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Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Melodie der Sehnsucht (German Edition)

Titel: Melodie der Sehnsucht (German Edition)
Autoren: Veronica Wings
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jungen Ritter und vertraute ihm grenzenlos.
    »Der junge Herr ist im Weinkeller«, erklärte ihr ein Knecht, während ihr junger Begleiter die Pferde in den Stall brachte. Sabine lächelte, als sie sah, wie breitbeinig der Knabe lief. Dem armen Kerl würde morgen alles weh tun, er sollte sich wirklich mehr im Reiten üben. Nun immerhin war ihm jetzt eine Pause vergönnt, während sie Philippe aufsuchte. Mit einer Handbewegung wehrte sie das Angebot des Bediensteten ab, sie zu begleiten. Sabine kannte sich aus auf dem Gut der Montcours’. Rasch überquerte sie den Hof, betrat ein Wirtschaftsgebäude und lief in die Gewölbe herunter, in denen der Wein der Montcours’ in gewaltigen Eichenfässern lagerte und reifte. Philippe stand mit einem seiner Winzer in einem der langen Gänge und betrachtete prüfend eine Probe jungen Weines. Sabine registrierte sein ernstes, konzentriertes Gesicht, als er den Wein in einen Pokal füllte und seine Farbe im Licht einer Kerze aufschimmern ließ.
    »Ganz klar, Herr, ganz rein. Das wird ein wunderbarer Jahrgang.« Der Winzer war offensichtlich zufrieden und auch Philippe nickte anerkennend. Der junge Graf trug heute einfache Arbeitskleidung – eine schlichtes, braunes Wams über ledernen Beinkleidern. Man hätte ihn kaum von seinem Winzer unterscheiden können, wären da nicht die edlen Gesichtszüge, die starken Muskeln und die hohe Gestalt gewesen, die den kampferprobten Ritter verrieten – und die ständige angespannte Wachsamkeit. Während der Winzer seine ganze Aufmerksamkeit auf den Wein richtete, hatte Philippe selbst Sabines leichten Schritt auf der Treppe vernommen. Er wandte sich zu ihr um und das Aufleuchten seiner Augen verriet Überraschung und Freude.
    »Sabine, wie schön, dich zu sehen.« Philippe machte einen raschen Schritt auf sie zu – und als er sie endlich einmal nicht in der strengen Robe der Vorbeterin, sondern in ihrem tiefblauen, von Fleurette mit Sorgfalt ausgewählten Reitkleid sah, verfiel er spontan in das Du ihrer Kinderzeit. Mit einer selbstverständlich höflichen Geste wollte er ihre Hand zum Kuss ergreifen, hielt sich dann aber im letzten Moment zurück.
    Sabine vermerkte das wohlgefällig. Philippe hielt sich an die Regeln – eine Parfaite stand über der Etikette des Höfischen Umgangs. Man berührte sie nicht unbedacht und unwillkürlich – eine Henriette de Montcours hätte höchstens einem Monarchen oder einem der höchsten Würdenträger ihres Glaubens die Hand zum Kuss gereicht. Auch Sabine deutete jetzt nur ein huldvolles Lächeln an und verneigte sich leicht vor dem jungen Ritter, der sie mit einer tiefen Verbeugung grüßte.
    »Guten Morgen, Philippe. Ist das schon der junge Wein? Natürlich, ich vergaß, wir haben längst Mai, bald Juni. Ich lebe zu sehr in der Vergangenheit, wie es mir scheint.«
    Sabine hatte nur kurz zur Begrüßung zu Philippe aufgesehen. Nun richtete sie ihre Blicke auf den leicht perlenden Wein in dem edlen Pokal. Das war unverfänglich – niemals hätte eine Parfaite einen Mann angestarrt.
    »Du warst in Trauer, Sabine, so wie wir alle. Aber umso mehr freue ich mich darüber, dass du endlich wieder aus dem Haus gehst. Das Leben muss weitergehen.«
    Philippe fühlte sich etwas hilflos, wie immer, wenn er das Wort an Sabine richtete. Er hatte dabei stets das Gefühl, er gäbe nur Unsinn von sich, alltägliche Gespräche seien viel zu profan für das Mädchen, dessen Unterhaltungen mit seiner Tante Henriette sich doch in sehr viel höheren Sphären bewegt hatten. Sabine gegenüber fühlte Philippe sich grob und unbeholfen – und dabei hätte er ihr doch so gern gezeigt, zu welch tiefen Gefühlen und wie zärtlichen Gesten er fähig war. Sabines Schönheit und Reinheit rührten an seine Seele, aber sie weckten auch andere, bislang streng verbotene Gedanken und Hoffnungen in ihm. Voller Bewunderung und Sehnsucht registrierte er die zarte Gestalt in ihrem Reitkleid – tiefdunkler Taft in der Farbe ihrer Augen –, ihren züchtig abgewandten Blick, den er doch nur zu gern ganz auf sich gelenkt hätte ..., ihr glänzendes, jetzt zum Reiten aufgestecktes Haar, ihre sanft geschwungene Nackenlinie. Er stellte sich vor, wie er sie mit seinem Finger entlang fuhr, die kurzen, jetzt etwas schweißfeuchten Löckchen am Haaransatz glättete und die schneeweiße Haut zärtlich küsste.
    Aber dann rief er sich zur Ordnung. Sabine würde ihm nie nah genug kommen, um auch nur die zarten, dunklen Härchen in der
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