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Merani und die Schlange unter dem Meer

Merani und die Schlange unter dem Meer

Titel: Merani und die Schlange unter dem Meer
Autoren: Carl Hanser Verlag
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anerkennend zu, stöhnte dann aber auf.
    »Da entsteht schon der nächste! Diesmal ist er von gelber Magie erfüllt und wahrscheinlich noch stärker als der, den wir eben abgelenkt haben.«
    »Da muss der Tenelin seine Hand im Spiel haben!«, schimpfte Mera und wollte ihren Platz auf dem Thron nun doch wieder einnehmen. Doch als sie sich auf die Lehne des Artefakts stützte, bekam sie mit, wie die tastenden Sinne ihrer Tochter nach jenem Ort griffen, an dem die zerstörerischen Unwetter ihren Ursprung nahmen, und dort die Magieströme in kurzem Wechsel anzogen und wieder von sich wegstießen.
    Auf diese Weise prüfte das Mädchen, ob der Feuerthron ihre magischen Kräfte noch immer abschwächte oder wieder verstärkte, wie in den Jahren zuvor. Letzteres war der Fall. Er befolgte die Befehle der Prinzessin wie ein gut dressierter Hund und schob den Sturm, der sich zum gewaltigsten Orkan seit Menschengedenkenauswuchs, so weit von allen Inseln entfernt nach Norden, dass er über das offene Meer ziehen konnte, ohne Unheil anzurichten.
    »Gut gemacht!« Mera war nun sicher, dass sie ihrer Tochter die Wache auf dem Thron für die nächsten Stunden überlassen konnte. Die überraschende Fehlfunktion des Artefakts irritierte sie jedoch sehr, und während sie sich von einer der Mägde einen Becher Vla einschenken ließ, blickte sie Girdhan und Merani niedergeschlagen an. »Bisher waren die magischen Stürme unsere größte Sorge. Seit dem Vorfall mit dem grünen Magieeinbruch fürchte ich jedoch, dass der Thron uns irgendwann einmal im Stich lassen wird. Dann können die zerstörerischen Kräfte ungehindert über die Inseln fegen und gewaltige Schäden anrichten.«
    Merani ließ das Geschehen noch einmal vor ihrem inneren Auge Revue passieren, um bei einem neuen Ausbruch gewappnet zu sein. Dabei überkam sie das Gefühl, als habe in den tobenden Unwettern ein magischer Hilfeschrei gesteckt. Als sie dieser Empfindung nachspüren wollte, konnte sie aber nichts mehr feststellen. Verwirrt blickte sie ihre Eltern an. »Ihr beherrscht doch den Feuerthron seit so vielen Jahren. Wieso gehorcht er euch auf einmal nicht mehr?«
    »Wenn ich das wüsste, wären wir alle schlauer«, antwortete Mera mutlos. Immer noch grau vor Erschöpfung stützte sie sich auf ihre gurrländische Leibmagd und verließ mit hängenden Schultern den Thronsaal. Sie sehnte die Zeit zurück, in der sie den Feuerthron nur aus Märchen und Sagen kannte.
     
    3
     
    Zur gleichen Zeit, in der das Magierkaiserpaar von Gurrland verzweifelt kämpfte, um den Feuerthron unter Kontrolle zu halten und den grünen Magiesturm abzuwehren, versammelte Caludis, Hocherzmagier des Schwarzen Landes und einer der drei engsten Gefährten Giringars, seine Gefolgsleute, um mit ihnen ein Fest zu feiern. Über einer Kutte aus schwarzem Tuch trug er einen weiten Umhang, auf dessen linker Seite ein armlanges Schwert aus winzigen blutroten Edelsteinen eingestickt war. Das gleiche Symbol schmückte auch seinen Pokal und den thronartigen Sessel, auf dem er an der Stirnwand des größten Saales seiner Residenz saß und zufrieden in die Runde blickte.
    Etwa einhundert Gäste saßen im Halbkreis um ihn herum, ganz vorne die Erz- und Hochmagier, dahinter die einfachen Magier und ganz außen diejenigen Adepten, die für wert befunden worden waren, an dieser Feierstunde teilzunehmen.
    Sklaven mit schwarzen Halsringen liefen zwischen den Sitzreihen herum, um die Gäste zu bedienen. Eben füllte einer von ihnen Caludis’ Pokal und blieb dann hinter dem Hochsitz stehen, um weitere Befehle seines Herrn entgegenzunehmen.
    Der Hocherzmagier ließ seinen Blick über die Versammelten schweifen und hob seinen Pokal. »Auf Giringar und auf unseren glorreichen Orden vom Heiligen Schwert!«
    »Auf Giringar und auf uns, die Magier vom Heiligen Schwert«, scholl es ihm einstimmig entgegen.
    Einer der Erzmagier stand auf und griff nach einem mit schwarzem Samt umhüllten Päckchen, das mit magischen Schnüren und Siegeln verschlossen war. Mit einer Geste befahl er den Übrigen zu schweigen und wandte sich an den Gastgeber. »Macht und Größe dir, Caludis, dem engsten Gefährten Giringars!«
    Caludis lächelte geschmeichelt. »Dies ist ein besonderer Tag für unsere Gemeinschaft. Zum ersten Mal seit mehr als einem Jahrhundert sind wir wieder so zahlreich versammelt.«
    »Auch für uns ist dies ein besonderer Tag«, antwortete der Erzmagier. »Endlich können wir Euch, erhabener Großmeister, so ehren, wie Ihr
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