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Melli - einmal blinzeln und von vorn

Melli - einmal blinzeln und von vorn

Titel: Melli - einmal blinzeln und von vorn
Autoren: Stefanie Doerr
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über seinen Teller gebeugt und schaufelte konzentriert die Gulaschsuppe in sich hinein, als wäre es das letzte Abendmahl. Aus Erfahrung vermied er es, sich in die Streitereien seiner Frauen einzumischen. Noch nie hatte er auch nur einen Schlagabtausch gewonnen und – egal auf welche Seite er sich stellte – er handelte sich immer nur Ärger ein.
    Â»Ich bin zum Beispiel sehr glücklich.« Kira gab nicht auf und stieß Christof so stark an, dass er beinahe seinen Suppenteller umgekippt hätte.
    Â»Kira, bitte«, meinte er gutmütig und griff nach der Suppenkelle. »Ihr habt diese Diskussion schon tausendmal geführt. Jeder so, wie er möchte. Es gibt nun mal kein Patentrezept. Wir sind glücklich, aber ganz sicher ist es besser für dich und alle Männer dieser Welt, dass du solo lebst, liebe Doro. Ohne Zweifel ist Adrian der richtige Mann für Pam. Außerdem war sie lange genug allein, sie hat ein bisschen Glück verdient.«
    Â»Sie ist nicht allein, sie hat mich«, wehrte sich Melli. War sie vielleicht niemand? Außerdem hasste sie es, wenn die Erwachsenen über ihren Kopf hinweg redeten. Als ob sie das Glück ihrer Mutter nichts anginge. Gut zu wissen, dass wenigstens Oma Doro dieser ganze romantische Liebesquatsch genauso auf die Nerven ging wie ihr. Am liebsten würde sie die Zeit zurückdrehen und Adrian und alles, was mit ihm zusammenhing, verpuffen lassen wie das Bündel Schießbaumwolle aus dem Chemiebaukasten, mit dem Jacob letztens angegeben hatte.
    Â»Natürlich, Melli, aber das ist etwas anderes, das weißt du doch«, ergriff Kira wieder das Wort. »Du wirst auch mal deiner Wege gehen … Es ist höchste Zeit, dass Pam an sich und ihre Zukunft denkt. Deshalb hat sie auch noch einmal angefangen zu studieren, damit sie nicht ewig bei Frau Samburski im Reisebüro arbeiten muss. Oder bei Oma in der Buchhandlung. Sie hat ihre eigenen Pläne.« Kira blinzelte zu Oma Doro hinüber, die mit einem scharfen Schnauben antwortete und ihre Suppe mit dem Löffel traktierte, während Melli die Augenbrauen zusammenzog und finster vor sich hin starrte. Wie sie diesen Erwachsenenschwachsinn hasste. Von wegen eigene Wege gehen. Pah, als ob sie ihre Mam jemals im Stich lassen würde. Sie beide waren sich selbst genug und würden das auch in Zukunft sein. Basta.
    Â»Schau mal, Melli«, mischte sich Pia ein, »Pam hat echt glücklich ausgesehen. Sie liebt Adrian wirklich, es ist so süß, wie sie ihn anschaut, und wenn man bedenkt, wie sie sich kennengelernt haben, ausgerechnet an der Universität – Melli, das ist Schicksal!«
    Â»Wir waren auch ohne Adrian glücklich«, jetzt platzte Melli endgültig der Kragen. »Ich wette, dass es nie klappt mit Mama und Adrian! Sie merkt bestimmt bald, dass sie ohne ihn besser dran war. Und diesen Jason, den findet sie bestimmt auch total kacke. Wenn ich könnte, dann würde ich diese ganze Hochzeitsmistigkeit rückgängig machen, ehrlich!«
    Betroffenes Schweigen folgte auf ihren Ausbruch. Melli wusste, dass sie ungerecht war, doch sie hatte sich so lange beherrscht und diesen Tag mit einem elenden Dauerlächeln überstanden, dass sie es einfach nicht mehr aushielt.
    Â»Wirklich, Melli, sag so etwas nicht. Es wird bestimmt alles viel besser, als du denkst. Gib Adrian wenigstens eine Chance.« Kira gab nicht auf. »Ihr habt bestimmt bald ein größeres Haus, müsst nicht mehr im umgebauten Schuppen wohnen, seid eine richtige Familie und du wirst sehen: Adrian ist garantiert ein toller Vater. Was Jason betrifft: Also ich habe mir immer einen großen Bruder gewünscht.«
    Schon wieder schnaubte Oma Doro und knurrte etwas, das klang wie: »Das hätte mir gerade noch gefehlt!«, während Melli so wütend auf ihren Gulaschlöffel pustete, dass Lora eine kräftige Ladung orangeroter Spritzer abbekam.
    Â»Hey, du Schweinebacke«, schimpfte sie und betrachtete ihr Kleid zuerst schockiert, dann zufrieden. »Die Flecken gehen bestimmt nie wieder raus«, sagte sie, ohne mit der Wimper zu zucken, und bürstete noch ein wenig mit der Serviette daran herum, damit die orange Farbe sich schön verteilte. »Tja, Mama, das Kleid ist leider hinüber!«
    Melli musste wider Willen über Lora kichern, während Kira empört nach Luft schnappte. »Das bekommen wir wieder hin. Esst erst mal auf, bevor es kalt
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