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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen
Autoren: Amber Kizer
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Wächter.«
    Ich nickte, als ob ich verstanden hätte. »Haben du und Tens …?«
    »Was?«
    Ich errötete, aber ich musste es wissen. »Äh … du weißt schon …«
    »Nein, noch nicht.« Sie schüttelte den Kopf und biss sich auf die Lippe.
    »Warum nicht?«
    »Wahrscheinlich …« Sie zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Wir kennen uns noch nicht lange genug. Wir haben es ja nicht eilig. Er überschlägt sich fast, um mich nicht unter Druck zu setzen.«
    »Warum? Es ist doch normal, wenn man sich liebt.«
    »Mag sein. Aber es muss passen.« Sie zerpflückte ein Stück Toilettenpapier. »Und hast du …«
    Ich schluckte. »Ja, ein Mal.«
    »Mit Kirian?«
    »Hmmm.« Er sollte am nächsten Tag fortgehen. An seinem sechzehnten Geburtstag. Seine wenigen Habseligkeiten waren gepackt. In jener Nacht schlichen wir uns ins unbewohnte Eisenbahnzimmer, betasteten einander und zogen uns in der Dunkelheit aus. Wir knutschten nicht zum ersten Mal. Ich wollte, dass er blieb. Ich wollte mit ihm gehen. Und ich wollte ihm einen Grund geben, mich nicht zu verlassen. »Im DG kam es ziemlich häufig vor, dass sich Pärchen bildeten. Es war das einzig Schöne dort. Ich habe ihn geliebt.«
    »Schon kapiert. Wie alt warst du?«
    »Dreizehn.« Es klang so jung, zu jung, wenn man es laut aussprach. Kirian war im Gegensatz zu mir nicht unerfahren gewesen. Ich hatte ihm meine Jungfräulichkeit geschenkt. »Damals fühlte es sich richtig an.«
    »Und jetzt?«
    »Er ist trotzdem ohne mich fortgegangen.«
    »Hat das weh getan?«
    Ich nickte.
    Tens klopfte an die Tür. »Meine Damen? Wir haben einen Plan, den wir gern mit euch besprechen würden, wenn ihr so weit seid.«
    Ich erhob mich auf wackeligen Beinen.
    »Schaffst du das?«, fragte Meridian. »Wir können auch ohne dich hinfahren.«
    »Kirian wollte, dass ich allein komme.«
    »Nun, du bist nicht allein, und du gehst auch nicht allein dorthin. Wir sind ein Team. Wir befreien die Kinder, und danach kannst du möglicherweise mit Kirian reden. Vielleicht liebt er dich ja wirklich und arbeitet nicht mit den Aternocti zusammen.«
    Ich nickte. Oder er hatte mich auch nur benutzt.

[home]
    Kapitel 44
    D ie Sorge um Juliets körperliche und geistige Gesundheit war übermächtig. Ich schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass Nicole wirklich ihr Schutzengel war und ihr zur Hilfe eilen würde. Denn ich glaubte nicht, dass Juliet einen weiteren Verlust verkraften würde. Sie war der stärkste Mensch, dem ich je begegnet war. Man musste übermenschliche Kräfte haben, um in diesem Alptraum zu leben und dennoch kleinen Kindern Geborgenheit und Liebe zu schenken, anstatt zu verhärten und zu verbittern.
    Tens drückte mich fest an sich. Wir sprachen nicht, weil es nichts zu sagen gab. Außerdem wusste ich, dass Tens keine Worte brauchte.
    Rumi spielte an seiner Stereoanlage herum.
    »Was macht er da?«, flüsterte ich Tens zu.
    »Er sagt, er will Juliet ihre Hymne vorspielen.«
    Juliet sank aufs Sofa und drückte Minerva an ihre Brust.
    Tony erschien mit einem Teller voller Essen vom Imbiss und drängte sie, etwas zu sich zu nehmen. Ich beobachtete, wie sie ein paar Bissen in den Mund steckte. Er war fürsorglich wie der Vater, als der er sich auch betrachtete.
    Rumi drückte auf PLAY . »Deine Mutter hat dir genau den richtigen Namen gegeben. Hör schön zu«, wandte er sich an Juliet.
    Als die B- 52’s ihren Namen riefen, schlug Juliet die Hände vors Gesicht. Rhythmus und Text brandeten über uns hinweg. Ich hatte zwar keine Erklärung dafür, aber das Lied wärmte unsere Seelen. Es war, als wäre die Sonne aufgegangen und erfüllte uns mit Hoffnung. Fast konnte ich meine Tante und Roshana sehen, die in einer Zimmerecke strahlend und lachend in die Hände klatschten.
    Der letzte Ton des Liedes verklang. Juliet hob den Kopf. »Spielst du es noch mal?«
    Rumi drückte auf REPEAT und drehte die Lautstärke so auf, dass die Fenster klapperten und die Glaswaren im Nebenzimmer erbebten. Dann nahm er mich in die Arme und wirbelte mich durch den Raum. Tens klopfte mit den Zehen auf den Boden und wippte im Takt mit dem Kopf, während Tony leidenschaftlich wie ein Rockstar ein unsichtbares Schlagzeug bearbeitete.
    Custos wedelte mit dem Schwanz, und Minerva schlug im Rhythmus mit der Pfote. Juliet hob die Katze hoch und wiegte sich mit ihr. Es war das erste Mal, dass ich Juliet entspannt und sogar lächelnd erlebte.
    Beim dritten Durchlauf klatschte Tens mich ab und schloss mich in die Arme. Wer
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