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Menschenjagd

Menschenjagd

Titel: Menschenjagd
Autoren: Stephen King
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Bachman-Buch begann, fertig). Sie ähneln sich nicht mehr, als King und Bachman einander ähneln. Desperation handelt von Gott; Regulator handelt vom Fernsehen. Das heißt vermutlich, dass sie beide von höheren Mächten handeln, aber sie sind gleichwohl sehr unterschiedlich.
    Die Bedeutung, Bachman zu sein, lag für mich immer darin, eine gute Stimme und eine einleuchtende Perspektive zu finden, die von meiner ein wenig verschieden war. Nicht wirklich verschieden; ich bin nicht schizophren genug, das zu glauben. Aber ich glaube, dass es bestimmte Tricks gibt, die wir alle benutzen, um unsere Perspektive und unsere Wahrnehmung zu verändern – um uns auf eine neue Weise zu sehen, indem wir andere Sachen anziehen und uns eine neue Frisur verpassen -, und dass solche Tricks sehr nützlich sein können, eine Methode, alte Strategien, wie man sein Leben führt, das Leben wahrnimmt und schöpferisch tätig ist, mit neuem Leben zu erfüllen. Ich mache keine dieser Bemerkungen, um anzudeuten, dass ich in den Bachman-Büchern großartige Dinge vollbracht habe, und sie sollen bestimmt nicht als Argumente für eine besondere künstlerische Leistung dienen. Aber ich liebe das, was ich tue, so sehr, dass ich ungern zu einem routinierten Langweiler werde, wenn ich es verhindern kann. Bachman war für mich eine Methode, mit deren Hilfe ich versucht habe, meine Technik aufzufrischen, und die mich davor bewahrt hat, zu bequem und behäbig zu werden.
    Diese frühen Bücher zeigen, wie ich hoffe, eine gewisse Entwicklung der Bachman-Persona, und ich hoffe, sie zeigen außerdem das Wesen dieser Persona. Richard Bachman, ein düsterer Charakter, verzweifelt sogar, wenn er lacht (eigentlich vor allem dann verzweifelt, wenn er lacht) – er ist kein Bursche, der ich die ganze Zeit sein möchte, selbst wenn er noch am Leben wäre … aber es ist gut, diese Möglichkeit zu haben, dieses Fenster zur Welt, auch wenn es vielleicht polarisiert ist. Trotzdem machen meine Leser, wenn sie seine Bücher lesen, vielleicht die Entdeckung, dass Dick Bachman eine Eigenschaft mit Thad Beaumonts Alter Ego, George Stark, gemeinsam hat: Er ist kein sehr netter Typ.
    Und ich frage mich, ob es irgendwelche anderen guten Manuskripte, die vollendet sind oder kurz vor der Vollendung stehen, in der Kiste gibt, die von der verwitweten Mrs. Bachman im Keller ihres Bauernhauses in New Hampshire gefunden wurde.
    Manchmal frage ich mich das wirklich.
    Stephen King
Lovell, Maine
16. April 1996
     
    [Die Vorworte stammen aus dem Bachman-Buch Regulator, einem Gegenstück zu Kings unter Realnamen veröffentlichtem Desperation, Anm. d. Red. ]

… Minus 100 Countdown läuft …
     
    Mit zusammengekniffenen Augen blinzelte sie in dem weißen Licht, das durchs Fenster fiel, auf das Fieberthermometer. Dahinter im Nieselregen die Hochhäuser von Co-Op City, bedrohlich wie die grauen Wachtürme einer Strafanstalt. Unten, im sogenannten Lichthof, flatterte zerlumpte Wäsche auf der Leine. Ratten und fette streunende Katzen durchwühlten den Abfall.
    Sie blickte zu ihrem Mann hinüber. Er saß am Küchentisch und starrte mit stumpfer, beharrlicher Konzentration auf den Free-Vee-Bildschirm. Seit Wochen schon schaute er sich diese Sendungen an. Das sah ihm gar nicht ähnlich. Er hasste sie, hatte sie immer gehasst. Natürlich war in jeder Sozialwohnung der Siedlung so ein kostenloser Fernseher installiert – das war gesetzlich vorgeschrieben -, aber es war immer noch legal, ihn abzuschalten. Die Gesetzesvorlage zur Einführung des Zwangsfernsehens hatte im Jahr 2021 die erforderliche Zweidrittelmehrheit um sechs Stimmen verfehlt. Normalerweise sahen sie nie fern. Doch seit Cathy krank war, hatte er sich jedes der Riesengewinnspiele angesehen. Das erfüllte sie mit eisiger Furcht.
    Cathys heiseres, nicht endendes Jammern übertönte das neurotische Geschrei des Fernsehsprechers, der während der Halbzeit die neuesten Nachrichten herunterbetete.
    »Wie schlimm ist es?«, fragte Richards.
    »Nicht sehr schlimm.«
    »Verarsch mich nicht.«
    »Sie hat neununddreißig Grad Fieber.«
    Er knallte beide Fäuste auf den Tisch. Ein Plastikteller sprang in die Luft und fiel scheppernd auf die Tischplatte zurück.
    »Wir holen einen Arzt. Jetzt mach dir doch nicht solche Sorgen. Hör mal …« Sie fing aufgeregt zu plappern an, um ihn abzulenken. Er hatte sich abgewandt und starrte wieder auf das Free-Vee. Die Halbzeitpause war vorbei, und das Spiel lief wieder. Es war keine der großen
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