach aber nicht. Wieder versuchte es Lleu, wieder ohne Erfolg.
    »Brich einfach, los!«
    Als der Junge wieder zugriff, zischte plötzlich ein Schwert durch die Luft. Die Klinge durchtrennte den Ast, als wäre er nichts
     als ein Zweig. Ein Teil, gerade groß genug zum Tragen, fiel auf den schlammigen Boden.
    Dankbar und überrascht zugleich fuhr der Junge herum. Aber der Dank blieb ihm in der Kehle stecken. Vor ihm stand der schrecklichste
     Krieger, den er je gesehen hatte – ein ungeheuer großer und kräftiger Mann mit einem gehörnten Schädel als Maske. Hinter der
     Maske glänzten wachsame Augen. Und schlimmer, der Krieger trug zwei wuchtige Schwerter, jedes um einen Arm geschnallt.
    Seltsam
, dachte der Junge.
Diese Schwerter
. . . Er sog hörbar die Luft ein. Sie waren, erkannte er plötzlich, nicht an die Arme des Mannes geschnallt. Sie
waren
vielmehr seine Arme, irgendwie an den mächtigen Schultern des Kriegers befestigt.
    Der maskierte Mann schaute auf ihn herunter. Mit tiefer, aber hohl klingender Stimme, die wie ein Echo von weither zu kommen
     schien, befahl er: »Sag mir deinen Namen, Junge.«
    »Äh, ich heiße . . . Lleu, Herr.« Er versuchte zu schlucken, aber aus seiner Kehle drang nur ein Wimmern. »So werde ich jedenfalls
     meistens genannt.«
    »Hast du kein Zuhause?«
    »N-nein, Herr.«
    »Hast du keine Eltern?«
    »N-nein, Herr.«
    Der Krieger lachte freudlos, während er einen seiner schwertgleichen Arme hob. »Dann, du Welpe, sollst du mein erstes Opfer
     sein.«

TEIL EINS
    I
FÄDEN
    D as war kein üblicher Bummel über einen Waldpfad. Nein, das war etwas ganz Anderes: eher ein Flug.
    Schimmernde Lichtfäden webten sich durch das Geflecht der Äste und ließen den Waldboden funkeln. Die federnde Erde, vom Laub
     der Jahrhunderte durchsetzt, schien mich bei jedem Schritt höher zu heben. Mir war, als könnte ich in die Bäume springen oder
     wie die goldenen Schmetterlinge zwischen ihren Ästen segeln. Ich war diesen Waldpfad schon viele Male zuvor gegangen. Aber
     nie war er mir gleichzeitig so hell und so dunkel, so voller Klarheit und voller Geheimnis erschienen.
    Hallia ging Hand in Hand mit mir im gleichen beschwingten Rhythmus – und dazu mit der Anmut eines Hirschs. Sie genoss bei
     jeder Zehenbiegung, bei jedem Armschwung die einfache Lust an der Bewegung. Eigentlich
war
sie Bewegung, so fließend wie das fallende Blatt, das von den höchsten Zweigen herunterwirbelte, so sanft wie die Waldbrise,
     die ihr kastanienbraunes Haar streichelte.
    Ich lächelte beim Gedanken an die vielen ähnlichen Spaziergänge, die wir in den vergangenen Monaten gemacht hatten. Als sie
     mich eingeladen hatte bei ihrem Volk zu leben und ihre Sitten und Gebräuche kennen zu lernen, hatten einige der Clanältesten
     Einwendungen gemacht. Lange Beratungen und heftige Debatten folgten. Ich war schließlichkein Angehöriger der Mellwyn-bri-Meath. Schlimmer noch, ich war ein Mensch. Wie konnten sie mir einige ihrer kostbarsten Geheimnisse
     anvertrauen, wenn meinesgleichen die Ihren so oft aus keinem anderen Grund gejagt und getötet hatte als aus Hunger nach einem
     Stück Wildbret?
    Hallia hatte sich schließlich durchgesetzt. Was sie davon erzählen konnte, wie ich ihr das Leben gerettet hatte, beeinflusste
     die Ältesten nicht, noch nicht einmal die Aufzählung der Dinge, die ich für Fincayra erreicht hatte. Nein, es war etwas viel
     Einfacheres und Stärkeres: Hallias Liebe zu mir. Das brachte selbst die skeptischsten Angehörigen ihres Clans zum Nachgeben.
    
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